ICANN – kommen die nTLDs im August 2011?
Der erste Schock nach dem Cartagena-Meeting ist kaum verdaut, da schießen die nächsten Spekulationen ins Kraut: interne Pa- piere der Internet-Verwaltung ICANN sehen vor, dass der Startschuss für neue Top Level Domains nun am 1. August 2011 fal len könnte. Doch es bleiben viele Unbekannte.
Fragt man nach den Ursachen der Verzögerung, dann liegt diese oberflächlich betrachtet im Streit zwischen ICANN und dem Go- vernmental Advisory Committee (GAC) um einzelne Regelungen im Bewerberhandbuch (gTLD Applicant Guidebook). Mit einem eigenen Kommuniqué zu den „overarching issues“ hatte das GAC prak- tisch alle wesentlichen Streitpunkte neu aufgerollt und damit Öl ins Feuer gegossen, auch wenn es als unrealistisch gilt, dass das Bewerberhandbuch völlig neu geschrieben werden muss.
Unter der Oberfläche geht es aber um die grundsätzliche Fra- ge, ob und wie weit das Beratungsorgan GAC Einfluss auf Entscheidungen ICANNs nehmen kann. So hat das GAC unverhohlen zum Ausdruck gebracht, dass seine Empfehlungen entgegen den Statuten vom ICANN-Vorstand nur völlig ungenügend berücksichtigt worden seien. Diesem Druck musste sich ICANN letztlich beugen, weshalb man sich entschlossen hat, im Februar 2011 voraussichtlich in Genf erneut das Gespräch mit dem GAC zum Thema nTLDs suchen.
In diesem Machtkampf könnte nun plötzlich der Streit um die Einführung der Porno-Domain .xxx zum Stolperstein für ICANN werden. In Cartagena bestätigte der ICANN-Vorstand seinen Beschluss, „den Abschluss eines Registry-Vertrages mit dem Bewerber ICM Registry Inc. zu beabsichtigen“. Damit geht ICANN in direkte Konfrontation mit dem GAC, das sich ablehnend gegenüber .xxx zeigt. Handelt ICANN entgegen der Empfehlung des GAC, sehen die Statuten vor, dass ein beiderseits zufrieden- stellendes Ergebnis gefunden werden muss – damit betritt man juristisches Neuland, da man sich bisher mit dem GAC stets einig war. Allein die Möglichkeit von Verhandlungen oder gar Schiedsgerichtsverfahren birgt jedoch das Risiko, dass sich der gesamte Prozess zur Einführung von nTLDs und .xxx um Monate, wenn nicht Jahre verzögert.
Noch scheint man bei ICANN zuversichtlich, dass sich die an- stehenden Probleme rasch lösen lassen. Ein „launch scenarios“ getauften Papier mit Anweisungen für die Mitarbeiter sieht ein Alternativszenario vor, wonach spätestens am Schlusstag des nächsten Meetings in San Francisco, also am 18. März 2011, die Endfassung des Bewerberhandbuchs beschlossen und am 25.
März 2011 veröffentlicht werden soll. Unter Berücksichtigung der viermonatigen PR-Phase würden erste Bewerbungen dann ab dem 1. August 2011 entgegengenommen. Wetten sollte man darauf jedoch besser nicht abschließen.
(Autor: United Domains)
Quelle: icann.org, domainincite.com, internetgovernance.org
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