15.05.2023 – Kategorie: eCommerce

Online-Handel in Deutschland: Neuer E-Commerce-Atlas zeigt regionale Unterschiede

Prime Day Onlinehandel Digital FirstQuelle: WrightStudio - Adobe Stock

Der Online-Handel in Deutschland unterliegt erheblichen regionalen Unterschieden bei Strukturen und Wachstum, die dazu führen, dass insbesondere ostdeutsche Unternehmen die Chancen des E-Commerce nicht voll ausschöpfen. Das ist das Ergebnis des „E-Commerce-Atlas Deutschland“ von ibi research, Amazon Deutschland und bevh.

Die Digitalisierung als Wachstumsmotor des gesamten Handels wird demnach in Deutschland sehr unterschiedlich genutzt. Wie der des „E-Commerce-Atlas Deutschland“, erstellt von ibi research an der Universität Regensburg, Amazon Deutschland und dem Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e. V. (bevh), haben die meisten Unternehmen ihren Sitz in Nordrhein-Westfalen (22 Prozent) und Bayern (17 Prozent). Aber nur 1,75 Prozent aller Unternehmen im Online-Handel kommen aus Thüringen und ein Prozent aus Mecklenburg-Vorpommern. Weit auseinander geht auch die wirtschaftliche Stärke der Unternehmen: Westdeutsche Onlinehändler erzielen einen durchschnittlichen Jahresumsatz von 29,39 Millionen Euro, in Ostdeutschland sind es gerade einmal 6,37 Millionen Euro. Im Mittel sind bei westdeutschen Onlinehändlern 29 Personen beschäftigt, in Ostdeutschland sind es 13 Personen.

Regionale Unterschiede im Online-Handel sind deutlich

„Der E-Commerce-Atlas gibt erstmals einen Überblick über die Verteilung der Unternehmen mit Online-Handel in Deutschland. Dabei analysiert er sehr deutlich die regionalen Unterschiede und zeigt auf, welche ‚Hebel‘ betätigt werden müssen, um die Entwicklung des Onlinehandels auch zukünftig erfolgreich zu gestalten“, erläutert Dr. Georg Wittmann, Geschäftsführer von ibi research.

„Deutschlands Regionen erschließen die Potentiale der Digitalisierung höchst unterschiedlich. Das ist dramatisch, weil die Digitalisierung gerade strukturschwachen Gegenden die Chance bieten sollte, wirtschaftlich aufzuholen. Obwohl das Internet 1990 und damit im Jahr der Wiedervereinigung erfunden wurde und die Unternehmen im Osten wie im Westen technisch bei null anfingen, scheint der Erfolg heute sehr ungleich verteilt“, erklärt Martin Groß-Albenhausen, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e. V. (bevh).

Marktplätze beschleunigen digitalen Wandel

Neben rund 100.000 Unternehmen, die gemäß ihrer Branchenzuordnung oder der Nutzung eigener Webshops als Onlinehändler identifiziert werden können, erhebt die Studie auch Kennzahlen von mehr als 10.000 Unternehmen, die ihre Produkte über die Marktplätze Amazon, eBay, Otto und bzw. oder Kaufland vertreiben. Die Auswertung der Strukturdaten legt die Vermutung nahe, dass Marktplätze wichtige Beschleuniger der Digitalisierung im Handel sind.

Der Umsatz von Marktplatz-Händlern ist – bei Betrachtung des Medians – mit zwei Millionen Euro höher als der Median aller deutschen Unternehmen mit Online-Handel, der etwas mehr als eine Million Euro beträgt. Die durchschnittliche Anzahl der Mitarbeiter von Unternehmen, die über mindestens einen Marktplatz verkaufen, liegt bei 31,1 – das Mittel aller Unternehmen im E-Commerce hingegen bei 27,1. Nur 17,8 Prozent aller Marktplatzhändler weisen eine negative Eigenkapitalquote aus, bei allen Unternehmen im E-Commerce sind es 19,8 Prozent.

