14.02.2020 – Kategorie: eCommerce
B2B-Plattform: So erschließen Unternehmen neue Vertriebspotentiale
Die Möglichkeiten für regional aufgestellte Unternehmen, neue Kunden zu gewinnen und weitere Märkte zu erschließen, sind begrenzt. Daher wird in Zeiten der Digitalisierung die kostenintensive Eröffnung neuer Niederlassungen oder Filialen zunehmend durch internetbasierte Verkaufsstrategien wie B2B-Marktplätze ersetzt.
Eine B2B-Plattform bringt zum Beispiel Anbieter und Kunden zusammen und bietet beiden Seiten große Vorteile. Wer sich dazu entschließt, die neuen Marktstrukturen zu nutzen, sollte aber einige Punkte beachten. Die Plattformökonomie verspricht märchenhafte Wachstumszahlen. Mit dem eigenen Produkt auf einen Schlag mehrere Tausend potenzielle (Neu-)Kunden deutschland- oder sogar europaweit zu erreichen, ist ein Sprung, den sich offline agierende Firmen jedoch oft noch nicht zutrauen.
Alternativen zu kostspieligen E-Commerce-Investitionen
Vor allem Local-Business-Branchen wie Anbieter von Automotive-Zubehör und Kfz-Teilen sind oft von langjährig gewachsenen Strukturen mit Stammlieferanten aus der Nähe geprägt, die bei Bedarf die nötigen Teile schnell liefern können, denn ein eigenes umfangreiches Lager leisten sich heute die wenigsten Werkstätten. Die gegebene Ortsnähe und ein starkes Vertrauensgefühl zum Zulieferer bestimmen hier also die Beziehung. Ein weiteres starkes Wachstum ist aber mit solchen Verkaufsstrukturen nicht zu erwarten.
Regional sind die Kunden zwar schon erschlossen, Investitionen in eine eigene Internetseite mit professionellem Webshop oder in weitere Niederlassungen können aber sehr kostspielig sein. Also werden sinnvolle und investitionsarme Alternativen zu aufwendigen E-Commerce-Implementierungen und Offline-Expansionen gesucht. Eine Möglichkeit für B2B-orientierte Hersteller und Händler sind Online-B2B-Plattformen, die Anbieter mit Abnehmern vernetzen. Dabei sind Anwendungsfelder nicht allein auf den Automotive-Sektor begrenzt; Plattformökonomien lassen sich vielmehr auf eine breite Varietät an Branchen anwenden.
Über B2B-Plattform wertvolle Kundeninformationen sammeln
„Manche Anbieter haben bei dem Schritt, ihren Vertrieb auf eine Plattform zu stellen, Bedenken wegen der Auswirkungen auf die Geschäftsabläufe. Solche Bedenken sind aber vielfach unbegründet“, erklärt Christian Koeper, COO der Saitow AG, die die B2B-Plattform Tyre24 betreibt. Im Online- und Offline-Geschäft sollte der Kunde im Mittelpunkt stehen. „Es kommt darauf an, den Kunden genau zu kennen und sich in seine Erlebniswelt zu integrieren. Die Arbeit auf und mit B2B-Marktplätzen verbessert dies, indem wertvolle Daten rund um den Kunden gesammelt und so gezielter genutzt werden können”, so Koeper.
Daneben erhalten B2B-Anbieter durch die Nutzung der Plattform Einsichten in die Kaufgewohnheiten ihrer Abnehmer: „Welche Marken kauft er?“, „Wie oft kauft er diese?“, „Wie sieht der klassische Warenkorb aus?“ – datenbasierte Antworten aus diesen vertriebsrelevanten Fragestellungen verschaffen neben der Erleichterung der eigenen Verkaufsplanung auch Vorhersagemodelle zu künftigem Kundenverhalten. Das Wissen um Produktpräferenzen führt zur Möglichkeit, gezielt auf den Kunden zugeschnittene Angebote anzubieten.
B2B-Plattform bietet mehr Transparenz, das beste Produkt finden
Die Marktplatz-Technologie bietet nicht nur Anbietern, sondern auch den Abnehmern viele Vorteile. Eine breite Auswahl an Anbietern und Produkten ermöglicht eine Steigerung der Markttransparenz, denn die verfügbaren Vergleichsfunktionen zu Preisen und Produkteigenschaften durchleuchten nun auch B2B-Märkte. Login-Bereiche machen zudem den Zugriff auf archivierte Rechnungen und Bestellungen möglich. So können Anwender für Wiederkäufe spezieller Produkte zum Beispiel Teilenummern abspeichern, wodurch der Einkaufsvorgang an Effizienz gewinnt.
