17.05.2022 – Kategorie: eCommerce
Lieferschwierigkeiten – warum der Online-Handel jetzt schon an Weihnachten denken sollte
Zero-Covid-Strategie in China, Krieg in Europa und Probleme bei Transportbetrieben. Die Lieferschwierigkeiten werden in den kommenden Monaten nicht nachlassen. Der Online-Handel sollte deswegen in diesem Jahr früher mit der Planung des Jahresendgeschäfts beginnen also sonst.
Der Höhenflug im E-Commerce ist vorbei – von Umsatz- und Wachstumsrekorden keine Spur mehr. Seitdem die Lieferschwierigkeiten zunehmen und kein Ende der weltweiten Krisen in Sicht ist, steht der erfolgsverwöhnte Online-Handel vor neuen Herausforderungen.
Nachfrage sinkt
Der Shopping-Index von Salesforce belegt, dass das Wachstum von 2021 gestoppt ist. Im ersten Quartal 2022 zeigte die Kurve kräftig nach unten und verzeichnet einen Rückgang von 15 Prozent. Steigende Energie- und Verkaufspreise machen Verbrauchern zu schaffen und zwingen sie zum Sparen. Die Auswirkungen sind gerade auf dem deutschen Markt deutlich sichtbar. Der Krieg in der Ukraine sowie die Zero-Covid-Strategie von Chinas Staatspräsidenten Xi Jingping –sichtbar in Shanghai – bringen die Lieferketten zusätzlich ins Straucheln. Fracht- und Containerschiffe stauen sich nicht nur auf dem Weg nach Shanghai, auch am Hamburger Hafen stockt es. Die Container stapeln sich laut einem Bericht der Tagesschau. Das Hafenpersonal kommt trotz Überstunden mit der Abfertigung nicht hinterher.
Warenbestände gehen zurück
Die Folgen sind bereits deutlich spürbar: „Aufgrund von weltweiten Lieferengpässen sind außerdem die Warenbestände um fünf Prozent zurückgegangen. Was den Preisanstieg angeht, steht die Elektronik-Industrie mit fünf Prozent noch vergleichsweise gut dar. Dagegen sind die Werte in den Kategorien „Wohnen, Möbel“ mit 21,8 Prozent und „Haushalt, Haushaltsgeräte“ mit einem Anstieg von 17,9 Prozent zum Vorjahr deutlich höher“, wie Finanzdienstleister Aifinyo auf Anfrage dem e-commerce magazin berichtet.
Angst um Energieversorgung
Während der Ukraine-Krieg und Chinas Zero-Covid-Strategie Lieferketten ins Stocken und an manchen Stellen zum Erliegen bringen, treibt Unternehmen die Angst vor Energieversorgungsengpässen. Das bestätigt der DIHK-Konjunkturexperte Dr Jupp Zenzen: „Der Krieg in der Ukraine und die harten Lockdowns in China setzen der deutschen Wirtschaft zu. Lieferengpässe, Preissteigerungen aber auch die Sorge um sichere Energieversorgung lassen nicht nur die Geschäftserwartungen der deutschen Unternehmen einbrechen, sondern belasten die Weltkonjunktur insgesamt. Das sind trübe Aussichten, besonders für die exportorientierte Industrie.“
Mangelnde Echtzeitüberwachung
Doch als ob das nicht schon genug wäre, kommt noch ein weiteres Problem hinzu. Die Komplexität der Lieferketten nimmt stetig zu. Sendungen wechseln zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln, Regionen sowie lokalen Richtlinien hin und her und passieren dabei auch zahlreiche Grenzkontrollen. Krisen wirken sich unmittelbar auf die Lieferketten aus und sorgen für Unterbrechungen. Für Transportunternehmen ist deshalb eine lückenlose Überwachung essenziell. Nur so kann auf Lieferschwierigkeiten entsprechend reagiert werden.
Auch der E-Commerce ist neben anderen Marktsegmenten auf verlässliche Lieferinformationen angewiesen. Um Kunden rechtzeitig über Verzögerungen oder Lieferausfälle zu informieren. Das kann sich positiv auf die Kundenbindung in dem hart umkämpften Segment auswirken. Doch nur 20 Prozent der Verlader sind überhaupt in der Lage laut einer Studie von Project44 und Transport Intelligence ihre Lieferketten lückenlos zu überwachen. Lieferschwierigkeiten sind auch dadurch vorprogrammiert. Die mangelnde Echtzeitüberwachung stellt Transportunternehmen vor eine weitere Herausforderung: 98 Prozent der Kunden von Transportunternehmen halten Visibilität in Echtzeit für eines der wichtigsten Auswahlkriterien, wenn es um die Suche nach einem passenden Anbieter geht. Transport-Dienstleister, die ihr Lieferketten nicht digital überwachen werden demnach künftig mit Kundenschwund rechnen müssen.
Und was ist mit der Datensicherheit?
So vorteilhaft Digitalisierung und Echtzeitüberwachung der Lieferketten einerseits auch sind. Bringen sie andererseits jedoch neue Risiken mit sich. Digitale Lieferketten benötigen effektive Schutzmaßnahmen, um Hackerangriffe abzuwehren. Das aktuelle Hermes-Barometer „IT- und Datensicherheit in der Supply Chain“ zeigt, dass 56 Prozent der für die Umfrage befragten Logistikverantwortlichen vor allem bei unerlaubtem Zugriff auf Kunden- und Mitarbeiterdaten ein großes Risiko sehen. Den automatisierten Datenaustausch zwischen Lieferanten und Partnern halten 41 Prozent der Studien-Teilnehmer anfällig für Angriffe. Die Bedrohungslage steigt also nicht nur durch aktuelle Krisen, sondern auch durch mangelnde Digitalisierung. 13 Prozent der 150 für das Hermes-Barometer Befragten gaben an, schon Opfer eines Hackerangriffs geworden zu sein. Ein Plus von zehn Prozent im Vergleich zu 2017.
Was der Online-Handel nun tun muss
Noch lässt sich nicht absehen, wann sie die unberechenbare Situation der Lieferketten entspannen wird. Branchenexperten rechnen jedoch nicht vor 2023. Online-und Einzelhandel müssen demnach sich weiterhin auf verzögerte Lieferzeiten und Lieferschwierigkeiten einstellen. „Unternehmer müssen jetzt sehr aufmerksam handeln und wirtschaftliche wie politische Veränderungen am Markt sehr genau beobachten. Um auch langfristig erfolgreich zu bleiben, ist eine vorausschauende Unternehmenssteuerung wichtiger denn je“, rät Aifinyo gegenüber dem e-commerce magazin. Online-Händler sollten am besten jetzt schon anfangen, das Weihnachts- und Jahresendgeschäft zu planen – vorausschauend agieren und sich eventuell Ware auf Lager legen. Denn soviel ist sicher, die Lieferschwierigkeiten werden E-Commerce, Lieferanten, Transportunternehmen und Kunden noch lange in Atem halten.
Christiane Manow-Le Ruyet
e-commerce magazin: die aktuelle Ausgabe
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Covid19, Digitalisierung, Krisen, Lieferketten, Lieferschwierigkeiten, Planung, Weihnachtsgeschäft