24.04.2023 – Kategorie: IT
Internetbetrug: Warum die Risiken für Onlinehändler steigen
Seit Jahren erfreut sich der Online-Einkauf immer größerer Beliebtheit. Doch dieser Trend ruft auch Kriminelle auf den Plan, die die Chance auf großes Geld wittern. Das Risiko, dabei auf frischer Tat ertappt zu werden, ist minimal. Völlig wehrlos gegen Internetbetrug sind Onlinehändler jedoch nicht.
Mittlerweile gibt es wohl kaum mehr einen Onlinehändler, der nicht bereits Opfer betrügerischer Absichten geworden ist. Die Täter legen dabei eine unglaubliche Kreativität an den Tag: ob Identitätsdiebstahl, die Angabe falscher Adressen oder die Behauptung, die Ware niemals erhalten zu haben. Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen führen solche Perfiditäten nicht selten zu existenzbedrohenden Verlusten. Dabei sind es nicht nur Trittbrettfahrer, die lediglich eine günstige Gelegenheit für Internetbetrug (auch als „Fraud“ bezeichnet) ausnutzen. Ganz im Gegenteil: Gerade in diesem Umfeld tummeln sich hochprofessionell aufgestellte Kriminelle, die den Shop-Betreibern enormen wirtschaftlichen Schaden zufügen. So mussten deutsche E-Commerce-Händler laut einer Umfrage im Jahr 2018 2,5 bis drei Milliarden Euro an Mehraufwand berappen, der ihnen durch betrügerische Machenschaften entstanden war.
Leichtes Spiel für Internetbetrug
Dass Internetshops mehr und mehr ins Visier von Betrügern geraten, ist nicht weiter erstaunlich. Denn letztere haben in mancher Hinsicht leichteres Spiel als etwa Ladendiebe:
- Durch die Anonymität des Internets lassen sie sich nur schwerlich aufspüren.
- Internetbetrug beim Bestellen wird zumeist erst mit einiger Verzögerung bemerkt. Der Täter konnte dann schon alle Spuren beseitigen und ist nicht mehr auffindbar.
- Da es weder Zeugen noch nennenswerte Spuren gibt, ist die Tat nur schwer nachzuweisen.
Das erklärt auch, weshalb die Aufklärungsquote solcher Straftaten relativ niedrig ist. Laut ZDF ließ sich im Jahr 2019 nur etwa ein Drittel dieser Delikte in Deutschland aufklären, in Berlin waren es sogar nur zwölf Prozent. Zudem werden viele dieser Fälle gar nicht erst strafrechtlich verfolgt, weil sich zum Beispiel der behördliche Aufwand – in Anbetracht der Schadenssumme – nicht rentiert oder weil sich die Kriminellen im fernen Ausland befinden.
Nachhaltig geschädigtes Vertrauen
Doch Internetbetrug zieht nicht nur finanzielle Verluste nach sich. Häufig damit verbunden sind auch Imageschäden, die im schlimmsten Fall zu einem Abwandern der Kunden zur Konkurrenz führen. So fand die Riskified Ltd. in einer Umfrage von 4.000 Verbrauchern und 400 E-Commerce-Händlern in Großbritannien, Frankreich, Deutschland und den USA heraus, dass der Online-Handel in einer Vertrauenskrise steckt. Denn die erschreckende Wahrheit: Ein großer Teil der Kunden gibt die Schuld nicht etwa den Betrügern, sondern tatsächlich den Händlern. Diese – so ein häufiger Vorwurf – seien gar nicht in der Lage, effektive Prävention vor Internetbetrug zu betreiben. Dass das Fraud-Risiko auch künftig zunehmen wird, davon sind annähernd 70 Prozent der US-Händler überzeugt, in Deutschland ist es immerhin noch die Hälfte.
Internetbetrug kein reines B2C-Phänomen
Dabei betrifft der Online-Fraud nicht allein das Endkundengeschäft. Auch der B2B-Bereich beklagt sich über ein starkes Wachstum an Betrugsversuchen. Für Shop-Betreiber aller Art gilt daher, sich darüber zu informieren, was die häufigsten Betrugsmaschen in ihrer jeweiligen Branche sind und worauf sie bei der Zusammenarbeit mit Geschäftspartnern wie Zahlungsdienstleistern besonderes Augenmerk legen müssen. Nur so können sie ihr individuelles Risiko, Opfer von Kriminellen zu werden, einschätzen und entsprechend geeignete Präventionsmaßnahmen ergreifen.
