11.08.2014 – Kategorie: eCommerce

Händler fragen, Experten antworten

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ECM: Auf was sollten Onlinehändler bei Bezahlmethoden in schnell wachsenden Märkten achten?

Siebo Woydt: Die in einem Online-Shop angebotenen Zahlverfahren dienen nicht nur der technischen Abwicklung. Sie haben eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für den wirtschaftlichen Erfolg des Händlers. Ein großes Angebot an unterschiedlichen Zahlverfahren bedeutet weniger Kaufabbrüche und damit Umsatzsteigerung. Auch wenn der Onlinehandel rasant wächst und immer wieder neue Unternehmen dazukommen, die unterschiedliche Produkte und Dienstleistungen anbieten, hat doch jeder Käufer bei den Zahlarten seine eigenen Vorlieben, von denen man nur ungern abweicht.

Daniel Wicharz: „Bis vor kurzem waren die Menschen nur an Finanzdienstleistungen ihrer Banken gewöhnt oder an den direkten, physischen Kontakt mit Bargeld. Die Gewohnheiten ändern sich gerade. Mehr und mehr unseres Lebens spielt sich online ab, das betrifft auch einige Aspekte unserer Finanzen. So bieten bereits viele Social Media Kanäle eigene In-App-Transaktionen an, zum Beispiel kann man Facebook Credits für Online-Spiele kaufen. Der Bedarf der Menschen nach Online-Geld treibt das Geschäft von Skrill und war ein entscheidender Faktor für die Einführung von Skrill‘s Digital Wallet. Diese elektronische Brieftasche ermöglicht es, mit einer bloßen E-Mail-Adresse, Geld von einer Person zur anderen zu transferieren.  „Transaktionen über soziale Netzwerke abzuwickeln wird daher in Zukunft immer bedeutender werden.“

Michael Hülsiggensen: Generell ist wichtig, ein breites Portfolio an Zahlungsmethoden anzubieten. Zudem müssen lokale Gegebenheiten und Vorlieben der Nutzer berücksichtigt werden, und die Steuerung der Zahlungsmittel muss schlüssig aufgebaut sein. Das heißt, es müssen nicht jedem Kunden alle Zahlungsmittel angezeigt werden, sondern im ersten Schritt nur die relevanten (Selektionen etwa nach Land oder Kundenvorlieben oder Produkt). Wichtig ist es darüber hinaus, auch innovative Payment-Möglichkeiten wie zum Beispiel Zahlungen über mobile Endgeräte mit ins Portfolio aufzunehmen. Sollte der Händler sowohl stationär als auch über das Internet seine Produkte verkaufen, wird er künftig unausweichlich einen Gesamtkundenstamm führen müssen, um den Kunden auf allen Verkaufskanälen zu erkennen und konsistent zu behandeln.

José Martinez-Benavente: Bezahlen ist Vertrauenssache. Je schneller ein Markt wächst, desto größer ist die Konkurrenzsituation. Um sich in einem solchen Markt zu etablieren, sollte man auf Bezahlmethoden setzen, die innerhalb der Zielgruppe beziehungsweise des Marktes bereits akzeptiert sind. Zeitaufwändige und kostenintensive Bezahlversuche haben hier nichts zu suchen. Wichtig ist, dass die Zahlung schnell und sicher verarbeitet wird. Ein Mix aus drei bis maximal fünf verschiedenen Bezahlverfahren bietet sich an. In den Mix gehören lokale und nationale Zahlungsarten genauso wie international anerkannte Zahlungsklassiker wie die Kreditkarte oder PayPal – idealerweise über einen Anbieter. So hat man als Händler die eigenen Kosten fürs Payment im Griff und profitiert von einem einheitlichen Transaktions-Reporting, um schnell auf Marktänderungen reagieren zu können.

