18.02.2022 – Kategorie: eCommerce
Chinesische Online-Plattformen: Wie deutsche Händler von China profitieren
Pralinen, Gesichtsmasken, Luxusuhren, Nahrungsergänzungsmittel: Die Produkte, die deutsche und europäische Marken über Online-Plattformen in China verkaufen, sind breit gefächert. Hohe Qualitätsstandards, Innovation im Zusammenspiel mit Tradition sowie agiles Handeln sind dabei die Erfolgsfaktoren.
Chinesische Online-Plattformen: Haben Sie schon während eines Livestreams Produkte online gekauft? Was in Deutschland noch Seltenheitswert hat, ist in China längst etabliert. Zahlreiche deutsche Unternehmen nutzen solche Technologien bereits, um den digital-affinen chinesischen Kunden – auf den Alibaba-Plattformen sind das pro Jahr 700 Millionen – ihre Produkte näher zu bringen.
Der Markt ist riesig
Für alle Produktkategorien gibt es passende Plattformen und Features – vom klassischen Onlineshopping über die direkte Interaktion mit chinesischen Kunden bis hin zu 3D-Rundgängen durch virtuelle Geschäfte. Auf Tmall Global, der Cross-Border-E-Commerce-Plattform der Alibaba Group, nutzen bereits mehr als 26.000 internationale Marken aus 84 Ländern diese Möglichkeiten, darunter DM, Cosnova und Beurer. Breitling verkauft seine Uhren über die B2C-Luxusplattform Tmall Luxury Pavilion. Die virtuellen Stores mitsamt eigener Corporate Identity, Pricing, Marketing und Kundenservice gestaltet und steuert jede Marke selbst.
Produkte aus Deutschland – in China der Renner
Das deutsche Drogerieunternehmen DM-Drogerie-Markt etwa ist seit 2017 mit einem eigenen Flagshipstore auf Tmall Global vertreten. Dort sind bekannte Eigenmarken wie Balea, Alverde, Mivolis, Balea Men and Sundance erhältlich. DM kooperiert mit chinesischen Influencern, sogenannten Key Opinion Leaders (KOLs), die auf Alibabas Livestreaming-Plattform Taobao Produkte erklären, testen und so ihrer Followerschaft näherbringen. „Insbesondere die Segmente Beauty und Pflege sind in China sehr beliebt“, weiß Kerstin Erbe, als DM-Geschäftsführerin verantwortlich für das Ressort Produktmanagement. So verzeichnete Austin Li, auch bekannt als „Lipstick Brother“ und einer der bekanntesten KOLs in China, während des vergangenen 11.11 Global Shopping Festivals 50 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer – während eines einzigen Streams für die Balea Day and Night Cream.
Wichtig ist für internationale Marken, gezielt auf kulturelle Unterschiede und Eigenheiten, wie zum Beispiel besondere Feiertage in China, zu reagieren. Die deutsche Kosmetikmarke Cosnova, die seit April 2019 mit einem eigenen Flagship Store auf Tmall Global präsent ist, nutzt dies besonders geschickt. Cosnova startete mit einem speziell auf die chinesischen Kundenbedürfnisse abgestimmten Sortiment, das seither stetig erweitert und optimiert wird. Mit Livestreams und lokalen Influencern hat Cosnova eine beachtliche Followerschaft aufgebaut. Erst im Oktober 2021 konnte mithilfe eines Livestreamings, ebenfalls mit Austin Li, knapp eine Viertel Million Neukunden-Besuche generiert werden. Cosnova-Gründerin Christina Oster-Daum schätzt neben der Neukunden-Ansprache sowie den etablierten Bezahl- und Logistikprozessen auf den Alibaba-Plattformen „auch die Möglichkeit, dass wir zielgerichtet bereits interessierte Konsumentinnen und Konsumenten ansprechen können, die unsere Marken schon kennen und sehnsüchtig erwarten.“
Chinesische Online-Plattformen verkaufen Gesundheit – mit deutschen Qualitätsprodukten
Generell steht bei deutschen Produkten nach wie vor „German Engineering“ im Fokus, besonders im Gesundheitsbereich. Der Tmall Global Flagship Store des Ulmer Familienunternehmens Beurer, das sich auf Gesundheits- und Wellnessprodukte spezialisiert hat, wurde bereits 2015 eröffnet. Der Weg nach China begann für Beurer mit einer auf den chinesischen Markt abgestimmten Produkt- und Preisstrategie – und dem Global Shopping Festival am 11.11.. Dieses Highlight des chinesischen Shopping-Kalenders bricht jedes Jahr aufs Neue alle Rekorde. 2020 haben deutsche Marken zum 11.11. Waren im Wert von einer Milliarde Euro über die Alibaba-Plattformen nach China verkauft.