Allerdings sollten Nutzer der B2B-Plattform Lieferzeiten des eCommerce bedenken, da der Versand der über Plattformen gekauften Teile in der Regel 24 Stunden benötigt – im Gegensatz zu den mehrfach täglich erfolgenden Zustellungsfahrten des Großhandels. Dies erfordert eine professionelle Einkaufsplanung und ein Zusammenfassen von Einzelbestellungen auf Abnehmerseite.
B2B-Plattform in bestehende Warenwirtschaftssysteme integrieren
Um eine möglichst reibungslose Nutzung plattformbasierter Distribution sicherzustellen, gilt es aus Anbieterseite einige Vorkehrungen zu treffen. Für die Auswahl einer B2B-Plattform ist es unter anderem wichtig, die Kompatibilität mit dem eigenen Warenwirtschaftssystem zu klären. Die Online-Plattform muss sich problemlos in bestehende Strukturen integrieren lassen und automatisiert per Schnittstelle die Bestellvorgänge übermitteln.
Die Abwicklung von Bestellvorgängen und der Warenausgangslogistik stellt einen weiteren gewichtigen Punkt dar: „Steht genügend Manpower zur Verfügung, um neue Bestellungen aus der Plattform zu kommissionieren und zu verschicken?“ oder „Kann die Buchhaltung die zusätzlichen Vorgänge abwickeln?“ sind hierbei nur einige Beispiele für betreffende Vorkehrungen.
Christian Koeper empfiehlt für diese Phase das Erstellen von Checklisten und Flussdiagrammen, die sämtliche Abläufe erfassen – letztlich reflektiert sich das Unternehmen also selbst und erhält eine wichtige Bestandsaufnahme seiner Strukturen und Prozesse. „Erfahrungsgemäß teilt sich der Arbeitsaufwand in der Umstellungs- und Einführungsphase in 70 Prozent Vorbereitung und 30 Prozent Ausführung“, so Koeper.
Ein wichtiger Aspekt der Umstellung ist nicht zuletzt das Preismanagement. Ermöglichen Offline-Vertriebsstrategien granulare Preisdifferenzierungen je nach Region und Abnehmer, besteht im Online-Handel vor allem hinsichtlich der Preissetzung Uniformität und somit Transparenz gegenüber anderen Anbietern von Automotive-Produkten. Wettbewerbsfähigkeit und Vergleichbarkeit sollten daher bestimmende Größen in der Preisfindung für das Onlinegeschäft sein.
B2B-Plattform: Marketingmaßnahmen sind nicht erforderlich
Sollten durch solche nötigen Preisanpassungen zunächst Margenrückgänge entstehen, gleichen sich diese an anderer Stelle wieder aus. Denn klassische Marketingmaßnahmen sowie anfallende Ausgaben hierfür entfallen, da der genutzte B2B-Marktplatz ein eigenes Marketing benötigt und sich zudem dank positiver indirekter Netzeffekte die Zahlen der angemeldeten Anbieter sowie Abnehmer gegenseitig positiv beeinflussen.
Durch Bewertungen der Abnehmer erhalten Anbieter Feedback und Einblicke in die Liefer- und Service-Performances der Kunden. „Die Plattform sorgt so selbst für die Kundenbindung. Aufwändige Marketingmaßnahmen wie Rabatte als Lockvogel oder Besuche durch den Außendienst entfallen, wenn das Portal selbst überzeugt. Es muss als Stand Alone Produkt den Kunden an sich binden“, berichtet Koeper.
Mit B2B-Plattform die vorhandene Vertriebsinfrastruktur nutzen
Ausschließlich eine regionale Ausrichtung von Marketing und Vertrieb gehören jetzt auch in B2B-Branchen der Vergangenheit an. Durch die Digitalisierung ist das Erschließen neuer Märkte in B2B-Sektoren erheblich einfacher geworden. Vor allem die B2B-Plattform spielt hier eine wichtige Rolle als kosteneffiziente und vergleichsweise einfache Umsetzung. Schließen sich Anbieter einer Online-Vertriebsplattform an, steht ihnen die Nutzung einer voll entwickelten Vertriebsinfrastruktur offen, ohne eine solche kostenintensiv aufbauen zu müssen.
Plattformen entwickeln daher allmählich zum neuen Standard in der Vertriebsstrategie der Anbieter. Allerdings sollten B2B-Anbieter im Vorfeld des Starts einer neuen B2B-Plattform die wichtigsten Aspekte bei der Vorbereitung beachten und insbesondere die Kompatibilität des eigenen Warenwirtschaftssystem zur Anbindung an die Plattform überprüfen und das Preismanagement den Online-Gegebenheiten anpassen. (sg)
Über die Autorin: Claudia Ballhause ist IT-Journalistin und für Wordfinder tätig.
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