18.07.2022 – Kategorie: Marketing
Kündigungsfristen: So erhöhen Unternehmen die Kundenbindung trotz flexibler Verträge
Seit dem 1. Juli 2022 ist für dauernde Schuldverhältnisse ein Kündigungs-Button auf Webseiten verpflichtend. Für seit dem 1. März 2022 abgeschlossene Verträge gelten bereits Kündigungsfristen von einem Monat nach abgelaufener Grundlaufzeit. Wie Unternehmen trotz flexibler Verträge Churn reduzieren und Kunden binden können.
Der Verbraucher ist durch die neuen Regelungen seit Juli 2022 besser vor automatischen Vertragsverlängerungen und langen Kündigungsfristen geschützt. Nun lassen sich Verträge leichter kündigen. So müssen Unternehmen sicherstellen, dass der Verbraucher auf der Website durch eine eindeutig erkennbare und leicht zugängliche Schaltfläche eine Erklärung zur Beendigung des Vertrags abgeben kann. Zudem ist der Anbieter, verpflichtet, dem Kunden eben diese Vertragskündigung unmittelbar nach Zugang unter Angabe des Enddatums zu bestätigen.
Kündigungsfristen: Auswirkungen auf Verbraucher und Unternehmen
Für Unternehmen könnten diese Änderungen zu verstärktem Churn führen, vor allem dann, wenn es sich um Unternehmen handelt, die Abonnements, beispielsweise für Zeitschriften oder Streaming-Dienste anbieten, die zuvor nur jährlich kündbar waren. Durch die neuen Vorgaben könnte sich der Lebenszyklus des Kunden verkürzen. Dabei gilt: Je länger ein Kunde gehalten werden kann, desto profitabler ist er für das Unternehmen. Jene stehen nun vor der Herausforderung, den Vertrag verbraucherfreundlicher zu gestalten, dabei aber die Kontrolle über die Wirtschaftlichkeit zu behalten.
Wenn ein Kunde kündigen will, kann ein Unternehmen ohnehin nicht viel tun. Ist ein Kunde jedoch unentschlossen, sollten Anbieter ihm die Fortsetzung des Abonnements möglichst einfach und das Kundenerlebnis möglichst angenehm gestalten. Dazu gehören sichere Prozesse, um unnötige Kundenverluste zu vermeiden, beispielsweise durch die Optimierung von Backend-Verwaltungsabläufen wie Vertragsabwicklung, Zahlungen und Kundendienst. Schließlich kann eine effiziente Abwicklung eine Menge Kosten pro Kunde (Cost to Serve) bei flexiblen Kündigungsfristen einsparen. Zudem kann sich gleichzeitig die Kundenzufriedenheit und die freiwillige Kundenbindung verbessern. Neben der Kundenakquise ist die Kundenbindung Teil des Umsatzwachstums.
Bis zu 40 Prozent kündigen wegen Zahlungsproblemen
Warum ein Kunde sich dazu entschließt zu kündigen, kann viele Gründe haben, etwa ein unzureichender Kundenservice oder ein mangelndes Preis-Leistungsverhältnis. Kundenservice ist ein Dauerthema. Eine Forsa-Umfrage von 2018 von 1.101 befragten Personen zeigt, dass jeder fünfte Befragte unzufrieden mit dem Kundenservice war. Vor allem das Thema Erreichbarkeit fiel negativ auf. Daneben wurden Bearbeitung des Anliegens und zu lange Warteschleifen kritisiert. Allerdings lässt sich bereits einiges im Vorfeld optimieren, bevor der Kundenservice überhaupt benötigt wird oder auch Kündigungen ohne einen Kontakt zum Service stattfinden.
Zahlungsprobleme sind eine Hauptursache für Kündigungen. So kündigen 20 bis 40 Prozent der Anbieter Abo-Verträge wegen Zahlungsausfällen. Zum Beispiel, weil das Konto des Kunden nicht gedeckt ist oder weil die hinterlegte Kreditkarte ihre Gültigkeit verliert. Solche Kündigungen werden als unfreiwillige Abwanderung bezeichnet. Ein Kundenverlust, nicht weil der Kunde kündigen möchte, sondern aufgrund eines Fehlers. Der Kunde bekommt im schlimmsten Fall automatisch keine Leistung mehr.
