15.02.2022 – Kategorie: Handel
Logistikimmobilien: 3 Schritte zum Netto-Null-Gebäude
Der Boom des E-Commerce geht mit der Forderung nach hohen Nachhaltigkeitsstandards einher. Konsumenten wollen nicht nur nachhaltig gefertigte Produkte, sondern auch eine verantwortungsbewusste Logistik hinter ihren Onlineeinkäufen. Logistikimmobilien können dazu einen wertvollen Beitrag leisten.
Ein verändertes Verbraucherverhalten treibt den E-Commerce in Deutschland voran. 14,8 Prozent Umsatzwachstum auf insgesamt 22,194 Milliarden Euro für den deutschen E-Commerce verzeichnete der bevh (Bundesverband E-Commerce und Versandhandel) im dritten Quartal 2021 gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum. „Für den E-Commerce ist es das wachstumsstärkste dritte Quartal seit fünf Jahren,“, erklärt der bevh.
Im gesamten Jahr 2020 stieg der Brutto-Umsatz mit Waren im E-Commerce in Deutschland um 14,6 Prozent auf 83,3 Milliarden Euro, wie der Verband in seiner E-Commerce-Verbraucherstudie 2020 feststellt. „Die Corona-Pan-demie hat die Entwicklung des Handels hin zum E-Commerce deutlich beschleunigt“, sagt Gero Furchheim, Präsident des bevh. „Diese Entwicklung wird sich nicht mehr umkehren“, erwartet er. Doch was bedeutet dieses rapide Wachstum für die Umwelt? Wie wirkt sich die Expansion des E-Commerce auf die Logistik und letztendlich die CO2-Emissionen aus? Welche Rolle spielt die Berücksichtigung von Kriterien aus den Bereichen Umwelt, Soziales und verantwortungsvolle Unternehmensführung („ESG“-Prinzipien) im Markt für Logistikimmobilien?
Logistikimmobilien auf dem Weg zu Netto-Null
Es war ein signifikanter Schritt im Kampf für eine sauberere Umwelt. Im August 2020 wurde die erste Logistikimmobilie der Welt mit dem Nachweis „Netto-Null-Kohlenstoff beim Bau“ gemäß den Vorgaben des UK Green Building Council verifiziert. Das Gebäude mit dem Namen „Magnitude 314“ des Entwicklers GLP steht in Großbritannien und setzt ein Zeichen für die Branche und für ihre Kunden, die nach einer grüneren Logistik streben.
Das CO2-Analyseunternehmen Circular Ecology hat den CO2-Fußabdruck von „Magnitude 314“ kalkuliert. Bezugspunkt des Vergleichs sind die Zahlen für ein regulierungskonformes Logistiklager. Bei der Errichtung des Gebäudes wurden 25,8 Prozent des üblicherweise in Baustoffen gebundenen CO2 eingespart. Die für den Gebäudebetrieb geplanten CO2-Emissionen konnte GLP um 26,9 Prozent senken. Bei früheren Objekten sparte der Entwickler 12 Prozent des in den Baustoffen gebundenem CO2 und 15 Prozent der beim Gebäudebetrieb entstehenden CO2-Emissionen ein. Über die CO2-Reduktion hinaus bietet das Gebäude der Kommune umgerechnet rund 5,8 Millionen Euro an sozialem und wirtschaftlichem Wert. Wie ließen sich diese Fortschritte erreichen? Und welche Ziele wurden angestrebt?
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Vorreiter Europa
Die Europäische Kommission will Europa mit der Strategie des Europäischen Green Deals bis zum Jahr 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent machen. Außerdem gibt die EU-Verordnung 2019/1242 strikte CO2-Emissionsnormen für neue, schwere Nutzfahrzeuge vor. Selbstverständlich gilt die Forderung nach höherem Umweltschutz und niedrigeren CO2-Emissionen nicht nur für den Transport, sondern auch für die Infrastruktur im Hintergrund, die Logistikimmobilien.
Auf dem Weg zu Netto-Null-Gebäuden zeichnen sich moderne Logistikimmobilien bereits heute durch viele nachhaltige Qualitätsmerkmale aus. Nachhaltige Logistikimmobilien sind kostengünstiger im operativen Betrieb und in der Wartung. Mieter können ihren Energieverbrauch, ihre CO2-Emissionen und ihren Wasserverbrauch reduzieren. Indem sie die Betriebskosten für das Gebäude senken, können sie sich Wettbewerbsvorteile sichern.
1. Nachhaltiges Baumaterial
Ausgangspunkt bei der Planung und Realisierung einer nachhaltigen Logistikimmobilie, ist das Grundprinzip der Kreislaufwirtschaft, angefangen bei verantwortungsbewusstem Sourcing. Hier einige Praxisbeispiele: GLP hat vor allem nachhaltiges Baumaterial verwendet, beispielsweise Holz aus verantwortlich bewirtschafteter Forstwirtschaft für Deckenkonstruktion und Innenausstattung sowie recycelte und recycelbare Materialien. Dazu gehören Recycling-Beton und Zuschlagstoffe wie Hüttensand.
