Wann kann sich ein Markeninhaber gegen die Verwendung von Google AdWords wehren?
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft, kurz EuGH, hat im März 2010 einen gewissen rechtlichen Rahmen für die Verwendung von Google AdWords im Blick auf mögliche Markenverletzungen vorgegeben (Urteil vom 23.03.2010 – C-236/08, C-237/08, C-238/08, „Google France und Google/Louis Vuitton [Keyword Advertising ] “
Mehrere Markeninhaber hatten Google vor französischen Gerichten wegen Markenverletzung verklagt, weil das Unternehmen es im Rahmen seiner Hosting-Dienste ermöglicht hatte, markenrechtlich geschützte Begriffe als Schlüsselworte einzusetzen. Die französischen Gerichte hatten Google in den ersten beiden Instanzen antragsgemäß verurteilt. Google hatte gegen die Entscheidungen Revision eingelegt. Das französische Kassationsgericht hatte in diesem Verfahren beim EuGH maßgeblich um Vorabentscheidung über die zwei folgenden Fragestellungen ersucht:
-Ist das zur Verfügungstellen eines markenrechtlich geschützten Schlüsselwortes eines Internetreferenzdienstes (Google) zur Verlinkung auf Webseiten mit Angeboten über Waren, die auch von der Marke erfasst sind, ein Markenverstoß seitens des Internetdienstes, den der Markeninhaber untersagen kann?
-Wenn dies nicht der Fall ist, haftet der Anbieter (Google) denn dann, wenn er Kenntnis darüber erlangt, dass eine Marke rechtswidrig genutzt wird?
Haftung von Google
Der EuGH entschied zugunsten von Google, dass das bloße Angebot des Referenzdienstes keinen Markenverstoß darstellt, weil es an der dafür erforderlichen markenmäßigen Benutzung fehle. Eine Haftung von Google kommt allerdings dann in Betracht, wenn das Unternehmen über die Rechtswidrigkeit von mit AdWords verlinkten Anzeigen informiert worden ist und dann den Zugang dazu nicht unverzüglich sperrt. Die rechtliche Grundlage hierfür liegt in Art. 14 der E-Commerce-Richtlinie, der die Verantwortlichkeit von Internet-Dienstleistern regelt.
Haftung der AdWord Nutzer
Der EuGH hielt des Weiteren fest, dass jedoch der Kunde des AdWord-Dienstes eine markenmäßige Benutzung vornehme. Dieser verwende die Marke eines Dritten, um dem Nutzer der Suchmaschine das eigene Angebot als Alternative zum Markenprodukt vorzuschlagen oder auf wirtschaftliche Verbindungen zum Markeninhaber hinzuweisen. Die damit vorliegende markenmäßige Benutzung werde aber erst zur Markenverletzung, wenn sie eine der spezifischen Markenfunktionen verletze. Die wichtigste Funktion der Marke ist die Herkunftsfunktion. Die Marke soll dem Verbraucher die Identifikation der Herkunft des Markenprodukts garantieren. So soll also die Marke Louis Vuitton beispielsweise sicherstellen, dass die Produkte aus dem Hause Vuitton stammen. Von einer derartigen Beeinträchtigung kann im Rahmen von Keyword Advertising ausgegangen werden, sofern die Gestaltung der Anzeige einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem Werbenden und dem Markeninhaber suggeriert oder derart vage gehalten ist, dass ein Nutzer nicht erkennen kann, ob ein solcher Zusammenhang besteht. Die Beurteilung dieser Frage obliegt den nationalen Gerichten und hängt somit letztlich davon ab, wie die Anzeige konkret gestaltet ist. Leider blieb der Gerichtshof jedoch eine Erklärung schuldig, wie nun eine Anzeige aussehen muss, um die Herkunftsfunktion nicht zu beeinträchtigen.
Praxishinweis für den Markeninhaber
Im Falle der unzulässigen Verwendung einer Marke als Schlüsselwort kann zunächst der Werbende in Anspruch genommen werden, gleichzeitig aber auch der Anbieter des Dienstes über die Rechtswidrigkeit der Anzeige in Kenntnis gesetzt werden. Wird der Zugang nicht gesperrt, haftet der Diensteanbieter, in dem Fall Google.
Google hat eine eigene AdWord Policy eingerichtet und bietet Markeninhabern an, im Fall einer Markenverletzung durch ein Google-AdWord eine Beschwerde an Google zu richten. Google untersucht dann die Verwendung der Marke im Anzeigentext. Nutzt der AdWord-Kunde die Marke im Anzeigentext in unzulässiger Weise, fordert Google den Kunden auf, die Marke zu entfernen. Darüber hinaus verhindert Google, dass der Kunde die Marke zu einem späteren Zeitpunkt erneut im Anzeigentext verwendet. Google verfolgt jedoch nicht die folgenden zulässigen Nutzungen:
– Werbeanzeigen, die eine geschützte Marke in einer beschreibenden Art und Weise verwenden
– Anzeigen, in denen Waren oder Dienstleistungen verschiedener Wettbewerber miteinander verglichen werden
– Anzeigen für Zubehör und Ersatzteile für Markenprodukte
– Anzeigen mit informellen Inhalten über Waren oder Dienstleistungen, die aus einem Markenunternehmen stammen.
Schnelle Abhilfe
Ein Markeninhaber, der sich in seinen Rechten verletzt fühlt, kann bei Google eine so genannte „Markenbeschwerde“ einreichen. Das Formular ist abrufbar unter https://services.google.com/inquiry/aw_tmcomplaint.
(Autor: Simone Schäfer ist Rechtsanwältin bei der Münchner Kanzlei Vossius & Partner. Seit 1999 berät sie nationale und internationale Mandanten in allen Fragen des Marken- und Designschutzes. Simone Schäfer hält regelmäßig Vorträge zum EU-Geschmacksmusterrecht. Sie ist Co-Autorin eines Formularkommentars, insbesondere zu Fragen des Markenkaufvertrags und des Beschwerdeverfahrens vor dem Harmonisierungsamt.)