Markus Solmsdorff: Bezahlmethoden in schnell wachsenden Märkten müssen skalierbar sein und den unterschiedlichen Marktstadien gerecht werden können. Das betrifft sowohl Technik als auch Wirtschaftlichkeit. Wir raten zu einem ausgewogenen Zahlungsmix, jeweils angepasst an die Präferenzen der Zielgruppen des jeweiligen Online-Shops. Um Ausfallrisiken zu minimieren, sollten gerade in neuen, stark wachsenden Märkten die risikoreicheren Zahlarten durch geeignete Betrugspräventionsmaßnahmen flankiert werden.

Rainer Sureth: Unserer Erfahrung nach ist es besonders wichtig, möglichst alle verfügbaren Zahlverfahren anzubieten. Das belegen auch Studien. Denn viele Kunden brechen den Kaufvorgang ab, wenn sie merken, dass ihnen ihre bevorzugte Methode nicht zur Verfügung steht. Diese Kunden kommen nicht unbedingt wieder und sind deshalb gleichbedeutend mit langfristig entgangenem Geschäft. Anders gesagt, mehr Zahlverfahren bedeuten mehr Umsatz. Und heute ist es auch noch besonders einfach, Zahlverfahren in vorhandene Shop-Systeme zu integrieren. Beispiel ConCardis PayEngine. Die Lösung enthält rund 35 nationale und internationale Online- und Kartenzahlungsmöglichkeiten im Paket und ermöglicht so deren technische Einbindung in vorhandene Shop-Systeme in nur einem Schritt.

Mark Spangenberg: Der Bezahlprozess sollte möglichst einfach, schnell, sicher und unkompliziert sein. Das bedeutet, es kommt nicht darauf an, möglichst viele Zahlungsmethoden im Check-out Prozess anzubieten. Ich halte es für ein Gerücht, dass man Endkunden verliert, weil nicht genug Zahlungsmethoden angeboten werden. Es kommt auf die richtigen Zahlungsmethoden an und das sind im Wesentlichen die (Kredit)karte, Paypal und die ein oder andere landestypische Zahlungsart. Ich bin überzeugt davon, dass kurz- und mittelfristig weiterhin kein Weg an der Karte vorbeiführen wird, entweder als primäre oder als nachgelagerte Bezahlmethode wie bei den E-Wallets.

ECM: Mobile Payment – Ihre drei Ratschläge an den Handel? 

José Martinez-Benavente: Am Anfang steht die Analyse. Insbesondere im stationären Bereich fehlen derzeit noch die Standards. Händler müssen daher genau überprüfen, welches System ihre Anforderungen am besten erfüllt und welche Lösung sowohl für ihr Produkt als auch für ihre Zielgruppe die passende ist. Für das Online-Shopping über mobile Geräte wie Tablets oder Smartphone gilt: Händler sollten genau wissen, ob Kunden den Webshop tatsächlich über mobile Endgeräte betreten – und vor allem über welche Geräte. Im mobilen Internet werden sich die Bezahl-Lösungen durchsetzen, die bereits im klassischen Internet etabliert sind. Wer seinen klassischen Online-Shop für den Zugriff mobiler Endgeräte optimiert, sollte auf jeden Fall bestehende Bezahlmöglichkeiten wie Kreditkarte oder Rechnung auch für den mobilen Webshop anbieten. Der nächste wichtige Punkt heißt Bequemlichkeit: Um Kaufabbrüche zu vermeiden, sollten Händler mit mobilem Webauftritt verkürzte Checkout-Prozesse offerieren. Denn das Eintippen von Bestell- beziehungsweise Zahlungsdaten wird oftmals als lästig empfunden. Hier punkten Händler, die mit Bezahlseiten arbeiten, die optimiert auf mobilen Endgeräten angezeigt werden. Noch besser ist es, wenn ein Einkaufserlebnis mit wenigen Klicks geschaffen wird. Wir von Sage Pay bieten Händlern eine so genannte Token-Lösung an, über die Händler ihren wiederkehrenden Kunden die Möglichkeit bieten, ihre Kartendaten nicht ständig aufs Neue eingeben müssen. Nach dem Einkauf werden die einmalig hinterlegten Daten als Alias bei uns unter Einhaltung aller geltenden Sicherheitsvorschriften hinterlegt und dem Händler auf Abruf – sprich, wenn sich der Kunde im Shop einloggt – zur Verfügung gestellt. Und nicht zuletzt: Immer auf Nummer sicher gehen: Die Deutschen stehen dem Bezahlen per Smartphone oder Tablet noch immer skeptisch gegenüber. Insbesondere die NFC-Technologie gerät immer wieder in die Schlagzeilen. Daher ist es wichtig, dass Daten über zuverlässige Systeme stets verschlüsselt werden, und dass der Kunde darauf aufmerksam gemacht wird. Doch da es an einheitlichen Standards fehlt, fehlt es auch am Kundenvertrauen bei  der Nutzung dieser Systeme. Daher verfolge ich mit großem Interesse die Entwicklung der biometrischen Identifizierung, die von vielen Verbrauchern mit vielen Vorschusslorbeeren bedacht  wird – wenn sie denn irgendwann zum Einsatz kommt.

