05.10.2020 – Kategorie: Marketing

Direct-to-Consumer am Scheideweg: Wie das Modell zum Markenerfolg beitragen kann

Direct-to-Consumer MarkenschutzQuelle: Rawpixel.com/shutterstock

Der Ansatz Direct-to-Consumer (D2C) wirbelte in den letzten Jahren die E-Commerce-Welt auf. Nach dem anfänglichen Hype hat sich nun eine gewisse Sättigung eingestellt. Der US-Anbieter Brandless ging in die Insolvenz, und auch der Börsengang von Casper lief nicht gerade erfolgreich.

Emma und Kapten & Son, die deutschen Vorzeige-Unternehmen bei Direct-to-Consumer, fahren schon länger zweigleisig und beliefern auch etablierte Händler mit ihren Produkten. Warum sich Marken hierzulande neu orientieren müssen, um ihren Erfolg aufrecht zu erhalten und das Wachstum ausbauen zu können, erklärt Gastautor Tobias Stelzer von Bazaarvoice.

Ein neues Produkt per Direct-to-Consumer einzuführen, ist heutzutage keine Hürde mehr. Über Social Media lässt sich in kürzester Zeit eine Marke mitsamt Onlineshop etablieren – und das mit einem vergleichsweise geringen Kapitaleinsatz. Da ein direkter Kontakt zum Kunden besteht, ist die Marge höher und der erste Schritt zum Erfolg ist im Vergleich zu klassischen Geschäftsmodellen schnell erfolgt. Die Herausforderung liegt tatsächlich woanders.

Direct-to-Consumer: Der nächste Schritt ist meist der schwierigste

Mit dem Erfolg eines neuen Anbieters auf dem Markt ziehen auch die Mitbewerber nach. So hat das D2C-Modell in den vergangenen Jahren unzählige Anbieter hervorgebracht, die sich häufig sehr stark ähneln, vergleichbare Produkte anbieten und zudem die gleiche Zielgruppe bedienen wollen. Das macht es allerdings schwierig, das Momentum der erfolgreichen Startphase aufrecht zu halten und das eigene Wachstum fortzusetzen, indem man Kunden langfristig bindet. Genau das ist jedoch der kritische Faktor für nachhaltigen Erfolg.

Ab einem gewissen Zeitpunkt sind daher auch D2C-Brands gezwungen, sich zu überlegen, wie sie sinnvoll skalieren und zusätzliche Zielgruppen ansprechen können, die sich überwiegend im stationären Einzelhandel aufhalten und dort ihre Einkäufe tätigen. Trotz der Vorteile des Online-Vertriebs und einer kontinuierlichen Verschiebung dahin, noch einmal beschleunigt durch Covid-19, schätzen Kunden nach wie vor die – im wahrsten Sinne des Wortes – greifbaren Erfahrungen des „analogen Einkaufs“.

Technische Lösungen wie AR-Fitting oder KI-Chatbots und authentische Kundenbewertungen können dies simulieren, den persönlichen Kontakt mit einer Marke, unabhängig davon, was die Produkte kosten, allerdings nicht vollständig ersetzen. So bietet sich für Marken und Händler gleichermaßen die Chance, die Online-Erfahrung offline weiterzutragen, um die Loyalität auszubauen.

Direct-to-Consumer: Daten sinnvoll nutzen

Performance-basierte Daten sollten dabei stark für die Expansionspläne berücksichtigt werden. Als „Digital Natives“ bietet das Modell Direct-to-Consumer den Vorteil, bereits über eine große Anzahl von Kundendaten aus dem E-Commerce zu verfügen. Diese lassen sich als Ausgangspunkt nutzen, um zu verstehen, welche Gründe und Faktoren hinter jeder einzelnen Kaufentscheidung stehen. In der Online-Welt lassen sich diese Daten nutzen, um Produktempfehlungen und angepasste Websites zu erstellen.

In einer Ladenfiliale hingegen eignen sich digitale Ankleiden, personalisierte Produktanpassungen oder gebündelte Informationen zur Verkaufshistorie und getätigten Reviews für die Mitarbeiter. Ein Beispiel für den Erfolg ist die Beauty-Marke Glossier, die innerhalb von zwei Monaten mehr als 100.000 Besucher in ihrem Pop-up-Store im Londoner Stadtteil Covent Garden begeistern konnten. Konsumenten konnten dort die Auslage begutachten und gewünschte Produkte direkt bei Mitarbeitern bestellen, die diese per Tablet aufnahmen.

Der Kunde ist König – und Markenbotschafter

Direct-to-Consumer-Brands haben einen wesentlichen Beitrag zum starken Wachstum in der Kosmetik- und Beauty-Branche geleistet. Einen großen Anteil an diesem Erfolg haben dabei Soziale Medien, wo sich die Produkte dank ihrer zufriedenen Käufer in kurzer Zeit schnell verbreiten können. Denn Mundpropaganda ist einer der wichtigsten Bausteine einer Direct-to-Consumer Strategie. Über Social Media gewinnen Marken schnell Sichtbarkeit und Reichweite, wenn ihre Kunden sich untereinander austauschen und ihre Erfahrungen teilen.

Der Erfolg von Glossier ist hier exemplarisch. Das Unternehmen setzt seine Kunden als Influencer ein und ermuntert sie, per „Instagramable Packaging“ die neu erworbenen Produkte zu posten. Zusätzlich setzt Glossier auf ein Ambassador-Programm. Durch Weiterempfehlungen erhalten Kunden eine Provision und vergünstigte Konditionen bei weiteren Einkäufen. Über Hashtags und andere Aktionen gelingt es auch Kapten & Son, Social Media geschickt zu nutzen. Die Anzahl von 800.000 Instagram-Followern ist ein Beleg dafür.

Direct-to-Consumer: Das Beste aus beiden Welten

Neben dem Einsatz als Multiplikatoren lassen sich zufriedene Kunden auch anderweitig gewinnbringend in Retail-Kanälen integrieren. Kundenfeedback und Rezensionen sind ein ungefilterter Kommunikationskanal, der für Einzelhändler und Marken eine Informationsquelle darstellt, aus der sie mehr über ihre Kunden erfahren können und wie diese ihre Produkte annehmen. Darüber hinaus liefern sie wertvolle Daten darüber, welche Produkte noch Raum für Verbesserung bieten und können hier gezielt und punktuell ansetzen und angemessen priorisieren.

Die Vorteile der digitalen Welt können nur ihren vollen Erfolg entfalten, wenn D2C-Brands ihren Wert auch in die reale Welt übertragen können und sich nicht beide Bereiche gegenseitig ausschließen. Greifbare, physische Erfahrungen sind nach wie vor ein entscheidender Faktor für einen Kauf, der sich durch First-Party-Daten der Marken zielgerichtet einsetzen lässt, um Kunden zu überzeugen und zu binden und langfristig deren Loyalität zu sichern. (sg)

Bazaarvoice Stelzer
Tobias Stelzer ist zuständig für den Vertrieb in DACH und Benelux bei Bazaarvoice. (Bild: Bazaarvoice)

Über den Autor: Tobias Stelzer ist zuständig für den Vertrieb in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie in den Benelux-Staaten beim Onlineshopping-Netzwerk Bazaarvoice, In dem Netzwerk werden jeden Monat nutzergenerierte Inhalte von mehr als einer Milliarde Konsumenten erzeugt, betrachtet, geteilt und beim Einkaufen genutzt. Hierzu zählen Bewertungen, Fragen und Antworten sowie Fotos auf über 6.200 internationalen Marken- und Einzelhändler-Websites. (sg)


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