19.06.2023 – Kategorie: Marketing, Recht

Kundenbewertungen: Wie Onlinehändler diese rechtskonform nutzen

Die Bedeutung von Kundenbewertungen im E-Commerce ist groß. Laut einer Umfrage des Bitkom von Ende 2020 nutzen mehr als die Hälfte der Befragten Rezensionen als wesentliche Informationsquelle vor einem Kauf. Während negative Rezensionen abschreckend wirken, erhöhen überwiegend positive Bewertungen die Kaufbereitschaft.

Sind Kundenbewertungen ein hoch wirksames und ohne Beschränkungen zu verwendendes Werbemedium? Man könnte hier antworten: „Im Prinzip ja!“ Doch müssen die Bewertungen richtig sein. Die Rechtsprechung offenbart jedoch, dass vereinzelt schwarze Schafe ihre Verkaufszahlen durch gefälschte Kundenbewertungen zu ihren Gunsten positiv beeinflussen wollen. Dieses Verhalten schadet nicht nur den fairen Wettbewerb, sondern auch den Verbraucherschutz. Was also sind die Anforderungen an die Verwendung von Kundenbewertungen?

Kundenbewertungen im europäischen und nationalen Recht

Die „Omnibus-Richtlinie“ der EU (2019/2161) regelt auf europäischer Ebene unter anderem die Anforderungen an Kundenbewertungen, die die Staaten in nationales Recht implementiert haben. In Deutschland vor allem in das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Sie bezweckt den Schutz der Verbraucher vor falschen oder irreführenden Informationen. Außerdem die Verpflichtung der Anbieter zu mehr Transparenz und Verantwortung.

Nach den Bestimmungen dieser Richtlinie müssen Unternehmer, die Kundenbewertungen verwenden oder anzeigen, ihre Kunden unter anderem darüber aufklären, ob und wie sie gewährleisten, dass die Bewertungen von anderen Verbrauchern stammen, die die angebotenen Waren und Dienstleistungen tatsächlich genutzt oder erworben haben. Der Unternehmer muss dabei angeben, ob er Maßnahmen zur Überprüfung der Richtigkeit der Kundenbewertungen getroffen hat. Und wenn ja, welche angemessenen Maßnahmen dies sind.

Das UWG verbietet zudem die Irreführung von Verbrauchern durch falsche oder unvollständige Angaben. Eine unlautere Handlung im Sinne des UWG liegt insbesondere dann vor, wenn Unternehmen mit falschen oder sonstigen täuschenden Angaben über wesentliche Merkmale von Produkten oder Dienstleistungen werben. Dies gilt auch für Kundenbewertungen, die nicht der Wahrheit entsprechen oder die Gesamtbewertung verfälschen.

Wann Kundenbewertungen als falsch einzuordnen sind

Falsch sind Kundenbewertungen, wenn sie nicht auf einer realen Erfahrung des Kunden mit dem Produkt oder der Dienstleistung beruhen oder die Bewertung erfunden ist. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Anbieter selbst oder durch einen beauftragten Dienstleister positive Bewertungen erstellt oder veröffentlicht. Oder aber Kunden für Bewertungen belohnt oder bedrängt. Ein solches Verhalten widerspricht den Prinzipien der Authentizität, Transparenz und Objektivität, die für Kundenbewertungen gelten sollten. Für Kundenbewertungen gilt sowohl deutsches als auch europäisches Recht, das den Verbraucherschutz regelt und den unlauteren Wettbewerb bekämpft.

Konsequenzen, die bei Verstößen drohen

Das UWG sieht verschiedene Rechtsfolgen und Rechtsmittel für Verstöße vor, wie u.a. ein Unterlassungsanspruch, der beispielsweise von Mitbewerbern oder Verbraucherverbänden geltend gemacht werden kann. Darüber hinaus kann eine unlautere Handlung nach dem UWG auch eine Straftat darstellen. Diese kann mit einer Geldbuße oder einer Freiheitsstrafe sanktioniert werden. In Betracht kommt auch ein Schadensersatzanspruch, der von Mitbewerbern oder mittlerweile auch Verbrauchern geltend gemacht werden kann, wenn diese durch die Irreführung einen Schaden erlitten haben.

