19.08.2013 – Kategorie: Recht
Das sollten Sie zur Organ- oder Manager-Haftpflichtversicherung in Deutschland wissen
Managerhaftung ist – vor allem in Krisenzeiten – kein Modethema, sondern die raue Wirklichkeit. Sie bildet angesichts hoher Schadens- und Strafsummen eine reale Gefahr für Geschäftsführung, Vorstand und Aufsichtsrat. Auch wenn Manager nicht das unternehmerische Risiko tragen, stehen sie im Verhältnis zur Gesellschaft, zu den Gesellschaftern und unter gewissen Voraussetzungen zu Dritten, für schuldhafte Pflichtverletzungen ein.
Selbst wenn der Abschluss einer D & O-Versicherung (Directors-and Officers-Versicherung; auch: Organ- oder Manager-Haftpflichtversicherung) zu einer Risikoverringerung für Gesellschaft und Manager führen soll, drohen zumindest dann finanziell ruinöse Folgen, wenn die Deckungssummen nicht ausreichen. Zudem kann es schnell zu Interessenkonflikten kommen, wenn Aufsichtsräte und Vorstände im Rahmen eines Haftungsprozesses sich wechselseitig die Verantwortung zuweisen.
Die D & O-Versicherung ist in Deutschland weder geregelt noch gesetzlich typisiert. Hierbei handelt es sich um eine freiwillige Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung, die eine juristische Person (Versicherungsnehmer), üblicherweise, aber nicht notwendig, ein Unternehmen, für ihre Organmitglieder (die versicherten Personen) und je nach Ausgestaltung des Versicherungsvertrages auch für die Organmitglieder von deren Tochtergesellschaften abschließt. Sie hat eine Rechtsschutz- und eine Vermögensschadenhaftpflichtkomponente.
Hinzutreten kann Versicherungsschutz für Organmitglieder der versicherten Unternehmen für deren Haftungsrisiko als Organmitglied eines Drittunternehmens, in dem die versicherte Person auf Veranlassung und im Interesse des Versicherungsnehmers eine Aufgabe als Geschäftsführer, Vorstandes – oder Aufsichtsratsmitglied wahrnimmt. Berichte in der Presse über einen angeblich erheblichen Umfang nicht vertragsgemäßer Regulierung von D & O-Schadensfällen sind falsch. Derartige Berichte beruhen vor allem auf dem Missverständnis, dass ein unternehmerischer Fehlschlag automatisch zu einem Zahlungsanspruch des Versicherungsnehmers gegen den D & O-Versicherer führt.
Auch bei vielen Anspruchstellern ist immer wieder ein solches Missverständnis zu beobachten. Nicht jeder unternehmerische Fehlschlag begründet automatisch eine Pflichtverletzung im Rechtssinne. Dem Unternehmensleiter ist bei unternehmerischen Entscheidungen zunächst grundsätzlich ein weiterer unternehmerischer Ermessensspielraum einzuräumen, der haftungsrechtlich nicht zu greifen ist. Maßgeblich ist die sogenannte Business Judgement Rule, nach der ein Manager bei seiner unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen muss, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Grundlage angemessener Informationen bedeutet häufig externen Rat, nach Meinung des BGH zum Beispiel eines Fachanwaltes aus dem jeweiligen Fachgebiet. Die Entscheidung, so zu handeln, muss frei von Sonderinteressen und sachfremden Einflüssen sein.
Die Zehn Gebote zur Vermeidung einer Managerhaftung lauten:
- Einhaltung der Gesetze und nicht zuletzt des GmbHG
- Einhaltung von Haftung und Geschäftsordnung
- Einhaltung der Regeln des Anstellungsvertrages
- Einhaltung von Weisungen der Gesellschafter
- ordnungsgemäße Organisation der Gesellschaft
- Kontrolle der Organisation
- regelmäßige Kontrolle der Liquidität und Finanzlage der Gesellschaft
- Vermeidung übergroßer Risiken
- Vermeidung, mindestens aber Offenlegung, aller Konflikte zwischen den Interessen der GmbH und den Eigeninteressen des Geschäftsführers
- sorgfältige Vorbereitung geschäftlicher und unternehmerischer Entscheidung
Haftungsbegründend kann bereits die Nichteinführung eines ausreichenden Risikomanagementsystem sein oder die Nichtbeachtung interner Zuständigkeitsregeln. Abgesehen davon ist es haftungsrechtlich falsch, allein aus dem Vorliegen einer Pflichtverletzung auf eine Verpflichtung, Schadensersatz zu leisten, zu schließen. Hinzu kommen müssen weitere Voraussetzungen, insbesondere die Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem Schaden, der dem Anspruchsteller im Rechtssinne entstanden ist. Dies ist in der Praxis häufig die höchste Hürde.
Für Manager unangenehm: Selbst wenn eine Haftung gegeben ist, bedeutet dies nicht automatisch, dass hieraus ein Anspruch auf Versicherungsschutz abgeleitet werden kann. Vielmehr sind noch die weiteren Voraussetzungen des Versicherungsvertrages zu prüfen.
Selbst wenn ein Anspruch auf Versicherungsschutz bestünde, führt dies nicht automatisch zu einem Zahlungsanspruch des Versicherungsnehmers. Insbesondere kann der Versicherer die sich aus dem Versicherungsvertrag gegebenen Pflichten dadurch erfüllen, dass er berechtigte Ansprüche befriedigt oder unberechtigte Ansprüche abwehrt. Letzteres ist angesichts der Komplexität der D&O-Schadensfälle, und zwar sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht und der Vielzahl der bestehenden Rechtsbeziehungen, in der Praxis der Normalfall.
Versichert sind sowohl Ansprüche im Innen- und Außenverhältnis:
- Außenverhältnishaftung aus Ansprüchen, die Dritte gegen den Manager/Geschäftsführer erheben
- Innenverhältnishaftung aus Ansprüchen, die das Unternehmen selbst gegen seine Manager erhebt
In Deutschland ist das Haftungsrecht der Organmitglieder juristischer Personen so angelegt, dass die Innenhaftung den Normalfall bildet. Grundsätzlich können sich geschädigte Dritte nur an die Gesellschaft selbst, nicht jedoch an deren Organmitglieder wenden. Es ist dann Sache des Unternehmens selbst, sich im Rahmen des Innenregresses bei einem für eine Belastung mit Schadensersatzansprüchen verantwortlichen Organmitglied schadlos zu halten, wobei mehrere verantwortliche Organmitglieder als Gesamtschuldner haften.
Ein unmittelbarer Anspruch eines geschädigten Dritten wird nur dann unter den strengeren Voraussetzungen der Delikthaftung oder sonstiger Haftungstatbestände gewährt, und macht Sinn, wenn bei dem Unternehmen selbst, wegen der Insolvenz oder weil Ansprüche gegen die Gesellschaft bereits verjährt sind, nichts mehr realisiert werden kann.
Autor: Christian Lentföhr, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Partner bei SNP Schlawien Partnerschaft Düsseldorf
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