Kündigungsfristen: Niedrige Churn-Rate bei Zahlungen per Lastschrift
Zahlungen, die nicht direkt über Bankkonten gehen, erzeugen übermäßig Zahlungsprobleme. GoCardless hat in Zusammenarbeit mit dem Zuora Subscribed Institute ermittelt, dass die jährliche Churn-Rate bei Kunden, die mit Lastschrift zahlen, bei nur vier Prozent liegt. Die Kündigungsrate bei Kunden, die mit Kreditkarte zahlen, liegt 3,5-mal so hoch (14 Prozent). Bei Digital Wallets ist diese mit 16 Prozent am höchsten. Zwischen der Zahlungsmethode und der Zahl der Kundenabgänge besteht eine klare Korrelation. Unternehmen können die Kundenbindung trotz kurzer Kündigungsfristen stärken, indem sie zu direkten Bankzahlungen anregen.
Diese Erfahrung konnte auch der international tätige Anbieter für digitale Vertragsunterzeichnung, DocuSign, machen. Die Bindungsrate für GoCardless-Zahler lag nach zwölf Monaten der Nutzung von DocuSign bei 70 Prozent, verglichen mit 69 Prozent bei Kreditkarten und 61 Prozent bei PayPal. Dies ist darauf zurückzuführen, dass es bei Kunden, die per Banküberweisung zahlen, weniger unfreiwillige Abwanderung (aufgrund von Zahlungsausfällen) gab. Das führte letztlich zu einem höheren Customer Lifetime Value (LTV).
Neue Zahlungsmöglichkeiten verringern die Cost to Serve
Mit Einzug des Open Bankings sind Bankzahlungen ernstzunehmende Konkurrenten für Kreditkarten, die Anbieter nicht für den Onlinehandel entwickelt haben. Vorteile, die Kreditkarten Händlern bieten, etwa eine sofortige Zahlung, lassen sich über direkte Bankzahlungen (Konto-zu-Konto-Zahlungen) mithilfe von Open Banking abbilden. Und das bei weitaus geringeren Kosten. Dies verringert automatisch die Cost to Serve für Unternehmen. Eine von der Fintech Times durchgeführte Analyse britischer Transaktionen hat anhand typischer Einkäufe über Amazon, eBay und Shopify berechnet, dass die Umstellung von Kreditkarten-Transaktionen auf Open-Banking-Transaktionen die Transaktionsgebühren um 92 Prozent senken und mehr als 80 Millionen britische Pfund einsparen würde.
Open-Banking-Transaktionen sind schneller, flexibler und können nahtlos in Webseiten oder in Checkouts eingebettet und mit Buchhaltungssystemen integriert werden. Eine direkte Autorisierung des Kunden über das Bankkonto kann die Betrugsprävention deutlich verbessern. Die Sichtbarkeit der Zahlung und automatischer Abgleich im Buchungssystem sind für das Controlling entlastend und können den Kundenservice verbessern. Die Bankabbuchung wird weiterhin ihre Cashflow-, Kosten- und Kundenbindungs-Vorteile bieten, weil sich Kontodaten selten ändern – und so kann unfreiwilliger Churn reduziert werden. Unternehmen sparen dadurch jede Menge Aufwand: Mahnschreiben, Arbeitszeit für den Kundenservice und vor allem ersparen ihren Kunden ärgerliche Post und manuellen Aufwand. Sollten Zahlungserinnerungen doch nötig sein, kann der Kundenservice mit Open Banking einen Paylink versenden, der den Kunden nahtlos eine direkte Bankzahlung ermöglicht.