Für Internetbetrug besonders anfällige Branchen
Besonders gefährdet sind Shops in den Bereichen Elektronik, Kfz- und Kfz-Zubehör, Kosmetik und Parfümerie sowie im Schuhhandel. Dabei haben es die Betrüger vornehmlich auf Artikel abgesehen, die nicht nur teuer, sondern zugleich handlich sind und sich außerdem problemlos weiterverkaufen lassen. Hierzu zählen etwa Mobiltelefone, Schmuck, aber auch Edelmetall. Laut dem Statistik-Portal Statista sind im DACH-Raum einige Szenarien besonders häufig zu beobachten. Demnach gaben rund drei Viertel der befragten Händler an, dass sie bereits Opfer eines der folgenden drei Delikte geworden sind:
- Verfälschte Namen oder Adressen
- Identity Takeover (Nutzung der Identität einer fremden Person)
- Besteller wussten bereits im Vorfeld, dass sie die Ware nicht bezahlen können oder möchten.
Mehr als 50 Prozent der Shop-Betreiber wiederum hatten mit Kunden zu tun, die fälschlicherweise behaupteten, die Ware nie erhalten zu haben. Doch es gibt noch viele weitere Betrugsmaschen im Online-Bereich wie:
- Angabe von falschen Identitäten (Fakes),
- Angabe gestohlener oder fiktiver Zahlungsdaten,
- Rückgabe von lediglich ähnlichen Artikeln – statt des Originals,
- Retournierung von bereits gebrauchter oder sogar beschädigter Ware.
Lieferadressen-Betrug besonders beliebt
Beim Lieferadressen-Betrug handelt es sich um eine der häufigsten Formen des Internetbetrug. Dabei geht der Besteller meist nach einem der folgenden Muster vor:
- Der Betrüger gibt die Daten eines Nachbarn an, um dann die Lieferung direkt abzufangen, wenn der Zusteller das Paket abgeben will.
- Er nennt eine falsche Adresse und ändert die Anschrift beim zustellenden Unternehmen, sobald die Ware vom Händler abgeschickt wurde.
- Er gibt den eigenen Namen, aber die Nummer eines Nachbarhauses an. Kennt der Zusteller die Personen in seinem Lieferbezirk und liefert das Paket wider Erwarten doch an die richtige Hausnummer, bestreitet der Betrüger, die Ware je erhalten zu haben.
Um das Risiko, einem Online-Betrug aufzusitzen, auf ein Minimum zu reduzieren, ist es für den Shop-Betreiber daher unabdingbar, die angegebene Lieferadresse zu überprüfen. Eine ebenfalls häufige Betrugsmasche: Der „Käufer“ registriert sich mit falschen Stammdaten im Onlineshop und lässt sich den Artikel dann an eine Packstation liefern. Noch perfider ist die Variante mit gestohlener Identität. Hier gibt es nämlich gleich zwei Betrugsopfer: Zum einen den Händler, zum anderen einen unbeteiligten Dritten, dessen Identität missbraucht wurde und der außerdem eine ungerechtfertigte Zahlungsaufforderung erhält.
Feindliche Übernahme von Kundenkonten
Hinter so genannten Account Takeovers, bei denen ein bestehendes Kundenkonto durch Phishing oder Datendiebstahl gehackt und übernommen wird, stecken im Normalfall kriminelle Profis. Anders gelagert ist dies beim innerfamiliären Datenmissbrauch. Dieser lässt sich zwar relativ leicht aufklären. Um den Kunden nicht zu verlieren, sollten die Händler hier allerdings mit hoher Sensibilität vorgehen.
Leider handelt es sich bei ausbleibenden Zahlungen nicht immer nur um Vergesslichkeit des Kunden, sondern um gezielten Internetbetrug. Weiß der Kunde etwa schon beim Kauf, dass er gar nicht in der Lage oder willens ist zu zahlen, liegt ein sogenannter Eingehungsbetrug vor. Auch wenn der Onlinehändler alles daran setzt, die Bezahlung der Ware durchzusetzen, handelt es sich immer um ärgerlichen, nicht selten vergeblichen Zusatzaufwand. Hier heißt es also, Betrugsprävention zu betreiben. Abhilfe schaffen etwa Auskunfteien, deren Lösungen – zum Beispiel auf Basis einer künstlichen Intelligenz – den Besteller innerhalb weniger Minuten hinsichtlich seiner Identität und Zahlungsmoral überprüfen.
Risikobewertung statt böser Überraschung
Auch künftig wird die Gefahr von Fraud-Fällen für Onlinehändler nicht geringer. Ganz im Gegenteil – vielmehr ist mit einem weiteren Anstieg zu rechnen. Um sich gegen betrügerische Machenschaften zu wappnen, heißt es für die Unternehmen, sich im ersten Schritt bewusst zu machen, wie ein Betrug im eigenen Onlineshop aussehen könnte und anschließend geeignete präventive Maßnahmen zu ergreifen. Mit deinem Identitätscheck ist es möglich, böse Überraschungen zu vermeiden und den Betrügern das Handwerk zu legen.
Über die Autorin: Tatjana Manzke ist Head of Sales & Marketing bei der Wirtschaftsauskunftei Regis24. Zuvor war sie zehn Jahre im Bereich Sales in der Versicherungsbranche tätig. (sg)
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