20.09.2023 – Kategorie: Kommunikation, Marketing

Metaverse: Wie Unternehmen dessen Potential nutzen können

MetaverseQuelle: wacomka - istock

Die öffentliche Aufmerksamkeit rund um das Metaverse nahm zuletzt deutlich ab. Die Idee des Metaverse als eine 3D-Erweiterung des Internets gibt es aber nach wie vor. Unternehmen können die Technologie vielseitig einsetzen.

Ist der Hype um das Metaverse schon wieder vorbei? Diese Frage stellen sich viele, nachdem Künstliche Intelligenz inzwischen die Schlagzeilen beherrscht und das Metaverse an mediale Aufmerksamkeit verloren hat. Dabei gibt es bereits heute eine Reihe spannender Projekte und Lösungen, die einen Eindruck von den zukünftigen Potenzialen vermitteln. Und auch die Metaverse-Schlüsseltechnologien haben sich innerhalb des letzten Jahres sogar deutlich weiterentwickelt – siehe neue VR-Brillen von Meta und Apple. Für welche Zwecke Unternehmen das Metaverse bereits heute nutzen können, erläutert Gastautor Fabian van Gelder von der mm1 Consulting GmbH.

Markenbekanntheit durch Metaverse steigern

Durch den Einstieg in das Metaverse zeigen Unternehmen, dass sie offen für neue Technologien sind und zukunftsorientiert handeln. Dies kann die Außenwahrnehmung des Unternehmens positiv beeinflussen. Die Hauptzielgruppe im Metaverse sind insbesondere die jüngeren Generationen, bestehend aus der Generation Z (1996-2012) und den Millennials (1981-1995). Laut einer Studie von McKinsey werden diese Gruppen in den nächsten fünf Jahren bis zu fünf Stunden täglich im Metaverse verbringen.

Die Deutsche Telekom nutzt dieses Potential bereits mit ihrer virtuellen Präsenz Beatland auf der Plattform Roblox. Dank gezielter Vermarktung haben bereits über 17,5 Millionen Menschen den virtuellen Club besucht (Stand: 01.09.2023). Für die Telekom bietet sich damit die Chance, Kunden auf innovative Weise kennenzulernen und ihre Marke auf neuartige Art zu präsentieren. Das berichtet Sven von Aschwege, VP Global Strategic Partners bei der Deutschen Telekom.

Innovationsanspruch mit Metaverse untermauern

Prof. Dr. Fabian Lang von der Hochschule Hannover betont zudem die Notwendigkeit für innovationsgetriebene Unternehmen, im Metaverse aktiv zu sein. Nämlich um ihren Innovationsanspruch bei Shareholdern und Investoren zu untermauern. Wie das geht zeigt Telefónica auf dem Mobile World Congress (MWC) 2023. Der Telekommunikationsanbieter erweiterte den Messestand um eine virtuelle Präsenz und ermöglichte virtuelle Besuche, Live-Präsentationen und Interaktionen – ohne physische Anwesenheit. Solche Anwendungen stärken das Image als Innovationstreiber auf dem Markt.

Erschließung neuer Verkaufskanäle

Der Markt für den Verkauf von digitalen Gütern (Non-fungible Token, NFT) ist riesig und hat in den letzten Jahren ein explosives Wachstum erlebt. Prognosen gehen davon aus, dass sich diese Entwicklung fortsetzt. Bis 2027 soll ein Gesamtumsatz von 3.030 Millionen Euro erreicht werden (CAGR 2023 bis 2027: 19,14 Prozent). Große Sportartikelhersteller wie Nike, Adidas und Puma haben das Potenzial erkannt. Sie nutzen ihre virtuelle Präsenz, um eigene NFT-Kollektionen auf den Markt zu bringen.

Darüber hinaus prägen vor allem (Luxus-)Modemarken wie Gucci, Prada, Dolce & Gabbana, Tiffany, H&M und Lacoste den NFT-Markt. Sie bieten digitale Güter über ihre virtuellen Shops im Metaverse an. Gucci gelang es sogar, eine virtuelle Version der Handtasche Dionysus zu einem höheren Preis (4.115 US-Dollar) als in der realen Welt (2.500 US-Dollar) zu verkaufen. Das Metaverse bietet aber nicht nur die Möglichkeit, digitale Güter zu verkaufen. Sondern auch neue Absatzkanäle für physische Produkte zu erschließen. Produkte können virtuell begutachtet und gekauft werden, um sie dann in der physischen Welt zu nutzen. Unternehmen wie RAUM stellen virtuelle Showrooms zur Verfügung, die dreidimensionale Produktpräsentationen in immersiver Umgebung ermöglichen. Kunden können als Avatare die virtuelle Instanz betreten und dabei die Möglichkeit zur Interaktion mit den Produkten nutzen.

Verbesserung der Customer Experience

Bereits die Verbreitung des Internets hat dazu geführt, dass sich Kundenservice und Kommunikation in den letzten Jahrzehnten stark verändert haben. Das Metaverse wird diese Entwicklung verstärken. Beratungs- und Servicefälle können in Zukunft über digitale Avatare abgewickelt werden. Dass diese personalisierte Art der Interaktion eine höhere Kundenzufriedenheit erzielt als die Verwendung von Chatbots, bestätigt auch Sven von Aschwege: „Mit dem Einsatz von digitalen Humans sind wir in der Lage unsere Kundenbetreuung zu verbessern und Lösungsraten zu erhöhen. Deshalb wollen wir auch zukünftig unsere Services im dreidimensionalen Raum anbieten, um unsere Kunden bei verschiedenen Anwendungsfällen, wie beispielsweise bei der Einrichtung und Konfiguration des Heimnetzwerks, zu unterstützen.“

Auch die Deutsche Bahn – ein Unternehmen, das vor allem durch die Arbeit mit physischen Assets geprägt ist – nutzt Metaverse-Technologien, um die Customer Experience intuitiver zu gestalten. „Wir sehen das Metaverse unter anderem als eine Chance, neben der analogen Wegeleitung, digitale Möglichkeiten der intuitiven Navigation am Bahnhof oder am Gleis zu schaffen“, erklärt Melissa Bodtländer, AR und Metaverse Consultant bei der DB Systel.