Michael Hülsiggensen: Erstens: Mobile Payment ist nicht einfach eine zusätzliche Art des Bezahlens. Es kann den Einkauf enorm beschleunigen und vereinfachen. Wenn Sie diese Vorteile Ihren Kunden vermitteln, werden die das positiv aufnehmen und Sie eventuell sogar neue Zielgruppen gewinnen. Zweitens: Mindestens ein Mobile-Payment-Angebot im Gesamtzahlungsangebot führen – es werden vielleicht nicht sofort relevante Umsätze generiert, der Nutzer wird es jedoch mittelfristig honorieren. Drittens: Vor dem Einsatz eines mobile Payments prüfen, ob Produkte in den relevanten mobilen Kanälen und auf den entsprechenden Endgeräten wirklich gut und sauber dargestellt werden. Dies gilt ebenso für die Payment-Applikationen.

Mark Spangenberg: Jeder Händler sollte für sich anhand des eigenen Angebots und der anzusprechenden Kunden definieren, was Mobile Payment für ihn bedeutet. Darauf aufbauend kann man sich die Frage stellen, ob Mobile Payment tatsächlich den Bezahlprozess für den Kunden und den Händler vereinfacht. Als weiteren Aspekt kann es auch noch andere gute Gründe für eine Implementierung von Mobile Payment geben, z.B. aus Imagegründen. Je nachdem macht es Sinn, sich näher damit auseinanderzusetzen. Andernfalls gibt es sicherlich wichtigere Dinge im Kerngeschäft, auf die man sich konzentrieren sollte.

Markus Solmsdorff: Erstens: Lassen Sie sich nicht durch herbeigeredete Trends verrückt machen. Beobachten Sie den Markt. Warten Sie ab, was Relevanz bekommt, also sich bei den Konsumenten durchsetzt. Das kann Ihnen viel Geld und Arbeit sparen. Zweitens: Welches Verständnis von Mobile Payment trifft auf Ihr Geschäftsmodell zu? Verkaufen Sie Produkte, die der Kunde tatsächlich unterwegs kaufen und bezahlen will? Oder heißt mobil nur, dass jemand zu Hause statt mit einem PC jetzt mit einem Tablet surft? Drittens: Wenn Sie ein Bezahlverfahren anbieten wollen, das tatsächlich Vorteile auf Mobilgeräten bietet, sind die Faktoren Convenience – sprich, in diesem Fall bequeme Bedienung ohne Tastatur – und Sicherheit entscheidend. Wir empfehlen das Wallet-System MasterPass von MasterCard. Warum? Datenschutz wird immer relevanter und Konsumenten werden ein System bevorzugen, bei dem die Daten geschützt bei einer Bank liegen. Genau das ist einer der entscheidenden Vorteile von MasterPass.