Online-Handel
Verteilung der Gründungen von heutigen deutschen E-Commerce-Unternehmen in den Jahren 1981 bis 2021. (Grafik: ibi research)

Besonders während der Corona-Pandemie haben zahlreiche kleine Händler und Hersteller mit dem Verkauf über Plattformen begonnen. Viele Anbieter von Markplätzen haben dies auch durch einen zeitlich beschränkten Verzicht auf Provisionen unterstützt. Als weitere Gründe werden von den Marktplatzhändlern immer wieder die hohe Kundenfrequenz, die Möglichkeit, vergleichsweise einfach in ausländische Märkte zu verkaufen oder die Nutzung weiterer Leistungen wie Logistik-, Marketing- oder Payment-Services genannt.

Markus Schöberl, Director Seller Services bei Amazon Deutschland, kommentiert: „Ich halte die Erkenntnisse dieser Studie für sehr wichtig, denn sie verdeutlichen aus meiner Sicht einen Nachholbedarf bei der Förderung von kleinen und mittleren Onlinehändlern im Osten Deutschlands. Nur wenn im gesamten Land zumindest ähnliche Rahmenbedingungen für Gründungen und Wachstum gewährleistet sind, können die Vorteile des E-Commerce allen Unternehmern und Kunden zugutekommen.“

bevh fordert Stärkung von E-Commerce-Ökosystemen

„Digitalisierung zu fördern, ist die wichtigste Maßnahme, die wir politisch ergreifen können, um den Handel aktiv zu stärken“, erklärt Martin Groß-Albenhausen. Die Studie zeige daher konkrete Stellschrauben, mit denen die Grundlagen für ein lokales E-Commerce-Ökosystem geschaffen werden können. Dazu gehören:

  • Linderung des Fachkräftemangels durch relevante Ausbildungs- und Studienangebote
  • Ausbau von Infrastruktur und Nahverkehr, damit mehr Fachkräfte in ländlichen Regionen arbeiten
  • Bessere Breitbandversorgung sowie Weiterentwicklung von E-Government-Angeboten
  • Abbau einer überbordenden Bürokratie
  • Vereinfachung des Zugangs zu Förderprogrammen
  • Mehr politische Unterstützung und Anerkennung des E-Commerce als Verkaufskanal
  • Anpassung rechtlicher Anforderungen an Geschäftsmodelle des Onlinehandels
  • Unterstützung der Digitalisierung von Händlern über Marktplätze und Plattformen.

Diese Ansätze gelten zwar für Gesamtdeutschland, sind aber für die neuen Bundesländer aufgrund der vorhandenen Strukturschwächen besonders drängend. Nur so können die dort vorhandenen Potentiale verwirklicht werden.

Seit 1993 bildet ibi research an der Universität Regensburg GmbH eine Brücke zwischen Universität und Praxis. Das Institut betreibt anwendungsorientierte Forschung und Beratung, arbeitet also mit den Methoden der Wissenschaft an den Themen der Praxis. ibi research konzentriert sich dabei auf die Digitalisierung der Finanzdienstleistungen und des Handels, im E-Business, Multikanal, B2C-Geschäft und B2B-Geschäft. Das Forschungsspektrum reicht von der Marktanalyse und Geschäftsmodell-Entwicklung über Prozessgestaltung und Data Analytics bis hin zu Fragen der Governance und Compliance.

Der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) ist die Branchenvereinigung der interaktiven Händler. Neben den Versendern sind dem bevh auch Dienstleister angeschlossen. Der bevh repräsentiert die kleinen und großen Player und rund 90 Prozent des Umsatzes der Branche im Endkundengeschäft. Der bevh vertritt die Brancheninteressen aller Mitglieder gegenüber dem Gesetzgeber sowie Institutionen aus Politik und Wirtschaft.

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