24.05.2022 – Kategorie: Kommunikation

Kundensupport: „In jeder Beschwerde liegt das Potenzial, einen Fan zu gewinnen“

Kunden schimpfen gerne mal, wenn bei einer Online-Bestellung etwas schiefläuft. Da müssen Call-Center-Mitarbeiter einen kühlen Kopf behalten, damit das Gespräch nicht eskaliert. Doch genau in solchen Situationen steckt großes Potenzial, das Image eines Unternehmens nachhaltig positiv bei Kunden zu verankern. Henning Heesen, Gründer von Call-Center Salesupply, hat Chefredakteurin, Christiane Manow-Le Ruyet, verraten, wie das geht.

Christiane Manow-Le Ruyet: Mit welchen Beschwerden haben Sie es in der Regel zu tun, wenn sie aus dem E-Commerce kommen?

Henning Heesen: Leider sind im Schnitt mehr als 50 Prozent aller Anfragen noch immer sogenannte First-Level-Anfragen. Also, Fragen zum Status der Lieferung, zum Retouren-Status, Fragen zu Erstattungen oder Probleme mit der Webseite oder der Zahlung.

Viele Shop-Betreiber bieten auf Ihren Web­sites FAQ, häufig gestellte Fragen mit Antworten an, um Kunden zu informieren. Hält das die Kunden davon ab, den Support anzurufen?

FAQ, auch gut gepflegte und präsent auf der Webseite platziert, halten in der Regel nur etwa zehn Prozent der Käufer davon ab, den Kundensupport zu kontaktieren. Doch es gibt eine Ausnahme. Online-Shops mit Kunden, die jünger als 30 sind. Diese Kundengruppe scheint sich außerordentlich viel Mühe zu geben, den Kundenservice zu meiden. Das kann daran liegen, dass sie nicht gerne mit dem Kundensupport in Kontakt treten. Vielleicht suchen diese Käufer aber auch bewusst nach den FAQ auf einer Website oder sind ganz einfach sehr ungeduldig.

Digitaler Kundensupport mittels Chatbots: Was steckt dahinter?

Gerade digitalen Lösungen wie beispiels­weise Chatbots wird ein großes Potenzial im Kundensupport zugesprochen. Automatisierte Antworten, mit denen einfache Fragen schnell beantwortet werden können. Was halten Sie von solchen Lösungen?

Auf jeden Fall sind sie eine Möglichkeit, die Fragen der Kunden automatisiert zu beantworten. So können Kosten im Kundenservice eingespart werden. Ist ein Chatbot gut, etwa in einen Online-Shop implementiert, dann lassen sich durchschnittlich etwa 20 Prozent der Fragen abfedern. Das ist die positive Seite automatischer Kommunikationssysteme. Doch die Implementierung solcher Lösungen hat es wirklich in sich. Sollen Fragen wie beispielsweise zum Lieferstatus beantwortet werden, dann braucht es eine Schnittstelle zum ERP-System. Gerade bei größeren Lösungen, die auch im E-Commerce verwendet werden, kann die Sache schnell zu einem sehr kostspieligen Nice-to-Have für Unternehmen werden.

Und das gilt natürlich für alle anderen Daten auch, die im Chatbot dargestellt werden sollen. Ein No-Brainer, ein Kinderspiel, sind diese Bots auf gar keinen Fall.

„Empathie ist eine wichtige Voraussetzung im Kundensupport“

Worauf kommt es Ihrer Meinung nach beim Beschwerdemanagement und im Umgang mit Kunden am meisten an?

Dazu haben wir eine ganz klare Meinung – und eine klare Strategie. In jeder Beschwerde liegt das große Potenzial, einen Kunden auf Lebenszeit beziehungsweise einen Fan zu gewinnen. Da dabei meistens Emotionen im Spiel sind oder kommen, lässt sich hier das Image eines Unternehmens entweder positiv oder negativ bei Kunden besetzen.

