29.07.2014 – Kategorie: Allgemein

„Innovative Ideen brauchen einen gewissen Stickiness-Faktor“

Ziel des „Institute of Electronic Business“ ist es, die Entwicklung der Informationsgesellschaft zu unterstützen. Ein Schwerpunktthema dabei ist das Innovationsmanagement. Wir sprachen mit dem Direktor des IEB und Juryvorsitzendem von „eIDEE – Wettbewerb für den digitalen Handschlag“, Prof. Dr. Thomas Schildhauer, warum die Innovationsumsetzung hierzulande so lange braucht, wie man den Prozess beschleunigen und von wem Deutschland lernen könnte und welchen Beitrag eIDEE dabei leisten kann.

ecm: Herr Professor Schildhauer, warum braucht es in Deutschland so lange von einer innovativen Idee bis zu deren Umsetzung?

Prof. Dr. Thomas Schildhauer: In der Tat dauert der Prozess von der Ideenfindung und  -schärfung bis hin zu einem Geschäftsmodell lange. Laut deutschem Start-up-Monitor aus dem Jahr 2013 zeichnen sich deutsche Gründungen aber bereits durch eine hohe Innovationsfähigkeit aus. Soweit kann ich ein positives Bild zeichnen. Aber viele gute Ideen werden in Deutschland erst gar nicht bis zum Ende realisiert, weil oft eine wichtige Rahmenbedingung, wie Geld oder Fachkräfte, nicht vorhanden ist. Es fehlen ein paar Ingredienzien, die beispielsweise in den USA schon lange existieren: Beispielsweise Risikokapital in großem Ausmaß oder etablierte Unternehmen, die einen Betrag riskieren, um zu Neuerungen beizutragen. In der staatlichen Innovationsförderung passiert viel, aber die private Seite ist noch ausbaufähig. Inventionsstätten, wie zum Beispiel Fraunhofer-Gesellschaften, sind nicht ursächlich darauf ausgerichtet, um Ausgründungen zu ermöglichen. Manchmal ist schlichtweg auch in Gründerteams einfach zu wenig Hochtechnologieverständnis oder Managementkompetenz vorhanden.

Erschwert werden manche Gründungen auch durch das deutsche Datenschutzrecht. Zwar werden durch das Vollzugsdefizit beim deutschen Datenschutzrecht Innovationen nicht verhindert, mindestens aber erschwert. Es besteht oftmals eine sehr hohe Rechtsunsicherheit darüber, ob ein Geschäftsmodell datenschutzkonform ist oder nicht.

ecm: Wie könnte der Prozess beschleunigt werden?

Prof. Dr. Thomas Schildhauer:Indem die in Deutschland traditionell geschlossenen Innovationsprozesse, also die „closed shops“, schneller geöffnet werden. Am besten bereits im Entwicklungsprozess. Je breiter wir den Prozess im Sinne der „Open Innovation Methodik“ öffnen, desto größer ist die Chance, mit kollektiver Intelligenz, beispielsweise mit Impulsen von Kunden, Partnern und Mitarbeitern, zu breiteren Ansätzen zu kommen. Das kann auch bedeuten, dass Unternehmen hier und da versuchen sollten, auch schon mal mit Ideen an den Start zu gehen, die an der Nutzer-Oberfläche vielleicht noch nicht perfekt geschliffen sind, aber es möglich machen, das Feedback der User schnell einholen und integrieren zu können. So und durch die Nutzung von internetbasierten Kollaborationsplattformen lassen sich auch unterschiedliche Gruppen Kreativer, wie Marktforscher und Ingenieure, frühzeitiger einbinden.

ecm: Von wem können die Deutschen lernen, wenn es darum geht, intuitivere Online-Anwendungen für behördliche Prozesse zu schaffen?

Prof. Dr. Thomas Schildhauer: Beispielsweise von den nordischen Staaten, wo Behördenprozesse wesentlich schlanker organisiert sind. Australien hat hervorragende eGovernment-Strukturen mit sehr geringen Einstiegshürden. Das schauen wir uns in Deutschland natürlich auch alles ganz genau an und versuchen, adäquate Lösungen für uns abzuleiten und Best Practices zu übertragen.

ecm: Was macht eine wirklich gute Innovationsidee aus?

Prof. Dr. Thomas Schildhauer: Innovative Ideen brauchen einen gewissen Stickiness-Faktor. Sie müssen unbedingt die „Haben wollen“-Funktion erfüllen, echten Nutzen stiften und Spaß machen. Preisgefüge und Leistung und Qualität müssen stimmen und dürfen nicht enttäuschen. Ganz wichtig bei der Weiterentwicklung vorhandener Produkte ist das „Aha“-Erlebnis eines zusätzlichen Nutzens durch die innovative Weiterentwicklung des jeweiligen Produktes oder der Dienstleistung.

ecm: Welchen Beitrag kann eIDEE bei all dem leisten?

Prof. Dr. Thomas Schildhauer: Es ist gut, dass die Preiskategorien beispielsweise um Schüler und Designer erweitert wurden. Damit wollen wir eine breitere Basis finden, mehr Menschen einbeziehen. Es geht ja gar nicht nur darum, tolle neue Ideen zu finden. Ziel ist ebenso, Weiterentwicklungen vorhandener Produkte zu ermöglichen. Beispielsweise gab es den MP3-Player schon lange, als Apple damit auf den Markt kam. Aber Apple ist es gelungen, das Produkt durch ein ansprechendes Design und eine Service-Plattform drum herum erlebbarer zu machen. Das wollen wir mit dem eIDEE-Wettbewerb auch anregen. Wir wollen dazu motivieren, sich auch mit ganz kleinen Ideen zu bewerben, die als Einzelteil vielleicht unspektakulär klingen, die wir aber vielleicht mit anderen Einreichungen zusammen packen können zu einer Gesamt-Idee. Vor dem Wettbewerb sollte niemand zu viel Respekt oder gar Angst haben, sondern einfach mitmachen.

 

Zum Hintergrund: eIDEE-Wettbewerb sucht nach Ideen für das Identitätsmanagement der Zukunft.

Ob bezahlen mithilfe biometrischer Gesichtserkennung, iPhone-Zugang via Fingerabdruck oder Türschloss mit Spracherkennung – tägliche News über gestohlene Passwörter erfordern neue Konzepte: Wie kann man Identitäten in der Online-Welt neu gestalten? Welche Tools und Technologien könnten zum Einsatz kommen? Und für welche Einsatzbereiche und Branchen sind sichere digitale Identitäten unverzichtbar? Diese Fragen stellen die Bundesdruckerei und Partner bei ihrem „eIDEE – Wettbewerb für den digitalen Handschlag“. Gesucht sind kreative Ideen für das Identitätsmanagement der Zukunft. Die Teilnahme ist einfach: Idee auf https://www.digitaler-handschlag.de/de/teilnehmen kurz beschreiben und Preise im Wert von rund 17.500 Euro gewinnen.


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