Nach dem Bereich „elektrische Haushaltsgeräte“ eröffnete Beurer im Mai 2019 einen zweiten Flagship Store eigens für Medizinprodukte und ist damit heute die erste Marke, die ein komplettes Sortiment an medizinischen Geräten für die Heimdiagnose in China bietet. Topseller ist ein Infrarotthermometer. Auch Beurer arbeitet mit chinesischen Influencern zusammen und hat beispielsweise während eines Livestreams innerhalb weniger Minuten 12.000 dieser Infrarotthermometer verkauft.
Liebe geht durch den Magen
Ganz andere Bedürfnisse bedient die Confiserie Burg Lauenstein. Für das deutsche Unternehmen hat die Pandemie einiges verändert, wie Maximilian Kaub, Geschäftsbereichsleiter Marketing und Vertrieb, berichtet: „Plötzlich gab es keine Anlässe mehr, zu denen Menschen ein Geschenk mitbringen. Sie kauften und verschickten Geschenke nur noch online.“ Während einerseits in der Heimat klassische Absatzmärkte wegbrachen und der Online-Absatz dies nicht komplett ausgleichen konnte, wuchsen die Schokoladen-Exporte über die Online-Plattform Tmall Global nach China. Auch dort zählen hochwertige Süßigkeiten inzwischen zu beliebten Geschenken – und unter den Konsumenten ist Online-Shopping ohnehin bereit sehr viel weiterverbreitet als hierzulande.
Chinesische Online-Plattformen: E-Commerce meets Luxussektor
Die Online-Präsenz von Luxusgütern ist in China von 12 Prozent im Jahr 2019 auf 23 Prozent im Jahr 2020 gestiegen, da sich mehr Konsumenten während der Pandemie den digitalen Plattformen zugewandt haben – das zeigt eine Studie der Unternehmensberatung Bain & Company. Auf der eigens dafür gestalteten B2C-Luxusplattform Tmall Luxury Pavilion (chinesische Online-Plattformen) bieten bereits über 200 internationale Luxus-Marken ihre Produkte den chinesischen Konsumenten an, darunter Gucci, Cartier, Omega sowie Breitling. Antonio Carriero, Chief Digital & Technology Officer der Schweizer Uhrenmanufaktur Breitling, berichtet von seiner Erfahrung auf dem chinesischen Markt und dem Mehrwert interaktiver Formate wie Livestreaming für Luxusprodukte: „Wir stellen seit 1884 mechanische Uhren her. Unsere Uhrmacher widmen sich der Präzision und der Perfektion eines jeden Handgriffs. Livestreaming gibt uns die Möglichkeit, unseren Kunden mehr über unsere Geschichte, unsere Werte und dieses faszinierende Handwerk zu erzählen und ihnen einen ganzheitlichen Zugang zu unseren Produkten zu geben. All dies muss man erklären, um zukünftige Kunden anzusprechen.“
Mit Beurer, Cosnova, DM, Lauenstein und Breitling sind Unternehmen auf chinesischen Online-Plattformen vertreten, die wohl unterschiedlicher nicht sein könnten. Trotzdem fanden und finden sie alle, optimale, technologiegetriebene Wege, um ihre Produkte an die chinesischen Konsumenten zu bringen. Die wichtigsten ToDos, um erfolgreich in China durchzustarten: Anpassung der Produktpalette, Zusammenarbeit mit chinesischen KOLs und direkte Interaktion mit Kunden via Livestreaming.
Der Autor Andreas Kerschner ist seit 2016 als Senior Business Development Manager bei der Alibaba Group tätig. Von München aus ist er für die Geschäftsentwicklung in den verschiedenen Produktkategorien verantwortlich, um europäischen Marken den Einstieg in den wachsenden Konsumentenmarkt in China zu ermöglichen.
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