Der Gesetzgeber erachtet eine Irreführung über die Echtheit von Verbraucherbewertungen sowie die Verwendung gefälschter Verbraucherbewertungen als so schwerwiegend an, dass diese Verhaltensweisen in die Schwarze Liste des UWG aufgenommen worden sind. Sie gelten per se als unlautere und damit verbotene Handlung. Auch wenn sie in der Praxis eine eher untergeordnete Rolle spielen, können im Zusammen-hang mit falschen Kundenbewertungen auch strafrechtliche Bestimmungen in Betracht kommen. Beispielsweise kann ein Betrug – der mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird – verwirklicht werden, wenn ein Kunde durch die vorsätzlich erstellten falschen Kundenbewertungen dadurch veranlasst wird, ein Produkt zu erwerben, das nicht den versprochenen Eigenschaften entspricht und der Anbieter dadurch einen Gewinn erzielt.

Die bisherige Entscheidungspraxis deutscher Gerichte

Auch wenn die Rechtsprechung zu falschen Kundenbewertungen noch recht jung ist, ist bereits jetzt eine einheitliche Linie erkennbar. Internethändler haften grundsätzlich für falsche Kundenbewertungen. In einer Entscheidung des Oberlandesgerichtes Hamburg (Urteil v. 07.06.2018, Az. 3 U 94/17) aus dem Jahr 2018 stellte der Senat fest, dass derjenige, der im Internet mit Produktbewertungen wirbt, die entgegen der Erwartung des Verkehrs nicht von Käufern des beworbenen Produkts stammen, den angesprochenen Verkehr in die Irre führt. Dem Händler ist untersagt worden, mit Bewertungen zu werben, die nicht von Käufern der Matratze verfasst wurden. Weiter hat das Landgericht München I (Urteil v. 14.11.2019, Az. 17 HK O 1734/19) im Jahr 2019 entschieden, dass eine Hotelbewertung auf einem Bewertungsportal wettbewerbswidrig ist, wenn der Bewertende das Hotel selbst nicht besucht hat.

Der Bundesgerichtshof (Urteil v. 20.02.2020, Az. I ZR 193/18) stellte zudem fest, dass Anbieter von Produkten auf einer Online-Handelsplattform keine wettbewerbsrechtliche Haftung trifft. Solange sie sich zugehörige Rezensionen nicht zu eigen machen. Bei der Bewertung, ob sich eine wegen wettbewerbswidriger Werbung in Anspruch genommene Person fremde Äußerungen zu eigen macht, komme es entscheidend darauf an, ob sie nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die Äußerungen Dritter übernimmt. Oder den zurechenbaren Anschein erweckt, sie identifiziere sich mit ihnen.

Falsche Kundenbewertungen erkennen und vermeiden

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie Internethändler und Betreiber von Plattformen falschen Kundenbewertungen vorbeugen können:

  • Moderne Technologien und Algorithmen nutzen, um Fake-Rezensionen zu erkennen und zu filtern. Zum Beispiel durch die Analyse von Sprachmustern, IP-Adressen, Kaufverhalten, Zeitstempeln, Bewertungsmustern oder Anomalien.
  • Die Kunden einladen, Rezensionen zu bewerten, zu kommentieren oder zu melden, indem sie ihnen die Möglichkeit geben, die Nützlichkeit, Genauigkeit oder Angemessenheit von Rezensionen zu beurteilen. Oder verdächtige oder unangemessene Rezensionen zu signalisieren, zum Beispiel durch ein Hilfreich- oder Missbrauch-Melden-Button.
  • Die Kunden dazu motivieren, Rezensionen zu vertrauen, indem sie ihnen die Glaubwürdigkeit, Qualität oder Vielfalt der Rezensionen zeigen oder garantieren. Zum Beispiel durch ein Gütesiegel, eine Zertifizierung, eine Auszeichnung, oder eine Partnerschaft.

Es bietet sich zudem an, eine klare und transparente Guideline für Rezensionen zu erstellen, an der sich die Mitarbeiter, die für die Prüfung von potenziellen falschen Kundenbewertungen zuständig sind, orientieren können. Hier sollten die Erwartungen und Anforderungen für authentische, relevante und respektvolle Bewertungen festlegt werden.

Kommunikation zur Prüfung von Kundenbewertungen

Sofern ein Unternehmer mit Kundenbewertungen wirbt, muss er die Echtheit sicherstellen und dem Verbraucher über diesen Prozess informieren. Gibt der Unternehmer an, die Kundenbewertungen stimmten mit der Wirklichkeit überein, muss darüber informiert werden, dass eine entsprechende Überprüfung durch den Unternehmer erfolgt und welche von ihm implementierten Prozesse und Verfahren der Prüfung der Echtheit der Verbraucherbewertungen dienen.