Anwendungsfälle, die zeigen, wie eine rein virtuelle Umgebung genutzt werden kann, um die Interaktion mit dem Kunden zu verbessern, finden sich bisher vor allem im Banken- und Finanzsektor. Adrian Waltenrath, Product Owner des Dekaverse (eine virtuelle Filiale der DekaBank), sieht in der virtuellen Präsenz zukünftig eine Möglichkeit, junge Zielgruppen interaktiv und spielerisch über Finanzprodukte zu informieren und damit Financial Education neu zu gestalten. Noch befindet sich das Dekaverse im Aufbau, doch auch andere Banken wie JPMorgen, HSBC und die Deutsche Bank haben bereits virtuelle Filialen im Metaverse eröffnet.

Weiterentwicklung der virtuellen Kollaboration

Glaubt man den Befürwortern des Metaverse, so wird dieses die nächste Stufe der virtuellen Zusammenarbeit darstellen. Große Player wie Zoom, Microsoft oder Meta, bieten bereits Lösungen an, um Teams zur Kollaboration im Metaverse zusammenzubringen. Auch der deutsche Energiekonzern E.ON hat die Vorteile des immersiven Lernens bereits erkannt und mit dem E.ON-Campus eine virtuelle Welt geschaffen, in der attraktive Weiterbildungsinhalte im Metaverse angeboten werden. Neben einer immersiven Lern- und Kollaborationsumgebung bietet der E.ON-Campus auch die Möglichkeit, sich in einer anderen Dimension zu treffen, zu vernetzen und zusammenzuarbeiten, wie Marika Arvelid, Head of Digital Empowerment Strategy & Engagement der E.ON Digital Technology GmbH, erklärt.

In der Fertigung und Produktion kann das Metaverse die Produktivität und Zusammenarbeit der Mitarbeiter ebenfalls verbessern. Volkswagen und die Deutsche Bahn setzen bspw. VR-Lösungen für die Schulung von Produktionsmitarbeitern, Sicherheitstrainings und Fernwartung ein. In diesem Zusammenhang ist das Metaverse eng mit dem Konzept des digitalen Zwillings verbunden. Das Konzept des digitalen Zwillings ist grundsätzlich nicht neu, erhält aber durch das Metaverse neue Impulse.

Die BMW Group arbeitet gemeinsam mit Nvidia daran, eine komplette Produktionshalle als digitalen Zwilling in die virtuelle Welt zu bringen. Grundlage ist das von Nvidia entwickelte Omniverse. Die Metaverse-Plattform soll es BMW ermöglichen, Fabrikprojekte vollständig virtuell zu planen und Produktionsanläufe zu optimieren. Auch wenn diese Pläne derzeit noch weitgehend Zukunftsmusik sind, ist bereits absehbar, dass in der Fabrik der Zukunft Menschen im virtuellen Raum zusammenarbeiten, um zu planen, zu entwerfen und zu testen, bevor sie ihre Konzepte in der physischen Welt umsetzen.

Aufbau einer Social Community

Im Januar 2023 lag die Anzahl der Nutzer sozialer Netzwerke weltweit bei rund 4,76 Milliarden. Und damit fast dreimal so hoch wie noch vor zehn Jahren. Geht es nach Prof. Dr. Klaus Bredl von der Universität Augsburg, wird „das enorme Potential von sozialen Netzwerken, und der Wunsch nach intensiveren virtuellen Begegnungen langfristig auch die Nutzung von Plattformen wie Facebook hin zum Metaverse verschieben“. Die Volkswagen-Tochter Cupra zeigt mit ihrem im April gestartetem Metahype, wie das Metaverse als Medium genutzt werden kann, um eine eigene Community aufzubauen. Auf der Insel gibt es Treffpunkte zum Kennenlernen, kreative Kollaborationsräume, Informationsveranstaltungen, Entertainmentangebote und ein eigenes Soundquartier für Musikbegeisterte.

Nike bietet mit Nikeland eine virtuelle Umgebung, in der User in Sportwettkämpfen gegeneinander antreten und am Design neuer Produkte mitwirken können. Weitere Beispiele sind Gucci Town, ein virtueller Ort mit Cafés, Galerien und einer Creative Corner für Künstler. Und ifland, eine soziale Metaverse-Plattform mit über 12 Millionen Nutzern, die im Juli 2021 vom südkoreanischen TK-Anbieter SK Telecom ins Leben gerufen wurde. Es ist davon auszugehen, dass die Rolle des Metaverse im Bereich der Social Communities weiterwachsen wird. Auf diese Weise können sich Unternehmen gewinnbringend positionieren.

Fabian van Gelder ist Senior Consultant bei mm1. (Bild: mm1)

Über den Autor: Fabian van Gelder ist Senior Consultant bei mm1 a valantic company in Stuttgart. Er berät Klienten bei der Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle, dem Aufbau neuer Geschäftsfelder und der digitalen Transformation des Unternehmens. Er verfügt über umfassende Expertise im Bereich Business Model Innovation und digitale Ökosysteme. Der Gastbeitrag ist ein Auszug aus der Studie „Discover the metaverse“ von mm1. Diese basiert auf der Analyse von über 100 Metaverse Use Cases und zwölf Interviews mit Experten aus Industrie, Wirtschaft und Forschung. (sg)

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