26.08.2011 – Kategorie: Handel, Kommunikation, Marketing
Elektronikmärkte leiden unter Online-Boom
Die Preiswahrnehmung der Verbraucher weicht von den realen Preisen deutlich ab, wie die aktuelle OC&C-Preisstudie 2010/2011 beweist.
Vor allem während der Krise haben Anbieter wie Media Markt versucht, ihre Marktposition durch Preissenkungen zu stärken. Noch 2007 lag die Preispositionierung des Unternehmens um vier bis fünf Prozent über dem Wettbewerb – mittlerweile liegt Media Markt sogar um 4,8 Prozent darunter. Trotz dieser aggressiven Preisnachlässe hat das Unternehmen Kunden verloren, weil diese die Preisreduzierung nicht wahrgenommen haben und der Online-Handel Marktanteile abgräbt.
Auf der anderen Seite haben Saturn, Medimax und Expert im Gegensatz zum letzten Jahr die Preise angezogen oder nicht im gleichen Umfang gesenkt wie Media Markt. Saturn hat es dabei geschafft, trotz eines mäßig steigenden relativen Preisniveaus die Preiswahrnehmung marginal weiter in Richtung „günstig“ zu entwickeln. Bei Medimax hingegen war die beträchtliche Veränderung der relativen Preispositionierung auch mit einem Anstieg in der Preiswahrnehmung verbunden. Der ohnehin schon als „teuer“ wahrgenommene Anbieter Expert hat die Preise nochmals deutlich erhöht, ohne dass es die Konsumenten bisher bemerkt haben. Die negative Diskrepanz zwischen realer Preisposition und der Preiswahrnehmung könnte allerdings langfristig die Kundenloyalität und das Kaufverhalten negativ beeinflussen.
„In der Krise mussten selbst führende Anbieter ihre Preise korrigieren. Einseitige Preismaßnahmen sind allerdings gefährlich. Denn wichtiger als Reduzierungen und Preiskampagnen ist eine kluge Preisstrategie. Ohne diese verpuffen viele Aktionen der Händler unbemerkt und schädigen im schlimmsten Fall sogar das Geschäftsmodell“, fasst Christian Ziegfeld, der für die Studie verantwortliche Partner bei OC&C, die Ergebnisse zusammen.
Die Studie belegt, dass sich Preisveränderungen vieler Händler – sei es die tatsächliche Preisstellung oder lediglich die Preiskommunikation – meist erst nach zwei bis drei Jahren in der Konsumentenwahrnehmung niederschlagen. Dabei wirken sich Preissteigerungen stets stärker auf die Preiswahrnehmung aus als Preisreduktionen.
Media Markt: Branchenprimus noch ohne Online-Konzept
Nach den zaghaften Preiskorrekturen 2008 und 2009 zeigen die aktuellen OC&C-Ergebnisse bei Media Markt eine deutliche Verschiebung der Preispositionierung nach oben. Auch wenn sich diese dramatische Verschiebung noch nicht auf die Wahrnehmung der Kunden auswirkt, gelingt es Media Markt, das Image als Preisführer zu behaupten. Die Konsumenten danken es mit den besten Bewertungen in den Dimensionen „niedrige Preise“, „Preis-Leistung“ und „Vertrauen“ – gefolgt von Saturn und weit vor anderen Marktteilnehmern.
