Alternative Payment-Möglichkeiten: Was ist eigentlich E-Geld?
Selten sind sich Finanz-Experten so einig wie bei E-Geld. Elektronisches Geld und damit verknüpfte Dienstleistungen wie E-Geld-Konten sind stark im Kommen. Doch was ist E-Geld genau? Wir bringen Licht ins Dunkel.
Was ist E-Geld? Wer es ganz genau wissen will, wirft einen Blick in die EU-Richtlinie 2009/110/EG, doch Vorsicht, hier lauert Amtsdeutsch vom Feinsten. In Artikel 1 Nummer 2 steht, dass „E-Geld“ jeden elektronisch — darunter auch magnetisch — gespeicherten monetären Wert in Form einer Forderung gegenüber dem Emittenten, der gegen Zahlung eines Geldbetrags ausgestellt wird, um damit Zahlungsvorgänge im Sinne des Artikels 4 Nummer 5 der Richtlinie 2007/64/EG durchzuführen, und der auch von anderen natürlichen oder juristischen Personen als dem E-Geld-Emittenten angenommen wird“ darstellt.
Alle Fragen beantwortet? Nein, wirklich verstehen kann man das nur schwer. Doch sogar die EU bemüht sich um verständlichere Formulierungen und spricht bei E-Geld auch einfach von „digitalem Bargeld, das auf einem elektronischen Gerät oder räumlich entfernt auf einem Server gespeichert ist“. Dieser Teil der Definition lässt sich schon einfacher verstehen. Das klassische Beispiel für E-Geld ist eine aufladbare Chipkarte, etwa die schon vor 20 Jahren in Deutschland eingeführte GeldKarte und ihr kontaktloser Nachfolger girogo.
Man lädt die Chipkarten an Geldautomaten mit einem bestimmten Wert, der zum Beispiel vom Girokonto abgebucht wird, und kann dann vor allem Kleinbeträge wie zum Beispiel Fahrkarten mit dem Chip bezahlen. Die in der Definition erwähnte Forderung gegen Zahlung eines Geldbetrags entsteht mit der Aufladung durch Abbuchung vom Girokonto. Ein GeldKarten-Chip lässt sich aber auch an Terminals mit Bargeld laden. Der Emittent ist in diesem Beispiel die Bank des Kunden, bezahlt werden kann aber bei allen Akzeptanzstellen der GeldKarte.
E-Geld = Nicht nur Chipkarten
Wichtig für das Verständnis: Beim E-Geld wird ein Wert ausgegeben, der elektronisch gespeichert wird. Man sollte sich dabei aber nicht zu sehr an die Geldkarten klammern, auf denen der aktuelle Wert direkt auf dem Chip abgespeichert wird, sie sind nur eines von vielen möglichen physikalischen Speichermedien neben den Servern der Emittenten selbst. Weitere Speichermöglichkeiten sind zum Beispiel Smartphones, externe Festplatten, USB-Sticks oder auch Fitness-Armbänder, Ringe mit eingebauten Computer-Chips und so weiter. Die Ausgabe von E-Geld erfolgt durch E-Geld-Institute, die – wie bei Finanzprodukten und -dienstleistungen üblich – bestimmte Sorgfaltspflichten einhalten müssen. So müssen etwa neue Kunden einer Legitimationsprüfung unterzogen werden.
E-Geld ersetzt Bankkonten
Durch die Guthabenspeicherung auf Servern – was für die Kunden inzwischen mit Sicherheit und Komfort gleichsteht – gelang dem E-Geld über die letzten zehn Jahre der Durchbruch zur massenhaften Verbreitung. PayPal- und Amazon-E-Geld-Konten übernehmen inzwischen eine führende Rolle bei der Abwicklung des E-Commerce in Europa. Neue Zugangsmöglichkeiten wie Smartphone-Apps, sichere Webzugänge und angebundene Prepaid- oder Debit-Karten ermöglichen den E-Geld-Nutzern die Teilnahme am physikalischen Handel. Zusammen mit diesen ausgeklügelten Möglichkeiten für E-Geld-Konten bilden Fintech-Startup-Unternehmen eine schnell und flexibel agierende Bedrohung für konventionelle Banken, die sich oft mit alten Computersystemen, Filialen und einem sehr breiten Produktspektrum abmühen müssen.
Abgrenzung zu Gutscheinkarten und Smartphone-Prepaid-Angeboten
Neben der Speicherung ist das zweite Merkmal von E-Geld, dass der Wert gegen Zahlung eines „echten“ Geldbetrags ausgestellt wird. Dabei ist es egal, ob die Zahlung in bar abgewickelt wird oder nicht. Außerdem muss E-Geld bei mindestens einer anderen Stelle als dem Emittenten zur Zahlung akzeptiert werden. Die beliebten Gutscheinkarten, beispielsweise für Starbucks, H&M, iTunes oder Zalando, erfüllen die E-Geld-Definition daher nicht.
Ihr Wert ist zwar elektronisch gespeichert und sie werden gegen Zahlung eines Geldbetrags ausgegeben, ihre Akzeptanz ist jedoch beschränkt. Zalando-Gutscheine können nur beim Online-Versandhändler eingelöst werden, H&M-Gutscheinkarten nur in den Bekleidungsgeschäften sowie in den Online-Filialen. Das Gleiche gilt meist für Tankkarten, Essensgutscheine oder elektronische Fahrscheine; Ausnahmen bestätigen aber auch hier die Regel, denn es kommt erstens oft auf die genaue Firmenstruktur der Emittenten und Akzeptanzgeber an und zweitens gibt es per Definition ausgenommene Bereiche. So fallen Handy-Prepaid-Angebote nicht unter die E-Geld-Definition, selbst wenn damit neben den Smartphone-Tarifen auch andere Dienstleistungen wie Musik-Abos oder Klingeltöne bezahlt werden können.