Ein Beispiel: Ein Paket innerhalb von ein bis zwei Tagen ausliefern, kann jeder. Das erwarten die Kunden übrigens auch, wenn sie etwas bestellen. Einem Kunden aber das Gefühl geben, dass er die allerwichtigste Person im Unternehmen ist, wenn etwas schiefgelaufen ist, geht nur auf emotionaler Ebene. Empathie ist eine wichtige Voraussetzung im Kundensupport. Genau hier liegt der Schlüssel zum Erfolg. Deshalb predigen wir unseren Kunden, dass Service ein Profit-Center ist und kein Cost-Center. Doch fast immer ist dies nicht der Fall.

Werden die Kunden immer anspruchsvoller?

Amazon hat da die Latte sehr hochgelegt. Deswegen kann man das schon so sehen. Der hohe Anspruch der Kunden wird aber in erster Linie durch den Markt diktiert. Wer ganz vorne mit dabei sein will, muss seinen Kunden für sich gewinnen und ihn begeistern. Und das geht nur, wenn die Kundenerwartung nicht nur erfüllt werden, sondern sie übertroffen werden. Es ist ja auch völlig in Ordnung, wenn Kunden Ansprüche haben.

Der Kunde ist immer König

Was tun Sie, wenn ein Kundengespräch zu eskalieren droht?

Bei einer Reklama­tion oder wenn das Kundengespräch aus dem Ruder zu laufen droht, lautet unser erster Satz: ‚Machen Sie sich keine Sorgen, wir lösen das für Sie‘. Wir wollen den Kunden beschwichtigen. ­Unser Grundsatz dabei ist, ihm die Angst zu nehmen und vor allem seine Frustration zu mindern. Ganz wichtig dabei ist, den Kunden ausreden zu lassen. Jeder Mensch möchte erst verstanden werden, um dann zu verstehen. Gerade hier liegt die große Chance für den Servicemitarbeiter, den Kunden für sich und das Unternehmen zu begeistern. Deswegen lieben wir Bewertungen, die erst vermeintlich negativ beginnen wie: ‚In der Logistik lief es schon schief und dann war auch noch das bestellte Produkt kaputt …, aber der Kundenservice war sehr freundlich und zum Schluss hat dann alles gepasst. Genau dafür stehen wir morgens auf.

Worauf sollten Shop-Betreiber Wert legen, wenn Sie mit dem Gedanken spielen, für den Kundensupport mit einem Call-Center zusammenzuarbeiten?

Ein Call-Center sollte grundsätzlich aus zwei Gründen eingesetzt werden. Erstens, um den Kundenservice skalierbar aufzustellen und zweitens, um die Kundenzufriedenheit zu steigern. Deswegen sollte jedes Unternehmen, das auf zufriedene Kunden und Wirtschaftlichkeit Wert legt, sich intensiv mit dem Kundenservice beschäftigen.

Werden sprachbasierte, intelligente digitale Lösungen Call-Center in Zukunft überflüssig machen?

Menschlicher Kontakt wird nie richtig ­ersetzbar sein. Viele First-Level-Fragen werden sich in den nächsten Jahren aber in der Tat mit Technologie lösen lassen. Allerdings bedarf es bei der Kundenberatung oder wenn es um komplexere Reklama­tionen geht, unserer Meinung nach, immer den Human-Touch. Es braucht Fingerspitzengefühl, um Kunden wirklich zu begeistern.

Lesen Sie auch: Kundenbedürfnisse erkennen & individualisieren – mit Customer Centricity zum Erfolg.

Kundensupport, Henning Heesen
Bild: Salessupply

Der Autor Henning Heesen hat Salesupply gegründet und verantwortet den Bereich Vertrieb und Business Development in der DACH-Region. Mit mehr als 15 Jahren Erfahrung sieht er sich als Spezialist im E-Commerce und betreut Kunden wie Expert Elektronik, Christ Juweliere, Carharrt, Momox und Hirmer. 


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