24.02.2022 – Kategorie: Handel

Beschaffung: Krieg in der Ukraine treibt Preise an und beschleunigt Inflation

Beschaffung BMEQuelle: 3dmitry - iStock

Eine aktuelle Mitgliederumfrage des BME ergibt ein dramatisches Stimmungsbild bei der Beschaffung. Danach überdenken viele industrielle Einkäufer ihre derzeitigen Aktivitäten in der Krisenregion.

Die Zuspitzung des Russland-Ukraine-Konflikts wird von deutschen Unternehmen mit großer Sorge verfolgt und als wachsende Gefahr für das eigene Geschäft betrachtet. Viele der Firmen aus dem Beschaffungssektor erkennen die kritische Lage und treffen entsprechende Vorbereitungen, um den Schaden so niedrig wie möglich zu halten. „Eine aktuelle Mitglieder-Umfrage hat uns angesichts der zu erwartenden negativen Auswirkungen auf die internationalen Lieferketten und Prozesse bei der Beschaffung ein genaues Stimmungsbild geliefert“, erklärte Gundula Ullah, Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), bei der Präsentation des „BME Pulse Check zum Russland-Ukraine-Konflikt“.

Beschaffung: Konflikt für zur Beschränkung von Handelswegen

Der noch vor Ausbruch des Krieges durchgeführten Umfrage zufolge schätzen fast die Hälfte der Befragten die gegenwärtige Situation als hochbrisant ein. Das gilt insbesondere bei einer militärischen Auseinandersetzung zwischen beiden Konfliktparteien. Im Falle westlicher Sanktionen sehen jeweils rund 30 Prozent in der Beschränkung von Handelswegen und dem Stopp der Ostsee-Pipeline „Nord Stream 2“ direkte Auswirkungen auf ihren Geschäftsbetrieb.

„Finanzmarktbeschränkungen werden von unseren Befragten zwar aktuell als weniger gefährlich angesehen. Jedoch könnten diese Sanktionen gravierende Auswirkungen auf alle Handelsströme haben und sollten deshalb nicht unterschätzt werden“, warnte BME-Hauptgeschäftsführerin Dr. Helena Melnikov. Laut der Umfrage erwarten mehr als 90 Prozent der Unternehmen erwarten deutlich höhere Einkaufspreise, die den Inflationsdruck weiter erhöhen. Dabei dürften vor allem die Energie-und Rohstoffkosten kräftig anziehen. Es ist darüber hinaus auch mit einer Verteuerung der Endprodukte zu rechnen.

Unternehmen leiten Strategiewechsel ein

Einige der Befragten erwägen einen Strategiewechsel in ihren Unternehmen. So wollen 64 Prozent auf alternative Beschaffungs- und Absatzmärkte ausweichen. Knapp 13 Prozent spielen mit dem Gedanken, ihre ausländischen Direktinvestitionen in Russland und der Ukraine zu reduzieren. 23 Prozent überprüfen die Sicherheit ihrer Logistikwege, Beschaffungsquellen und Geldflüsse. Der BME wollte bei der Umfrage auch wissen, ob die Einkäufer die in Russland und in der Ukraine beschafften Waren und Rohstoffe zeitnah durch Lieferungen aus anderen Regionen ersetzen könnten. Hier ergab die Umfrage, dass nur eine Minderheit der Unternehmen (15 Prozent) nicht in der Lage wäre, diese Güter woanders einzukaufen.

Suche nach alternativen Möglichkeiten der Beschaffung

Zur Risikominimierung haben die Befragten bereits konkrete Maßnahmen getroffen beziehungsweise planen diese. So wurde die Suche nach alternativen Möglichkeiten der Beschaffung (Double Sourcing) intensiviert. Gleichzeitig erhöhen viele Firmen (39 Prozent) ihre Lagerbestände – soweit das bei der ohnehin angespannten Beschaffungssituation überhaupt möglich ist. Die Substitution von Rohstoffen und Materialien wird ebenfalls verstärkt geprüft, um die Abhängigkeit von Russland und der Ukraine zu verringern. „Genannt wurde auch die Umstellung der Beschaffung weg vom Spot- und hin zum Terminmarkt. Dies kann vor allem das Risiko von Preissteigerungen in einem verträglichen Rahmen halten“, berichtet Ullah.

Ein vollständiges Zerreißen der Lieferketten als Folge der Auseinandersetzungen zwischen Russland und der Ukraine befürchtet ein gutes Fünftel der Befragten. Allerdings erwarten über 75 Prozent der Teilnehmenden, dass auf Ihre Unternehmen Einschränkungen zukommen beziehungsweise der Beschaffungsaufwand steigt. „Das können sowohl der monetäre Aufwand als auch personelle Ressourcen und komplizierter werdende Prozesse sein“, fügte Frau Melnikov hinzu. Der Ausbruch des Krieges wirft auch ein Schlaglicht auf die globalen Entwicklungen: Mehr als 70 Prozent der Teilnehmenden sehen deutliche Risiken in Bezug auf die Handelsrouten der neuen Seidenstraße.

Zur Methodik der Umfrage: Für den Steckbrief „BME Pulse Check zum Russland-Ukraine-Konflikt“ wurden vom 10. bis 18. Februar 2022 116 Einkäufer und Einkäuferinnen aus den Bereichen Automotive, Maschinenbau, Chemie, Pharma und Energie befragt. Der 1954 gegründete Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) ist der Fachverband für Einkäufer, Supply-Chain-Manager und Logistiker in Deutschland. Ihm gehören 9.750 Mitglieder in 38 Regionen aus allen Industriebereichen, Sektoren, aus Dienstleistung und öffentlicher Beschaffung an. Das Volumen der von den Mitgliedern eingekauften Waren und Dienstleistungen beträgt jährlich rund 1,25 Billionen Euro. (sg)

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