Es gibt zwar keine eindeutige gesetzliche Vorgabe, wie Online-Händler ihre Kunden über die Kundenrezensionen informieren müssen, aber es gibt einige allgemeine Grundsätze, die aus dem Wettbewerbsrecht, dem Verbraucherschutzrecht und dem Datenschutzrecht abgeleitet werden können:

  • Transparenz: Online-Händler müssen ihre Kunden klar und verständlich darüber in-formieren, ob, wie und zu welchem Zweck sie Kundenrezensionen sammeln, verarbeiten, veröffentlichen oder nutzen. Sie müssen auch angeben, ob sie die Rezensionen prüfen, filtern, bearbeiten, löschen oder beeinflussen können, und ob sie dafür eine Gegenleistung erhalten oder bieten.
  • Wahrheitspflicht: Online-Händler dürfen keine falschen, irreführenden oder manipulierten Kundenrezensionen verwenden, um ihre Produkte oder Dienstleistungen anzupreisen oder die Konkurrenz zu diskreditieren. Sie dürfen auch keine Rezensionen veröffentlichen, die gegen geltendes Recht oder die guten Sitten verstoßen, z.B. durch Beleidigungen, Schmähungen oder Werbung für andere Anbieter.
  • Einwilligung: Online-Händler müssen die Einwilligung der Kunden einholen, bevor sie deren personenbezogene Daten, wie z.B. Namen, E-Mail-Adressen oder Fotos, für die Erstellung, Veröffentlichung oder Nutzung von Kundenrezensionen verwenden. Dabei müssen auch die Datenschutzbestimmungen und die Nutzungsbedingungen für die Kundenrezensionen klar und verständlich zur Verfügung gestellt und eingehalten werden.

Kundenbewertung bleibt ein juristisches Dauerthema

Falsche Kundenbewertungen verstoßen gegen deutsches und europäisches Recht, das den Verbraucherschutz und den unlauteren Wettbewerb regelt. Internethändler, die mit manipulierten Kundenbewertungen werben, haften für die Folgen ihrer unlauteren Praktiken und können mit Sanktionen belegt werden. Unabhängig von dieses Sanktionsmöglichkeiten ist jedoch nicht zu erwarten, dass das Thema „gekaufte Kundenbewertungen“ auf absehbare Zeit wieder verschwinden wird. In einer Mitteilung vom 9. März 2023 teilt die Wettbewerbszentrale mit, dass sie im vergangenen Jahr bis März dieses Jahres 72 Beschwerden zu dieser irreführenden Werbepraxis erhalten habe. Die Dunkelziffer wird um ein Vielfaches höher sein.

Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Händler ein funktionierendes System aufsetzen, um falschen Bewertungen vorzubeugen. Es steht außer Frage, dass Kundenbewertungen für Händler grundsätzlich ein nützliches und wertvolles Instrument sind, um das Vertrauen und die Zufriedenheit anderer Kunden nachzuweisen. Und auf diese Weise die Qualität ihrer Produkte oder Dienstleistungen zu demonstrieren. Um keine rechtlichen Sanktionen fürchten zu müssen ist dabei jedoch immer der Grundsatz zu beachten, dass diese Bewertungen objektiv sein und der Wahrheit entsprechen müssen.

Dr. Constantin Rehaag ist Partner der globalen Wirtschafts- und Anwaltskanzlei Dentons.
Dr. Carsten Goldstein ist Associate
bei Dentons. (Bilder: Dentons)

Über die Autoren

Dr. Constantin Rehaag ist Partner der globalen Wirtschafts- und Anwaltskanzlei Dentons in Frankfurt a. M. und Co-Leiter der Praxisgruppe IP/T in Deutschland. Er verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes, des unlauteren Wettbewerbs und des Rechts der Geschäftsgeheimnisse. Seine Schwerpunkte liegen in der Prozessführung im Bereich des unlauteren Wettbewerbs und des gewerblichen Rechtsschutzes und der Bekämpfung von Produktpiraterie. Außerdem bei zusammenhängenden strafrechtlichen Angelegenheiten und der Verfolgung von Marken und Geschmacksmustern.
Dr. Carsten Goldstein ist Associate bei Dentons in Frankfurt a. M. Er ist Mitglied der Praxisgruppe Intellectual Property and Technology der Kanzlei. Er berät nationale und internationale Mandanten auf allen Gebieten des gewerblichen Rechtsschutzes. Sein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Marken-, Urheber-, und Wettbewerbsrecht. (sg)

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Aufmacherbild: vegefox.com – Adobe Stock


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