Der blinde Fleck in der Strategie von Media Markt wird dennoch schnell sichtbar: Das zunehmend wichtige Online-Geschäft überlässt Media Markt anderen Spielern. Jahrelang hat Media Markt die Konsumenten durch geschickte Preisaktionen erfolgreich konditioniert. Kaum ein Unternehmen schaffte es so konsequent „günstig“ zu wirken, ohne es tatsächlich zu sein. Ergebnisse der OC&C-Studie zum Multichannel-Verhalten der Konsumenten aus dem Frühjahr zeigen, dass die Marktstellung des Primus durch den Online-Handel bedroht wird. Bereits heute vergleichen 50 Prozent der Stationär-Käufer im Vorfeld ihres Unterhaltungselektronik-Einkaufs in Online-Medien die Preise. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass diese Online-Rechercheure auch zu Online-Käufern werden – insbesondere, wenn sie auf teils signifikante Preisunterschiede zwischen Stationär- und Online-Kanal stoßen. Die Tatsache, dass die Media-Saturn-Holding jüngst redcoon als Online-Standbein akquiriert hat und den Launch ihrer Onlineshops für Q4 / 2011 bzw. Anfang 2012 angekündigt haben, dokumentiert den Willen, aus Saturn oder Media Markt wettbewerbsfähige (und profitable) Multichannel-Leistungsversprechen zu entwickeln.
Online: Deutsche im internationalen Vergleich ganz vorne
Die Studie räumt mit dem Vorurteil von Deutschland als Entwicklungsland in punkto Online-Handel auf. Deutsche Konsumenten sind sich branchenübergreifend erstaunlich einig: 12 Prozent Preisvorteil würde sie zu einem Wechsel vom stationären zum Online-Handel motivieren. Damit liegt Deutschland etwa gleichauf mit den Niederlanden und Großbritannien. Französische Konsumenten gaben 16 Prozent Preisvorteil als Motivation für den Kanalwechsel an, amerikanische Verbraucher erwarten einen Vorteil von über 19 Prozent.
Im Bereich der Unterhaltungselektronik profitieren die Kunden am meisten von Online-Angeboten. Im Schnitt sind die Preise sogar günstiger als vom Kunden erwartet – was im Einklang mit Bedeutung und Wachstum des Online-Anteils in dieser Branche steht. In anderen Branchen kann das Thema Preis nicht so eindeutig als Treiber für steigende Online-Umsätze identifiziert werden, dafür sind die Einsparungen oft zu klein.
Der Online-Wettbewerb hat zunehmenden Einfluss auf die Offline-Preis- und Sortimentsplanung. Dies zeigt sich deutlich in veränderten Preisstrategien. Der Preis bleibt zwar weiterhin ein Argument für den Onlinekauf, aber mit der Weiterentwicklung des Kanals wird sich das Thema differenzieren.
„Der Preis alleine garantiert nie den Erfolg – weder online noch offline. Vor allem aber wird die Bedeutung des Preises für das Online-Geschäft überschätzt. Um in den kommenden Jahren erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen einen Multikanal-Ansatz entwickeln“, so Ziegfeld.
Digital in die Zukunft
Der Bereich Unterhaltungselektronik wird getrieben durch den zunehmenden Multichannel-Wettbewerb und Herausforderungen in der Preis- und Sortimentsstrategie, dem Filialformat und dem Geschäftskonzept. Die Finanzkrise hat 2009 in vielen Bereichen zu steigendem Preisdruck geführt. Zudem beeinflusst in einigen Branchen der zunehmende Online-Wettbewerb die Preise führender Anbieter. Für den zukünftigen Erfolg von Preisstrategien ist es wichtig, die Auswirkungen und besonderen Anforderungen des zukünftigen Multichannel-Umfelds systematisch zu berücksichtigen. Der steigende Online-Anteil, die weitgehende Preistransparenz und die Tatsache, dass immer mehr Verbraucher den Online- und Offline-Kanal im Kaufentscheidungsprozess parallel nutzen, werden die Preis- und Angebotsstrategie grundlegend verändern.
„Die neuen Rahmenbedingungen erfordern eine weitere Professionalisierung von Preismanagement und wandeln die Erfolgsfaktoren im Markt. Der aktuelle Aufschwung bietet ideale Voraussetzungen, um existierende Preispotenziale kurzfristig zu heben und sich mit einer optimierten Preisstrategie nachhaltig für eine erfolgreiche Zukunft zu rüsten“, so Christian Ziegfeld mit einem abschließenden Rat an die Unternehmen.
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