16.11.2022 – Kategorie: eCommerce

Kundengewinnung: Wie sich Shop-Betreiber auf einen harten Winter vorbereiten

Passend zu den Herbsttagen verdunkelt sich auch das Konsumklima. Die hohe Inflation verhagelt den Konsumenten die Laune. So ist der Konsumklima-Index der GfK im September auf einen Negativwert von minus 36,8 Punkten gesunken und soll noch weiter sinken. Wie Onlinehändler jetzt bestehende Kunden halten und neue gewinnen.

Probleme bereitet das vor allem dem Onlinehandel. Als der GfK-Index in der Corona-Pandemie letztmals derart sank, boomte das Online-Geschäft. In der Pandemie hatten schließlich viele Läden zu, daher bestellten die Verbraucher Konsumgüter in Onlineshops. Dieses Mal setzen die Menschen den Rotstift jedoch bei ihren Online-Ausgaben an. Das geht aus dem „European E-Commerce-Report“ des Finanzdienstleisters Mollie hervor, für den über 3.000 Konsumenten in Deutschland, Österreich, den Niederlanden, Frankreich, Belgien und Großbritannien befragt wurden. Und die Befragten aus Deutschland machen deutlich: Bleibt die wirtschaftliche Lage schlecht, wollen 77 Prozent ihre Onlineeinkäufe reduzieren. Das hat auch Folgen für die Kundengewinnung.

Kundengewinnung: Hoffnungen auf Black Friday und Cyber Week

Dabei hat der immense Boom des E-Commerce in den vergangenen Jahren für so etwas wie Goldgräberstimmung gesorgt. Branchenübergreifend eröffneten unzählige Unternehmen Onlineshops. Ganz egal, ob lange etablierte Player, neue Anbieter, der B2C-Modehändler oder der traditionelle Produzent von B2B-Gütern. Die Corona-Pandemie befeuerte (die lange überfällige) Digitalisierung der Vertriebskanäle im deutschen Handel.

Das bedeutet allerdings auch: Jetzt, wo die Kundinnen und Kunden ihre Ausgabengürtel enger schnallen, ist der Konkurrenzkampf um diese sinkenden Budgets umso härter. Viele Unternehmer legen bei der Kundengewinnung ihre Hoffnungen daher auf den Black Friday und die Cyber Week. Jährlich setzen deutsche Händler an diesen Aktionstagen Milliarden um. Und angesichts der sinkenden Konsumbereitschaft bei Normalpreisen hoffen einige Shop-Betreiber, dass der Black Friday zur Jagd nach Schnäppchen motiviert. Dabei sind die Zahlen aus dem Vorjahr ein kleiner Dämpfer. Laut dem französischen E-Commerce-Lösungsanbieter Criteo stiegen 2021 zwar die Bestellungen, der Gesamtumsatz sank jedoch rund um den Globus.

Doch neben all den schlechten Nachrichten, gibt es auch eine gute: Der „European E-Commerce-Report“ von Mollie analysierte nicht nur das europäische Konsumklima, sondern befragte die Verbraucher auch nach ihren Entscheidungskriterien bei der Händler-Wahl, warum sie Online-Einkäufe abbrechen oder was sie an Händler bindet. So können Onlinehändler mittels der Ergebnisse ableiten, was sie tun müssen, um nicht nur am Black Friday gegen ihre Konkurrenz zu gewinnen. Sondern wie sie auch in den folgenden Monaten Onlineshopper an sich binden:

Kundengewinnung: Was sich Verbraucher von Onlinehändlern wünschen

Warum entscheiden sich Kundinnen und Kunden für einen Onlinehändler? Die Antwort juckt schon in den Fingern: Ist es der Preis oder eher der Versand? Die sind zwar zwei wichtige Faktoren, überraschenderweise ist aber etwas ganz anderes der maßgebliche Entscheidungstreiber vieler Deutscher: schnelle und einfache Bezahlmethoden. So wählen 76 Prozent der Konsumenten in Deutschland einen Webshop aufgrund der angebotenen Bezahlmethoden. Bietet dieser nicht das präferierte Zahlungsmittel, ziehen die Interessenten weiter. Noch entscheidender sind die Bezahlmethoden für die Customer Retention, also dafür, dass die Kunden auch für weitere Einkäufe wiederkommen. Neun von zehn Befragten kaufen wiederholt bei bestimmten Online-Händlern ein, da diese die präferierten Bezahlmethoden anbieten.

