05.12.2013 – Kategorie: Management

„Bitte nicht stören!“ Wie gelingt Führung bei leisen Mitarbeitern?

Wie entscheiden Sie als Führungskraft eigentlich, ob ein Mitarbeiter „Potenzial“ hat, also zu mehr, Höherem, Besseren tauge? Nicht selten schreibt man denjenigen Potenzial zu, die auffallen, vorzugsweise positiv. Die, die keine Werbung für sich machen, erscheinen eben nicht auffallenswürdig und fallen  so durchs Raster.. Nur: Introvertierte fallen eben meist grade nicht auf. Sie fallen nicht auf, weil dies Ihrem Naturell widerspricht und weil sie nicht verstehen, wieso das notwendig sein soll oder wie man das macht und sich dabei wohl fühlt. Damit entgehen einem vielleicht aber genau die Professionals, die voller Herzblut und mit Substanz das Unternehmen weiterbringen würden.

Anregung 1: Leise Stärken auf Potenzial betrachten ohne auf deren auffallende Aktivitäten zu warten. Schauen Sie auf Leistung und Können unabhängig von der Art, wie beides verkauft wird. Leise Mitarbeiter wollen nicht stören durch Lärm der Selbstdarstellung…

Wie erkennen Sie introvertierte Menschen?

Leise Menschen erkennt man daran, dass  sie eher erst zuhören, als selbst gleich etwas zu sagen. Sie werden in Meetings nicht früh in eine Diskussion eingreifen und eher erst denken und dann etwas sagen, falls ihr  Beitrag dann noch passt. In Diskussionen werden sie eher nicht durch Dominanz auffallen, aber gelegentlich durch überraschende Leidenschaft. Die introvertierten Mitarbeiter werden sich eher häufiger zurückziehen, um Energie zu tanken, z.B. am Rande von Tagungen. Ihr emotionaler Ausdruck könnte sparsamer sein, z.B. in Diskussionen. Bezüglich der Arbeit selbst gehen sie gerne in die Tiefe, z.B. bei der Arbeit an Konzepten. Introversion ist dabei keine absolute Eigenschaft, sondern Menschen haben eine mehr oder weniger ausgeprägte Vorliebe für introvertiertes Handeln. Danach kann man sie einfach auch fragen, wenn  man selbst keine so klare Einschätzung hat. Die Diskussion ist oft sogar sehr  bereichernd. Speziell introvertierte Menschen reden oft ganz gerne über ihre Präferenz, weil sie wissen, dass häufig eher Extraversion erwartet oder geschätzt wird…  ihre eigene Präferenz für Introversion könnten sie als störend empfinden.

Wie kann man nun in der Führung besonders gut und wirksam mit den leisen Menschen umgehen? Vermeiden Sie die Zuhörfalle

Leise Mitarbeiter sind häufig gute Zuhörer. Wenn Sie als Chef nun eher eine Vorliebe für extravertiertes Handeln haben, dann stehen die Chancen gut, dass die  Redeverteilung in ihrer beider Gesprächen sehr zu Ihren Gunsten ausfällt… Es könnte sein, dass der Leise einfach zu gut ist im Zuhören und Sie diese Stärke unabsichtlich nutzen. Nur kommt der leise Mitarbeiter dann einfach nicht zu Wort und Sie erhalten keinen rechten Eindruck über das, was ihn beschäftigt und über seine Performance. Er möchte Sie eben nicht stören,

Anregung 2: Vermeiden Sie im Mitarbeitergespräch, dass der leise Mitarbeiter Ihnen zu ausführlich seine Zuhörqualitäten beweist. Hören Sie stattdessen zu, nachdem Sie geeignete Fragen gestellt haben.

Leises Timing: Ermöglichen Sie Vorbereitung

Leise Menschen mögen häufig ein anderes Timing als eher laute Menschen. Sie denken erst und reden dann… und dabei kann das Denken auch mal sehr ausführlich sein. Wenn Sie Beiträge zu Arbeitsthemen von leisen Menschen wünschen, dann profitieren diese deutlich, wenn Sie dem Mitarbeiter Vorbereitung ermöglichen. Dies können Sie z.B. realisieren, indem Sie einen Introvertierten nach der ersten hitzigen, lauten Phase einer Diskussion bitten, nach einer (Kaffee-)pause einmal seine Meinung zum Thema kurz darzustellen oder indem Sie dem Leisen von vorneherein den Auftrag geben, einen kleinen Teil einer Tagung inhaltlich vorzubereiten. Verhindern Sie gute Beiträge nicht, indem Sie dem leisen Mitarbeiter seine Rückzugsräume nehmen, sondern bieten Sie ihm Verständnis, wenn er Zeit für sich braucht. Introvertierte wollen nicht durch Darstellung Halbdurchdachtes stören.

Anregung 3: Berücksichtigen Sie das Timing des Introvertierten und räumen Sie ihm Zeit ein.

Sehen Sie die Leidenschaft

Wenn leise Mitarbeiter etwas zu sagen haben, dann werden Sie Ihr Anliegen oder Ihren Inhalt mit Leidenschaft besetzen. Mit leisen Tönen und viel Tiefe und Präzision wird hier vorgegangen und wenn Sie diese Arbeit mit Aufmerksamkeit belegen, dann haben Sie die beste Chance, des Leisen Motivation zu erhalten und sogar zu steigern, Störungen durch oberflächliche oder vorschnelle Kommentare, Bewertungen oder Eingriffe hingegen können schnell schaden.

Anregung 4: Achten und nutzen Sie die stille und starke Leidenschaft des introvertierten Mitarbeiters.

Genießen Sie leisen Humor

Bisweilen haben leise Menschen feinen Humor, der sich eher durch Schmunzeln als durch Schenkelklopfen artikuliert. Durchdachtes und intelligentes Amüsement über Inhalt, Situationen  und auch häufig über den Leisen selbst können den Arbeitsalltag wunderbar anreichern und nachhaltige Freunde auslösen… Introvertierte wollen durch Ihren Humor nicht stören, sondern dezent Denken anregen.

Anregung 5:Achten Sie ggf. auf den leisen Humor Ihres Mitarbeiters. Dieser bringt Anregungen für die Arbeit und einfach Spaß.

Der leise Mitarbeiter braucht seine Ruhe, um seine Leidenschaft und inhaltliche Tiefe in der Arbeit einzubringen. Er braucht Zeit, um zu denken, bevor er spricht.  Das muss man ihm als Führungskraft hin und wieder ermöglichen, vor allem in wichtigen Gesprächen. Seine leisen Stärken, seine inhaltliche Leidenschaft und nicht selten seinen feinen, leisen Humor werden Sie nutzen und genießen können, wenn Sie der Bitte folgen: „Bitte nicht stören!“ und dem leisen Mitarbeiter Ruhe verschaffen. Wenn Sie ihm  echte Wertschätzung für seine leise Art gewähren und nicht andeuten, er müsse sich mal ändern, dann ist erfolgreiche Zusammenarbeit kaum noch zu verhindern.

Buchtipp: Chris Wolf: Überzeugend leise! Wie stille Menschen ihre Stärken wirkungsvoll nutzen

BusinessVillage 2013

ISBN: 978-3-869802-40-4

24,80 Eur [D] / 28,50 Eur [A] / 28,70 CHF UVP


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