(Bildquelle: Statista)
E-Geld-Beispiele
Unter die E-Geld-Definition fallen zum Beispiel die immer beliebter werdenden Prepaid-Kreditkarten. Diese werden vorab mit Guthaben aufgeladen und können dann ganz einfach wie eine normale Kreditkarte eingesetzt werden. Vorteile dabei: Nutzer haben die volle Kostenkontrolle und bei Verlust ist der Schaden mit dem aufgeladenen Betrag gedeckelt. Auch die Paysafecard ist E-Geld, denn sie wird mit einem bestimmten Wert aufgeladen und kann dann bei vielen Online-Händlern zur flexiblen Bezahlung eingesetzt werden.
Auch viele neu entstandene Finance-Apps bedienen sich bei der Zahlungsabwicklung im Hintergrund der E-Geld-Konten. Überweist man zum Beispiel mit der App Cringle Geld per SMS an einen Freund, wird der Betrag per Lastschrift von einem Girokonto abgebucht, sodann erst auf ein E-Geld-Konto des Senders gutgeschrieben und von dort auf ein E-Geld-Konto des Empfängers weitergeleitet. Per Überweisung landet schließlich der Betrag auf dem Girokonto des Empfängers. Was kompliziert klingt, ist über die App kinderleicht umgesetzt und Nutzer überweisen unkompliziert Geld per Textnachricht.
Bitcoin ist kein E-Geld
Oft landen auch Bitcoins fälschlicherweise im E-Geld-Topf. Doch Vorsicht, bei Bitcoins handelt es sich der aktuellen Definition nach nicht um E-Geld, sondern um eine virtuelle Währung (virtual currency). Es gibt dennoch gewisse Ähnlichkeiten und manche Experten sind der Meinung, dass man die E-Geld-Definition ausweiten sollte. Zum Beispiel lassen sich Bitcoins transferieren. Dabei fließt wie bei Barzahlung aber kein Geld von A nach B, sondern eben Bitcoins. Diese existieren nur virtuell und werden durch Verschlüsselung geschützt. Ein Nutzer erzeugt dafür mit einem Bitcoin-Programm (Wallet) ein kryptografisches Schlüsselpaar; Technik-Fans sprechen hier von asymmetrischer Verschlüsselung.
Dabei ist ein Schlüssel öffentlich und für jeden einsehbar, der andere privat und muss, ähnlich wie ein Passwort, unbedingt geheim bleiben. Um jetzt einen Bitcoin an Nutzer B zu transferieren, fügt ihm Nutzer A mit einer Software den öffentlichen Schlüssel von Nutzer B zu. Damit Fälschern nicht Tür und Tor geöffnet werden, gibt es zwei Schutzmechanismen: Vor jeder Transaktion wird die Gültigkeit eines Bitcoins überprüft und zusätzlich wird jede Transaktion in eine öffentliche Liste eingetragen. Nach der E-Geld-Definition muss es einen Emittenten geben, der das E-Geld gegen eine Forderung ausgibt.
Das ist bei Bitcoins aber nicht der Fall. Die virtuelle Währung muss als digitale Abbildung eines Wertes verstanden werden, der nicht von einer Zentralbank oder Behörde geschaffen wird und auch keine Verbindung zu gesetzlichen Zahlungsmitteln hat. Niemand, weder Banken noch andere Finanzdienstleister und auch keine Regierungen oder Firmen kontrollieren Bitcoins. Vielmehr steht hinter der Idee der virtuellen Währung genau das: dass sie ohne zentrale Instanz funktioniert. Alle Transaktionen werden für alle Nutzer nachvollziehbar in der sogenannten Blockchain dokumentiert.
Ein Blick in die E-Geld-Zukunft
E-Geld-Dienstleister, also klassische Fintechs, entwickeln derzeit mit Hochdruck innovative Angebote für bequemes Bezahlen. Die bereits angesprochenen Prepaid-Kreditkarten für Unternehmen sind dabei nur eine Möglichkeit. Kontaktloses Bezahlen, zum Beispiel mittels NFC-Sticker, ist eine weitere. Die Speicherung von Guthaben auf Servern wird von Verbrauchern zunehmend mit Sicherheit und Komfort verbunden – auch in Deutschland. Während hierzulande die Mehrheit dem technologischen Fortschritt in Sachen elektronischem Bezahlen zwar noch mit Skepsis gegenübersteht, besteht indes kein Zweifel mehr, dass wir künftig vornehmlich mit elektronischem Geld zahlen werden. Dafür reicht ein Blick in andere EU-Länder wie Schweden und Großbritannien: dort sind Einkäufe jeglicher Art und Bezahlungen mit elektronischem Geld beispielsweise – auch für Kleinstbeträge – schon lange Alltag.
Autor: Tobias Schreyer (im Bild), ist Mitgründer und Chief Commercial Officer von PPRO. Bereits während seines Studiums gründete er 1995 in München den Internet Service Provider GEDIK, 2006 folgte die Transact Network Ltd. mit Sitz in Gibraltar. Weitere Stationen seiner Karriere waren Wirecard , wo er als Vice President Business Development and Sales tätig war sowie Bay Management Ltd., wo er die Position Director of Payments innehatte. Bei PPRO verantwortet der zertifizierte Anti Money Laundering Specialist Tobias Schreyer vor allem den Issuing-Bereich des Unternehmens und kümmert sich hier um die Vertriebstätigkeit und das Business Development im Prepaid-Kartenumfeld. Die PPRO Group versteht sich als integrierter Payment-Lösungsanbieter für internationale elektronische Bezahlprozesse.
(jm)
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