01.04.2022 – Kategorie: Handel
Multibrand-Stores in der Kosmetikbranche: Was sich Deutschland noch von China abschauen kann
In China ist ein neuer Boom im Gange: Multibrand-Beauty-Stores schießen gefühlt wie Pilze aus dem Boden. Kein Wunder, denn die Lust der Chinesen auf Kosmetik wächst. Nach Angaben von iResearch wird die Marktgröße von Chinas Multi-Brand Beauty Stores im Jahr 2023 voraussichtlich auf 15,8 % steigen und einen Umsatz von 13 Milliarden Yuan (2 Milliarden Euro) erreichen.
Die meisten denken bei Multibrand-Stores an Sephora, Watsons oder Mannings, wo Konsumenten eine große Auswahl an Hautpflege-, Make-up- und Duftprodukten finden. Der größte Vorteil dieser Einzelhändler ist genau das: ihre große Auswahl an Marken, Produktkategorien und Preisklassen, wobei Sephora sich mehr auf hochwertige Produkte konzentriert und Watsons und Mannings Produkte für den Massenmarkt und den täglichen Gebrauch anbieten. Und zwar Produkte sowohl aus dem Inland wie auch dem weltweiten Ausland.
Aber es gibt auch eine neue Generation an Multibrand-Beauty-Stores, die mehr den Bedürfnissen und Einkaufspräferenzen der jungen Verbraucher entsprechen, von der Produktauswahl bis zur Gestaltung der Geschäfte. Dazu gehören beispielsweise THE Colorist, Harmay und H.E.A.T. Ihr großer Vorteil: Laut iResearch-Daten gehen 73,5 % der Verbraucher in neue Multibrand-Beauty-Stores, weil sie dort Produkte kaufen können, die in traditionellen Beauty-Collection-Stores nicht erhältlich sind. Viele befinden sich zudem in Gebieten, die einen schnellen, unbemannten Zugang ermöglichen. Und auch der Preis ist ein Faktor.
In Chinas hart umkämpfter Kosmetikbranche spielen genau diese Faktoren eine wichtige Rolle. Und die „neuen Player im Markt“ kurbeln nicht nur den Kosmetikkonsum vor allem in der jüngeren Gesellschaft an, sondern bieten den etablierten Anbietern allmählich so richtig Paroli und nehmen ihnen Marktanteile ab. Durch den Druck der neuen Marktteilnehmer auf die Beauty Stores ging die Wachstumsrate von Watsons zurück und Mannings schloss sogar viele seiner Geschäfte.
Die neue Generation der Multibrand-Stores scheint die ganze Beauty-Branche zu disruptieren. Was macht sie so besonders? Das möchte ich gern an zwei Gedanken erklären.
Der Wandel der neuen Multibrand-Beauty Stores
Die neuen Multibrand-Beauty-Stores entsprechen mehr den Bedürfnissen und Einkaufspräferenzen junger Verbraucher, von der Produktauswahl bis hin zur Gestaltung der Szene, z.B. Ladendesign oder das Szenenerlebnis. Sie richten sich an junge Verbraucher, die auf das Einkaufserlebnis und das Preis-Leistungs-Verhältnis achten. Darüber hinaus ist neben der Fülle an Marken vor allem die Auswahl der Marken ein wichtiger Grund für die Verbraucher, warum sie die next Generation Multibrand-Beauty-Stores bevorzugen.
Der Konsum von Schönheitsprodukten durch die neue Generation von Verbrauchern zeigt einen Trend zu diversifizierten Kategorien und funktionalen Anforderungen, und sie sind eher bereit, Beautyprodukte zu wählen, die ihren eigenen Bedürfnissen entsprechen. Die neuen Multibrand-Beauty-Stores sind offener gegenüber aufstrebenden Marken und bieten auch Nischenprodukte an, die es in traditionellen Geschäften nicht zu finden gibt. Daher gewinnt die neue Art von Multibrand-Stores, zu denen viele aufstrebende Marken im In- und Ausland gehören, auch immer mehr die Gunst der Verbraucher.