Christian von Hammel-Bonten: Als erstes rate ich zur Unterstützung von einem Zahlungsdienstleister: Händler, die ihren Kunden die Möglichkeit geben möchten, mit dem Handy zu bezahlen, sollten zuerst das Gespräch mit einem Zahlungsdienstleister, zum Beispiel Wirecard, suchen. Wir beraten den Kunden, welche Art von Mobile Payment sich am besten eignet. Punkt zwei ist für mich ein NFC-fähiges Kassen-Terminal: Am einfachsten ist es für den stationären Händler, wenn er seinen Kunden die kontaktlose Bezahlung über NFC-fähige Smartphones oder mit einem NFC-Sticker anbietet. NFC gehört bei neuen Kassen-Terminals bereits zum Standard. Kontaktlose Zahlungen mittels Plastikkarte mit NFC-Chip, -Stickern oder mit einem NFC-fähigen Handy sind damit ganz einfach möglich. Und Mobile Payment über eine App ist für mich der dritte wichtige Punkt: Eine weitere Möglichkeit, insbesondere für Cross-Channel-Händler, ist die Bezahlung über eine mobile Applikation. Der Stammkunde zahlt somit online mittels In-App-Payment, da er beispielsweise seine Kreditkartendaten dauerhaft zur Zahlung hinterlegt und danach nur noch per „one click“ bezahlt. Diese Form kann dann online genutzt werden, aber auch in Verbindung mit einem QR-Code zur Bezahlung am Point of Sale.

Siebo Woydt: Unsere aktuelle Studie zum mobilen Einkauf und Bezahlung mit dem Smartphone hat gezeigt, dass sich der kontinuierliche Nutzeranstieg beim Mobile Shopping auch bei der Veränderung der präferierten Bezahlwege bemerkbar macht. So hat die Zahlung über Payment-Dienstleister in diesem Jahr noch einmal deutlich zugenommen. Doch auch die traditionellen Bezahlwege werden noch von einem großen Teil der Nutzer in Anspruch genommen. Wir empfehlen daher den Händlern, auch weiterhin verschiedene Zahlarten im Shop anzubieten, um Kaufabbrüche zu vermeiden. Ebenso raten wir auch im mobilen Shop, die für den Händler unsichere Zahlart „Kauf auf Rechnung“ anzubieten. Durch die Einbindung einer Bonitätsprüfung wird auch diese Zahlart sicher und wirtschaftlich handhabbar

Rainer Sureth: Als erstes finde ich: Die Ruhe bewahren: Aufgrund der immer noch wachsenden Vielzahl an Mobile-Payment-Lösungen ist noch nicht absehbar, welche Modelle sich langfristig durchsetzen werden. Händler sind aber sicher gut beraten, wenn Sie sich auf etablierte Zahlungsanbieter verlassen. Denn die besitzen aufgrund ihrer umfassenden Erfahrung den besten Weitblick und können je nach individueller Anforderung die passende Lösung empfehlen und oftmals auch direkt zur Verfügung stellen. Punkt zwei heißt für mich: Weiter auf NFC setzen: Das kontaktlose Bezahlen mit NFC-Technologie hat sicherlich gute Chancen, sich zu etablieren und wurde schon von sehr vielen Händlern installiert. Das ist auch gut so, denn es zeichnet sich deutlich ab, dass der Übertragungsstandard bei der Zahlungsabwicklung in Zukunft eine große Rolle spielen wird. Als drittes: Händlerbasiertes Mobile Payment: Der Handel kann jedoch auch schon jetzt mehr tun, als nur darauf zu warten, dass sich eine Methode, ein Anbieter oder eine App für Mobile Payment durchsetzt. Statt sich mit Investitionen völlig zurückzuhalten, können Händler den mobilen Zahlungsverkehr nämlich selbst entscheidend voranbringen, indem sie mit ganz kleinem Aufwand Karten-Terminals für das Smartphone einsetzen. Damit kann jeder Händler, Handwerker, Messeaussteller oder Taxifahrer auf einen Schlag ganz einfach Kartenzahlungen akzeptieren. Millionen Karteninhaber werden sich freuen.

ECM: Was halten Sie von dem Gerücht, Facebook habe sich um eine Banklizenz bemüht und was könnte das für Onlinehändler bedeuten?

Rainer Sureth: Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass sich ConCardis nicht konkret zu Gerüchten oder zu möglichen Plänen anderer Unternehmen äußert. Dass sich aber generell immer mehr große und kleine Unternehmen abseits der Finanzbranche um den Payment-Markt bemühen, zeigt, dass neben den etablierten Anbietern nun auch andere Player erkannt haben, welchen hohen Stellenwert die Zahlungsabwicklung für E- und M-Commerce hat. Allerdings darf auch nicht unterschätzt werden, dass zur komfortablen und vor allem sicheren Zahlungsabwicklung eine Menge Erfahrung gehört. Und die haben die spezialisierten Finanzdienstleister von heute teils über Jahrzehnte sammeln können. Händler verlassen sich deshalb zu Recht auf deren zuverlässige Services und umfassende Möglichkeiten zur einfachen Integration vieler unterschiedlicher Zahlverfahren.

Christa Wagner: Die Auswahl der Bezahlmethoden sollte sich grundsätzlich immer an der Zielgruppe beziehungsweise den präferierten Zahlungsmitteln orientieren. Weiterhin spielen das Warenangebot und vor allem die Betrugsrisiken, die sich daraus ableiten lassen, eine große Rolle. Im grenzüberschreitenden Handel empfehlen wir Onlinehändlern, mindestens die Bezahlung über Kreditkarte und ein weiteres, etabliertes Bezahlverfahren zu integrieren. So stellen sie sicher, dass sie ihre Zielgruppe optimal erreichen. Wählt der Händler eine Zahlungslösung wie Kauf auf Rechnung, raten wir zu entsprechendem Risikomanagement oder Zahlungsgarantie-Produkten. Als globaler Payment-Anbieter mit eigener Bank im Konzern unterstützen wir bei der Auswahl der besten Zahlmethoden. Über unsere modulare Checkout Page kann sich ein Händler seine Bezahlmethoden zudem ganz individuell zusammenstellen und jederzeit skalieren.“

Mark Spangenberg: Insbesondere im E-Commerce wird der Payment-Bereich immer wieder als interessanter Markt von ursprünglich branchenfremden Unternehmen entdeckt. Der Erfolg von PayPal wird hier sicherlich gerne als Beispiel oder sogar Vorbild genommen. Verwunderlich wäre es daher nicht, sollte sich Facebook um eine Banklizenz bemüht haben beziehungsweise aktuell bemühen. Für Online-Händler ist es vor allem wichtig, den eigenen Kunden einen einfachen und reibungslosen Zahlungsprozess anzubieten. Ob Facebook dazu beitragen kann, wird sich zeigen. Kurzfristig sicherlich nicht.

Siebo Woydt: Sollte das zutreffen, dann könnte Facebook künftig auch Finanzdienstleistungen anbieten und zum Beispiel zum Zahlungsabwickler im Netz werden. Für den Online-Handel könnte Facebook künftig eine bedeutende Rolle spielen, weil damit das Thema Social Commerce wieder angeregt wird und Produktempfehlungen von Käufern stärker als bisher nicht nur zur Kauf-Anregung, sondern auch zur Kauf-Abwicklung führen können.

Markus Solmsdorff: Vorstellbar ist das – eine ähnliche Entwicklung haben wir ja bei eBay mit PayPal und bei Amazon mit Amazon Payment gesehen. Was genau Facebook vorhat, bleibt abzuwarten. Und dann stellt sich noch die Frage, ob und welche Konsumenten in einer Facebook-Bezahlart einen Vorteil sehen werden. Sollten Händler darin Chancen auf zusätzliche Konversion sehen, werden wir sie bei Integration und Abwicklung unterstützen.

Michael Hülsiggensen: Ich vermute, dass es sich hierbei nicht nur um ein Gerücht handelt. Aktuell scheint die Beantragung der Banklizenz in Irland bevorzustehen, die Realisation wird aber bestimmt noch einige Monate in Anspruch nehmen. Änderungen für den Online-Händler ergeben sich nur bedingt. Erste Konsequenz wird sein, dass der Händler, der über Facebook verkauft, das Facebook-Zahlungssystem anbieten werden muss. Inwieweit sich das auf den Handel außerhalb von Facebook auswirkt, wird von der Qualität, den Kosten und der Akzeptanz des Facebook Payments abhängen. Das Facebook Payment hat jedoch eine realistische Chance, Marktanteile zu gewinnen. Das wird jedoch noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Daniel Wicharz: „Bis vor kurzem waren die Menschen nur an Finanzdienstleistungen ihrer Banken gewöhnt oder an den direkten, physischen Kontakt mit Bargeld. Die Gewohnheiten ändern sich gerade. Mehr und mehr unseres Lebens spielt sich online ab, das betrifft auch einige Aspekte unserer Finanzen. So bieten bereits viele Social Media Kanäle eigene In-App-Transaktionen an, zum Beispiel kann man Facebook Credits für Online-Spiele kaufen. Der Bedarf der Menschen nach Online-Geld treibt das Geschäft von Skrill und war ein entscheidender Faktor für die Einführung von Skrill‘s Digital Wallet. Diese elektronische Brieftasche ermöglicht es, mit einer bloßen E-Mail-Adresse, Geld von einer Person zur anderen zu transferieren.  „Transaktionen über soziale Netzwerke abzuwickeln wird daher in Zukunft immer bedeutender werden.“

José Martinez-Benavente: Wenn man sich die Erfolgsgeschichte von Facebook anschaut, überrascht es nicht, dass das soziale Netzwerk mit eBay und Google gleichziehen und mit klassischen Banken konkurrieren möchte. Mit dem Erhalt einer Banklizenz könnte es Facebook seinen Nutzern ermöglichen, ein Bankkonto bei Facebook einzurichten, mit dem sie künftig ihre Online-Einkäufe direkt über diese Plattform bezahlen können. Ohne Frage stellt dies ein riesiges Potenzial dar – wenn man von der  Anzahl der Facebook-User ausgeht. Gleichzeitig könnte Facebook ähnlich wie Amazon als Marktplatz für Online-Shops auftreten. Ein Blick auf die Medienberichterstattung und Foreneinträge zeigt aber auch, dass die Idee eines sozialen Netzwerks mit angeschlossener Bank  Datenschützer und Facebook-Nutzer gleichermaßen auf die Barrikaden treibt. Wenn ein soziales Netzwerk erst einmal weiß, welche Nutzer wie viel Geld wie oft und an wen überweisen beziehungsweise wo sie einkaufen, ist es ein Leichtes, diese Informationen bei Anzeigenkunden zu Geld  zu machen. Wenn Facebook die Banklizenz tatsächlich erhalten sollte, würde ich daher als Online-Händler die Akzeptanz innerhalb meiner eigenen Kundenzielgruppe erst einmal genau beobachten und  lieber abwarten, bevor ich meinem Payment-Mix ein Bezahlverfahren hinzufüge, das zwar Kosten, aber keine Umsätze generiert. Schließlich ist noch gar nicht klar, wie diese Bezahlart von den Usern angenommen wird.

Autoren:

Christa Wagner ist Executive Vice President Consumer Goods bei Wirecard. Nach ihrem betriebswirtschaftlichen Studium mit dem Schwerpunkt „Internationale Handelsbeziehungen & Finanzen“ war Christa Wagner als Geschäftsführungsassistenz bei einer Bauträgergesellschaft beschäftigt. Es folgte ein Auslandsaufenthalt für Siemens in Südafrika. Im Anschluss arbeitete Christa Wagner für die Firma Rehau, ein Unternehmen der kunststoffverarbeitenden Industrie, und übernahm hier die Produktverantwortung und Vertriebssteuerung für den Bereich. Seit dem Jahr 2000 ist Christa Wagner bei der Wirecard beschäftigt.