In Baustoffen enthaltenes CO2 lässt sich durch die Wahl passender Materialien reduzierten, etwa durch Verwendung von zementarmem Beton und Stahl statt Aluminium für die Wandverkleidung. Um den Energieverlust beim Gebäudebetrieb zu minimieren, wird die nördliche Gebäudeseite oft nur geringfügig verglast. Für alle anderen Gebäudeseiten wird ein Konzept zur Beschattung aufgestellt. Die in das Belüftungssystem integrierte Wärmerückgewinnung senkt Energieverbrauch und Heizkosten. Die Wandverkleidung besteht aus einem isolierenden Verbundplattensystem, das sich durch hohe Wärmedämmung auszeichnet.
Oberlichter und großflächige Verglasung oberhalb der Überladebrücken können 15 Prozent des Lichtbedarfs durch Tageslicht abdecken. Im Innen- und Außenbereich wird außerdem mit LED-Beleuchtung Energie gespart. Auf dem Gebäudedach wird Regenwasser aufgefangen, das die Toilettenspülungen versorgt. Mit wassersparenden Armaturen, beispielsweise Sprühköpfen an den Waschbecken, lässt sich der Wasserverbrauch reduzieren. Thermische Solaranlagen heizen Warmwasser vor, was Energie einsparen hilft.
Dazu wurde das Gebäude so konzipiert, dass Prinzipien des „Well Being“ umgesetzt wurden. Bei dem Ansatz handelt es sich um das erste evidenzbasierte System zur Messung, Zertifizierung und Überwachung von Gebäudeeigenschaften, die sich auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiter auswirken. Hier kommen besondere Konzepte zur Verbesserung der Luft, des Lichtes und der allgemeinen Arbeitsatmosphäre zum Tragen.
2. Sozialer Mehrwert
ESG geht jedoch über Umweltschutz hinaus. Auch das „S“ in ESG, soziale Nachhaltigkeit, ist ein klares Ziel der Branche. Investoren, Mieter und Kommunen, in denen die Gebäude entstehen, erwarten die Befolgung von sozialen Standards. Doch was bedeutet das genau? Die industrielle Fertigung wird in zunehmendem Maße digitalisiert. Deshalb bauen Produktionsbetriebe heute eher Kapazitäten ab als auf. Die Logistikbranche, der drittgrößte Wirtschaftszweig in Deutschland, schafft hingegen Arbeitsplätze. Denn Mieter von Logistikimmobilien benötigen den Faktor Arbeit unter anderem, um die Servicequalität im expandierenden E-Commerce zu gewährleisten und weiter zu erhöhen.
Verantwortungsbewusste Planung passt Logistikimmobilien in ihr kommu–nales Umfeld ein. Vorausschauende Entwickler planen und realisieren die Gebäude mit dem Anspruch, Gemeinden langfristig zu fördern. Dafür gibt es vielfältige Möglichkeiten. Indem Kommunen Flächen für Logistikimmobilien ausweisen, können sie unterschiedliche wirtschaftliche und soziale Ziele erreichen: ihren Branchenmix ausgewogener gestalten, hochwertige Arbeitsplätze schaffen, die Dynamik der lokalen Wirtschaft erhöhen und durch nachhaltige Steuereinnahmen ihren Wohlstand sichern. Ein ausgewogener Branchenmix macht Gemeinden angesichts der Digitalisierung unabhängiger von neuen Marktanforderungen und den Schwankungen der Konjunktur.
Soziale Nachhaltigkeit kann völlig unterschiedliche Formen annehmen. Ein großer Entwickler etwa fördert Artenvielfalt durch die Ansiedlung von Bienenvölkern an ausgewählten deutschen Standorten, engagiert sich im vorbeugenden Katastrophenschutz in Japan und fördert die Gewinnung von Solarstrom in China.
3. Zertifizierte Nachhaltigkeit für Logistikimmobilien
ESG-Prinzipien werden die Logistikimmobilienbranche auf dem Weg zu immer nachhaltigeren Gebäuden weiter prägen. Auf diesem Wege spielen etablierte Branchenstandards eine maßgebliche Rolle. Alle Neuentwicklungen realisiert GLP in Deutschland beispielsweise grundsätzlich gemäß den strengen Kriterien der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) und sind mindestens nach DGNB Gold zertifiziert.
Erst ein starker ESG-Fokus macht Neuentwicklungen für Investoren und Entscheider in Kommunen, die dort Flächenausweisungen vornehmen, attraktiv. Die Zertifizierung jedoch wird bei Immobilienbewertungen noch nicht hinreichend gewürdigt. So gibt es für zertifizierte, nachhaltige Immobilien keinen direkten Bonus. Stattdessen wird ein Malus durch eine schlechtere Wiedervermietbarkeit angenommen. Was fehlt, ist die Vergleichbarkeit zertifizierter und nicht zertifizierter Objekte in Bezug auf den Immobilienwert.
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Über den Autor: Patrick Frank ist Country Director für Deutschland bei GLP Europe. Zu seinem Tätigkeitsbereich gehört unter anderem die kontinuierliche Integration grundlegender ESG-Prinzipien in die Unternehmensstrategie.
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