Damit sind Bezahlmethoden den Deutschen – überraschenderweise – wichtiger als der Versand oder der Preis. Was sind die beliebtesten Bezahlmethoden der Deutschen? 64 Prozent der in Deutschland befragten Konsumenten bezahlen am liebsten über PayPal. Die altehrwürdige Kredit- und Debit-Karte läuft mit 40 Prozent auf Platz zwei ins Ziel. Der Rechnungskauf ist die drittbeliebteste Zahl-Methode (37 Prozent). Zwar ist PayPal auch in den anderen befragten Ländern stets auf Platz eins oder zwei, doch nirgends ist der Vorsprung so groß wie in Deutschland.

Versand- und Retourenabwicklung sowie Preisgestaltung

Trotzdem bleiben gerade die Versandbedingungen und Retouren-Abwicklung sowie die Preisgestaltung weiter wichtig für die Meinungsbildung der Kunden. Die Versand- und Retourenpolitik hat dabei einen besonderen Einfluss auf das „Shopping-Cart-Abandonment“. Dies bedeutet letztlich, dass Käufer Waren in ihren Einkaufswagen hinzufügen, den Kaufprozess aber nicht abschließen (und stattdessen woanders einkaufen). Ganz konkret lassen über die Hälfte (58 Prozent) der Deutschen ihren Online-Einkaufswagen zurück, wenn ihnen im Zuge des Checkout-Prozesses hohe Versandkosten oder zusätzliche Gebühren auffallen, die vorher nicht transparent aufgelistet wurden.

Ein konkretes Beispiel sind manche Airlines oder Buchungsportale, die erst kurz vor Abschluss Steuern und Service-Gebühren auf ihre Ticketpreise aufschlagen. Oder früher Konzertveranstalter, die erst beim Bezahlvorgang auf Kreditkartengebühren hinwiesen. Shop-Betreiber müssen also bei der Kundengewinnung nicht nur dafür sorgen, dass der Versand reibungslos und schnell funktioniert (das ist ein weiterer wichtiger Treiber für Kundenloyalität), sondern dass Kunden auch während des Kaufs und Checkouts stets transparent über alle Kosten informiert werden. Außerdem legen Verbraucher in Deutschland und Europa großen Wert auf kostenlose Retouren. Dies alles kann gerade kleineren Händlern gehörige Kopfschmerzen bereiten. Glücklicherweise gibt es bereits Services von Drittanbietern wie Sendcloud, die sich hierfür in das Onlineshop-System integrieren lassen, um diesen Prozess zu verwalten.

Chatbots unterstützen Kundengewinnung

Der Chatbot AliMe des chinesischen Versandhändlers Alibaba beantwortete im Jahr 2021 über 300 Millionen Kundenanfragen. Und mittelständische Onlineshops haben jeden Tag tausende Website-Besucher, die hunderte Anfragen an die Händler schicken. Chatbots sind bereits seit langer Zeit gang und gäbe, um dieser Anfragen-Flut gerecht zu werden. Zumindest, wenn es um klassische Support-Funktionen geht, lockt dieser Terminus niemanden mehr hinter dem Ofen hervor.

Allerdings geht es im Jahr 2022 weniger um den Kunden-Support via Chatbot. Stattdessen ist Conversational Commerce das Gebot der Stunde. Kunden wollen vermehrt das stationäre Einkaufserlebnis, also die kurze Unterhaltung mit dem Verkäufer, das personalisierte „Erlebnis” in der digitalen Welt. Conversational Commerce beschreibt daher den persönlichen Austausch mit Kundinnen und Kunden auf der Website; etwa für Beratung, individuelle Angebote oder den Verkaufsabschluss. Laut einem gemeinsamen Bericht von Google und der Unternehmensberatung BCG geben 40 Prozent der Konsumenten online mehr aus als geplant, wenn der Webshop-Betreiber das Kundenerlebnis personalisiert.

Und hier kommen die Chatbots wieder ins Spiel. Diesmal nicht als Support-Funktion, sondern als automatisierter Berater. Käufer generieren bei jedem Website-Besuch, bei jedem Produkt, das sie anklicken, bei jedem Produktbild, welches sie länger betrachten, Daten. Für das individualisierte Online-Erlebnis müssen die Händler diese Informationen „einfach” nutzen. Entweder über persönliche Berater, welche die Kunden anhand ihrer Präferenzen per Chatbot ansprechen oder eben mittels eines intelligenten Chatbots, der den Kunden mit Rat und Tat zur Seite steht. Erfolgreich eingesetzt ist Conversational Commerce eine entscheidende Up- und Cross-Selling-Technik.