Trotz flexibler Kündigungsfristen Kündigungsquote niedrig halten
Direkte Bankzahlungen von einem Konto auf ein anderes bieten eine Reihe von Vorteilen für Unternehmen. Zum einen können sie Kundenabwanderung reduzieren, da sie in ihrer Handhabung benutzerfreundlicher und kundenorientierter sind. Vor dem Hintergrund flexibler Abo-Modelle und Kündigungsfristen erleichtern sie die Zahlungsabwicklung und reduzieren Zahlungsausfälle, die einen häufigen Grund für Kundenunzufriedenheit und Kündigungen darstellen. In Kombination mit Open Banking reduzieren direkte Bankzahlungen die Transaktionsgebühren für Händler und Kunden, verbessern und automatisieren Prozesse und machen Kreditkartenzahlungen damit ernstzunehmende Konkurrenz. Aufgrund ihrer Vorzüge prognostiziert der Worldpay Global Payments Reports Open Banking-fähigen Konto-zu-Konto Zahlungen in der EU eine jährliche Wachstumsrate von 78 Prozent.
Händler sollten die Möglichkeiten von Open Banking nutzen und Kunden anbieten, um Transaktionskosten einzusparen und die Kundenzufriedenheit in Bezug auf die Zahlungsabwicklung zu steigern. Außerdem gilt: Zahlungsmöglichkeiten sollten divers sein. Denn Unternehmen, die mehr als fünf Zahlungsmethoden akzeptieren, verzeichnen fünf Prozent weniger Kundenabgang als solche Unternehmen, die nur drei oder weniger Methoden anbieten. Allein fünf Prozent weniger Kundenabgang kann den Gewinn enorm steigern – denn mehr als 70 Prozent des Umsatzes werden in Käufen nach dem ersten Kauf generiert.
Zahlungsabwicklung wirkt sich auf Kundenzufriedenheit aus
Die Abwicklung der Zahlungsmöglichkeit kann eine große Rolle in Bezug auf die Kundenzufriedenheit spielen. Unternehmen sollten Konto-zu-Konto Zahlungen in die Auswahl ihrer Bezahlmöglichkeiten nehmen, um Verwaltungsfehler wie Zahlungsausfälle effektiv vorzubeugen. Zudem können sie dadurch Kundenabwanderung und Vertragskündigungen aufgrund von Kundenunzufriedenheit bei der Zahlungsabwicklung reduzieren.
Definition von A2A-Payments: Bei Konto-zu-Konto-Zahlungen (A2A) wird Geld direkt von einem Konto auf ein anderes überwiesen, ohne dass zusätzliche Mittelsmänner oder Zahlungsinstrumente wie Karten erforderlich sind.
Definition von Cost to Serve: Die Cost to Serve ist die Grundlage zur Ermittlung und Nutzung von Kostensenkungspotenzialen unter Berücksichtigung aller relevanten Kostenarten. In Verbindung mit den Einnahmen ermöglicht die Cost-to-Serve-Analyse eine genaue Berechnung der Rentabilität nach Kunden, Produkttypen, Produktionslinien, Anlagen und Prozessen. Insbesondere über Zahlungsmethoden und Buchhaltungssysteme lassen sich die Cost-to-Serve – also die Kosten pro Kunde oder Vertrag – senken.
Customer Lifetime Value: Der Customer Lifetime Value ist der durchschnittliche Wert, den ein Kunde während seiner Zeit als Kunde für ein Unternehmen hat.
Über die Autorin: Alexandra Chiaramonti ist General Manager für Kontinentaleuropa bei GoCardless. Sie ist verantwortlich für die Förderung des zukünftigen Wachstums und leitet das Sales und Account Executive Team. Vor ihrer Tätigkeit bei Gocardless war Alexandra Chiaramonti CEO bei GoBeep und hatte Führungspositionen bei Criteo und Teemo inne.
Lesen Sie auch: Open Banking: GoCardless führt Features für Einmalzahlungen und Betrugsprävention ein
Teilen Sie die Meldung „Kündigungsfristen: So erhöhen Unternehmen die Kundenbindung trotz flexibler Verträge“ mit Ihren Kontakten:
Zugehörige Themen:
Abonnement, Customer Experience, Customer Journey, E-Commerce & Onlinehandel, E-Payment, Kundenbindung, Kundenservice, Kundensupport, Zahlungsdienstleister