Christian von Hammel-Bonten ist Executive Vice President Telecommunications bei Wirecard. Er hat langjährige Erfahrung in der Online- Zahlungsabwicklung. Von 2002 bis 2009 leitete er das Produktmanagement bei Wirecard. Dann wechselte er zu Clickandbuy, einem Tochterunternehmen der Deutschen Telekom, bevor er im Oktober 2011 wieder zu Wirecard zurückkehrte.

Siebo Woydt ist seit 2003 Geschäftsführer der Creditreform Boniversum. Er war unter anderem Vorsitzender des Verbandes der Handelsauskunfteien (VdH) und ist Mitglied in der Bundesfachkommission „Internet und digitale Gesellschaft“ des Wirtschaftsrates.

Markus Solmsdorff zeichnet seit März 2011 als Geschäftsführer bei Expercash, eine Tochter der DataCash Group (UK), die zur MasterCard Gruppe gehört, verantwortlich für den Erfolg des Unternehmens. Als Prokurist für die Bereiche Business Development und Marketing bei der Postbank P.O.S. Transact, einer hundertprozentigen Tochter der Postbank, sorgte Markus Solmsdorff in der Dekade zuvor erfolgreich für den Ausbau der Geschäftsfelder und die Ausweitung des Marktanteils des Unternehmens. Vorher forcierte der Diplom-Wirtschaftsingenieur mehrere Jahre den Aufbau des irischen Technologieunternehmens Trintech als Leiter der Abteilung Marketing und Kommunikation.

José Martinez-Benavente ist Business Development Manager Germany bei Sage Pay. Er verfügt über langjährige Erfahrungen in der Finanzdienstleistungsbranche und hat sich auf den bargeldlosen Zahlungsverkehr für die Bereiche POS, E-Commerce und Mobile Payment spezialisiert. Seit dem Eintritt des in UK marktführenden Payment Service Providers Sage Pay in Deutschland im Jahr 2012 verantwortet er den Aus- und Aufbau des Unternehmens im Markt.

Mark Spangenberg ist Chief Operating Officer Europe bei EVO Payments International.

Rainer Sureth ist CEO bei ConCardis. Er ist seit 2003 Mitglied der Geschäftsführung von ConCardis und für die Bereiche Marketing und Vertrieb verantwortlich. Zuvor war er in diversen leitenden Positionen bei der Commerzbank tätig. Am 1. Januar 2014 hat Sureth den Vorsitz der Geschäftsführung übernommen und behält gleichzeitig seinen bisherigen Aufgabenbereich bei. Dabei fokussiert er sich auf die Erweiterung und Stärkung sämtlicher Vertriebseinheiten und forciert die Internationalisierung des Unternehmens. Zudem ist Rainer Sureth wie bisher für den weiteren Ausbau des Netzbetriebs verantwortlich. Er ist stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats des Vereins VISA Deutschland e.V. und Mitglied des Vereins V PAY Deutschland.

Michael Hülsiggensen ist Director of Business Development der PPRO Financial in München. Hülsiggensen hatte zuletzt die Position des Managing Directors bei EOS Payment Solutions in Hamburg inne. Seit 2010 engagiert er sich darüber hinaus als aktives Mitglied in den Fachgruppen E-Commerce und Mobile sowie als Leiter der Unit Payment und Risikomanagement beim Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V. (BVDW).

Daniel Wicharz ist seit Ende 2013 für den europäischen Online-Bezahlanbieter Skrill tätig und verantwortet als Senior Sales Executive den gesamten Vertrieb in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Mit seiner langjährigen Erfahrung im Sales-Bereich entwickelt Herr Wicharz für Skrill und seine Produkte Vertriebsstrategien, forciert Absatzsteigerungen und vermarktet die Produktpalette. Erfahrungen im E-Payment sammelte Daniel Wicharz zuvor als Senior Sales Representative bei dem Bezahlanbieter PayPal. Zu seinen weiteren beruflichen Karrierestufen zählen außerdem namhafte Unternehmen wie Google, Apple und Axel Springer Digital Classifieds.

 

Dieser Beitrag erschien erstmals im e-commerce Magazin 06/2014.


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