Kundengewinnung: Mobile Commerce wird immer beliebter

Über die Hälfte der Kunden kaufen in Deutschland heutzutage über mobile Endgeräte ein, sogar 70 Prozent über Shopping Apps. Die Optimierung der Webshops für die Nutzung über mobile Endgeräte ist also längst ein Muss. Die Voraussetzungen für eine mobile-freundliche Website sind:

  • Passendes Design: Jeder hat schonmal eine Website besucht, die für die Desktop-Nutzung optimiert und eins-zu-eins auf dem Smartphone angezeigt wird. Die Nutzung solcher Webseiten ist jedem Handy-Nutzer ein Graus: kleine Schriftgrößen, nicht-responsive Buttons, ständiges Scrollen oder zerschossene Formatierungen. Jede Website muss heutzutage so designed werden, dass sie bei der Nutzung über ein Smartphone perfekt formatiert und nutzbar ist. Sonst leidet die Customer Experience und Kunden ziehen weiter zu anderen Anbietern.
  • Mobile Payments: Mobile Shopping bedeutet auch, dass jede Kundin und  jeder Kunde von überall und unterwegs einkaufen möchte und dies auch tut. Entsprechend müssen die Bezahl-Methoden für mobiles Einkaufen optimiert werden. Wer hat schon Lust, in der U-Bahn die Kreditkarte rauszuholen und die entsprechenden Daten einzutippen. Entsprechend wichtig sind digitale Wallets: Diese sind direkt mit den Konten oder Bankkarten der Kunden verbunden und speichern deren Karteninformationen ab.
  • Nahtloses Kundenerlebnis: Käufer wollen ungern beim Mobile Shopping für den Checkout-Prozess auf andere Webseiten (etwa die des Zahlungsdienstleisters) umgeleitet werden. Onlinehändler sollten ihren Kundinnen und Kunden also In-App-Payment-Möglichkeiten zur Verfügung stellen. Apropos App: Händler, die eine App anbieten, sollten zudem sogenannte Closed-Loop-Mobile-Payments anbieten. Dies bedeutet, dass die Bezahl-Informationen der Käuferinnen und Käufer in der App oder auf der Website gespeichert werden, sodass man diese nicht immer und immer wieder eingeben muss.
  • Ein-Klick-Bestellungen: Zu guter Letzt sind Ein-Klick-Bestellungen ein wichtiges Feature für jeden mobile-optimierten Webshop. Die Website füllt alle kaufrelevanten Informationen (Zahlungsmittel, Zahlungsinformationen, Versandadressen, etc.) basierend auf früheren Einkäufen automatisch aus und leitet zum Checkout-Fenster weiter – der Kunde muss nur einmal auf den “Kaufen”-Button klicken.

Der Kunde ist König

Die derzeitige wirtschaftliche Lage trübt den Ausblick vieler Kunden auf die Zukunft. Sie werden pessimistischer, wollen sparen. Auch, oder gerade, beim Online-Shopping. Die Pandemie verursachte einen regelrechten Boom des E-Commerce. Dieses Wachstum flacht unter Umständen ab. Die gute Nachricht ist jedoch: Zuvor wurde der Onlinehandel auf ein gänzlich neues (Umsatz-)Niveau gehoben. Ein Niveau welches gehalten werden kann. Dafür müssen Unternehmen, das zeigt der E-Commerce-Report, zuallererst die bevorzugten Zahlungsmethoden zur Verfügung stellen. Und einen angenehmen und transparenten Checkout-Prozess entwickeln und einen bequemen Versand sowie passenden Preis anbieten. Dies lockt neue Kunden, verhindert Kaufabbrüche und steigert die Loyalität der Bestandskonsumenten – und sind damit ein Schritt für Onlinehändler in der drohenden Krise Umsätze zu halten und sich bei der Kundengewinnung gegen die Konkurrenz durchzusetzen.

Christopher Henke ist Agency Lead bei Mollie. (Bild: Mollie)

Über den Autor: Christopher Henke ist Agency Lead bei Mollie. Zuvor arbeitete er unter anderem mehrere Jahre bei der BS Payone GmbH. Rund 130.000 Kunden wickeln europaweit ihren Online-Zahlungsverkehr über die Cloud-basierte Mollie-Plattform ab. (sg)


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