Andererseits gibt es in den traditionellen Mehrmarken-Kosmetikgeschäften professionelle Berater, die mit den Verbrauchern interagieren und ihnen Produkte vorstellen. Im Vergleich zu den Beauty Associates (BA), die das Einkaufen in den traditionellen Beauty-Stores begleiten, wird in den neuen Beauty-Stores ein sogenannter „Light BA“-Modus angewandt, der den Verbrauchern einen eher freies Einkaufserlebnis bietet. Sie stöbern selbst herum und probieren aus.
Die jüngere Generation schenkt dem Shopping-Erlebnis mehr Aufmerksamkeit
Im Vergleich zu traditionellen Kosmetikgeschäften mit einheitlichem Ladenlayout und -design setzen die neuen Multimarken-Kosmetikgeschäfte stark auf die Gestaltung der Verkaufsfläche und investieren viel, um junge Menschen in das Geschäft zu locken. Die neuen Beauty Stores bieten den Verbrauchern einen Ort zum Ausprobieren, Erleben, Kaufen, Fotografieren und Teilen in den sozialen Medien. Laut Forschungsdaten glauben etwa 50 % der Verbraucher, dass ein teilbares Besuchserlebnis für Echtzeitspaß in den sozialen Medien auch einer der Hauptgründe für den Besuch und das Einkaufen in neuen Beauty Stores ist.
Viele Kunden haben es traditionell als schwierig empfunden, über Produktproben zu verhandeln und zu feilschen, so dass sie die neuen Beauty- Geschäfte jetzt als sehr großzügig bei der Verteilung von Proben hochwertiger Marken empfinden. Kleine Proben können die Neugier der Verbraucher wecken und es ihnen ermöglichen, in geringere Testkosten zu investieren, wenn sie neue Marken oder Produkte ausprobieren und leichter eine Kaufentscheidung treffen. Die neuen Beauty-Geschäfte haben die Nachfrage der neuen Generation von Kosmetiknutzern nach kleinen Produktmustern aufgegriffen, und der Verkauf der Muster als eigenständige Produkte in den Geschäften zu viel niedrigeren Preisen verhilft den Marken zu beträchtlicher Popularität.
Schlussendlich sollten sie Beauty Retailer immer die Frage stellen: wie kann ich mein Angebot so erweitern, dass ich sowohl meine bisherige Kundschaft glücklich stimme, aber auch neue Kundschaft anziehe.
Multibrand-Stores in der Kosmetikbranche – Fazit
Die Entwicklung zeigt deutlich, dass chinesische Händler gern über den Tellerrand hinausdenken und der Erfolg zeigt, dass sie hiermit richtig lagen und noch immer liegen. Sie verbinden – und das bereits seit vielen Jahren – die Vorteile der Online- mit den Vorteilen der Offlinewelt. Das wird in der Gestaltung ihrer Multibrand-Stores deutlich: Diese sind eben nicht nur auf das physische, sondern auch auf das (social-)mediale Kauferlebnis abgestimmt. Hier können sich die deutschen Händler eine kleine oder auch größere Scheibe abschneiden.
Lesen Sie auch: Chinesische Online-Plattformen – Wie deutsche Händler von China profitieren.
Die Autorin Christina Richter ist Personal Branding- und Kommunikationsstrategin mit Sitz in Berlin. Nach zehn Jahren in Agentur, Mittelstand sowie Großkonzern in den Bereichen PR, Unternehmenskommunikation und Social Media berät sie seit 2015 Unternehmen und UnternehmerInnen aus aller Welt.
Teilen Sie die Meldung „Multibrand-Stores in der Kosmetikbranche: Was sich Deutschland noch von China abschauen kann“ mit Ihren Kontakten: