11.05.2022 – Kategorie: Handel

Paketzustellung: 4 wichtige Ansätze zu einer nachhaltigen Logistik

PaketzustellungQuelle: Sendcloud

Der Paketversand hat während der Corona-Pandemie einen bisher nie gekannten Boom erlebt. Zugleich werden für Verbraucher Umwelt- und Klimaschutz immer wichtiger. Gastautor Rob van den Heuvel von Sendcloud stellt vier Lösungsansätze vor, wie sich die Paketzustellung nachhaltiger gestalten lässt.

2020 wurden in Deutschland, so der Bundesverband Paket- und Expresslogistik, 4,05 Milliarden Kurier-, Express- und Paketsendungen verschickt. Das waren 10,9 Prozent mehr als im Jahr davor. Und die Tendenz ist weiter steigend: So wird bis 2025 mit einem jährlichen Wachstum der Paketzustellung von sieben Prozent auf rund 5,7 Milliarden Sendungen gerechnet. Gleichzeitig zeigen Zahlen aus dem neuen Report vom Umweltbundesamt (UBA) zu Umwelteinstellungen der Verbraucher in Deutschland, dass für 65 Prozent der Befragten die Themen Umwelt- und Klimaschutz sehr wichtig sind und immer wichtiger werden. Das gilt auch für ein Alltagsthema wie der Paketzustellung, der während der Corona-Pandemie zuletzt einen bisher nie gekannten Boom erlebte.

Verbraucher wünschen sich nachhaltige Paketzustellung

Eine von Sendcloud im letzten Jahr in Auftrag gegebene Untersuchung zum Thema nachhaltige Zustellung zeigt den Wunsch, nachhaltiges Verhalten auch in den Alltag zu integrieren. Vielen befragten Konsumenten ist die wachsende Notwendigkeit möglichst nachhaltiger Paketlieferungen zunehmend bewusst. So beschäftigt dieses Thema über die Hälfte der in der Green-Delivery-Studie befragten Teilnehmer zumindest ein wenig. Mehr als einem Drittel ist es sogar sehr wichtig. Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass in der Brust vieler deutscher Verbraucher durchaus zwei Herzen schlagen. Auf der einen Seite gibt es den starken Wunsch nach Komfort, der die Ansprüche daran, wann, wie und wo ein Paket zugestellt wird, immer höher werden lässt. Auf der anderen Seite besteht der Wunsch nach einer möglichst auch nachhaltigen Paketzustellung. Diesen Spagat zu bewerkstelligen – das erwarten Verbraucher nun immer stärker von ihren bevorzugten Marken, um ihnen ein schlechtes Gewissen beim Online-Einkauf zu ersparen.

Der Trend, der sich hier andeutet, wird Händler in Zukunft mehr und mehr vor die Herausforderung stellen, dass Kundenbindung zunehmend auch daran geknüpft sein wird, wie gut Unternehmen die Erwartung ihrer Kunden an nachhaltige Prozesse erfüllen können. Das führt gleich zur Frage: Ist es schon möglich, die Paketzustellung in Zukunft wirklich nachhaltiger zu gestalten? Diese Frage lässt sich eindeutig positiv beantworten. So hat der enorme Strom von Paketen zu einem enormen Innovationsschub innerhalb der Logistikbranche geführt. Es gibt vier Lösungsansätze, die dazu beitragen können, die Prozesse der Paketzustellung nachhaltiger zu gestalten, ohne zu große Kompromisse bei den Bedürfnissen auf Kundenseite machen zu müssen.

1. Ausbau umweltfreundlicher Optionen bei der Paketzustellung

Der beste Weg, ein Problem wirklich anzugehen, ist, es direkt an der Wurzel zu packen. Für die Paketbranche heißt das: Verbraucher müssen für die jeweiligen Auswirkungen der von ihnen gewählten Lieferoptionen sensibilisiert werden. Heute ist eine Online-Bestellung einfach: Man klickt auf einen Button und am nächsten Tag steht die Bestellung vor der eigenen Haustür. Das ist so einfach, dass Menschen meist überhaupt nicht darüber nachdenken, wie sich ihre Lieferoption auf die Umwelt auswirkt. In unserer Umfrage war z. B. jeder fünfte Befragte der Ansicht, dass Paketzustellungen kein Problem für die Umwelt darstellten.

Auch wenn eine schnelle Lieferung schön ist, ist sie längst nicht immer notwendig. Und viele Verbraucher entscheiden sich sogar freiwillig dafür, ihre Bestellung erst etwas später zu erhalten, wenn sie z. B. dadurch Geld sparen können. So sind nach einer Accenture Untersuchung 36 Prozent der Online-Käufer bereit, für eine kostenlose Lieferung länger zu warten. Und in unserer „Green-Delivery“-Studie waren sogar fast zwei Drittel bereit, länger auf eine Bestellung zu warten, wenn dies den Ausstoß von CO2-Emissionen senken würde.

Händler können diesen Prozess also steuern und ihre Kunden auf einfache Weise motivieren, sich für eine nachhaltigere Lieferung zu entscheiden: Sie können eine CO2-intensive schnelle Lieferung am nächsten Tag teurer machen oder die langsame Lieferung kostenlos anbieten. Oder Sie können ihren Kunden im Moment der Lieferentscheidung Informationen zu den Umweltauswirkungen eines schnellen Versands anbieten. In unseren Kundenbefragungen waren über 80 Prozent der teilnehmenden VerbraucherInnen sogar bereit, für flexiblere und umweltfreundlichere Lieferoptionen einen Aufpreis zu zahlen, der sich zwischen 20 Cent und über einem Euro bewegt.

2. Ubifizierung der letzten Meile

Eine weitere Möglichkeit, Kunden schnell und trotzdem nachhaltig zu beliefern, ist die intelligente Nutzung des vorhandenen Laderaums. Zu manchen Zeiten fahren beispielsweise über 50 Prozent der LKWs in Europa teilweise oder ganz leer umher. Eine effizientere Nutzung des verfügbaren Laderaums ist nicht nur nachhaltiger, sondern auch kostengünstiger. Lösungen bieten hier beispielsweise bereits Transportnetzwerke wie Quicargo an, die ungenutzten Laderaum identifizieren und diesen als Verlader im Markt anbieten.

Eine solche „Ubifizierung“ der Logistik auf der letzten Meile wird sich zunehmend durchsetzen und dehnt sich bereits auf Privatpersonen aus. So können sich schon jetzt Einzelpersonen oder kleine Unternehmen etwas über Angebote wie „Amazon Flex“, das Uber für die Paketzustellung, als Teil des Liefernetzwerks anmelden. Dieser recht neue „Ubifizierungs“-Trend stellt eine interessante Möglichkeit dar, den Einsatz von Ressourcen zu optimieren, und könnte bei effizienter Organisation auch zur CO2-Reduzierung beitragen. Aus unserer Green-Delivery-Studie wissen wir übrigens, dass rund zwei Drittel der Befragten dafür wären, ein besonderes Engagement für einen nachhaltigeren Versand mit einem Gütesiegel auszuzeichnen, das auf einfache Weise als Entscheidungshilfe für Versandkunden dienen könnte.

3. Kürzere Wege für eine grünere Logistik

Eine der einfachsten Möglichkeiten, CO2 einzusparen ist natürlich die Verkürzung von Wegen: Je weniger Kilometer Transportfahrer auf der Straße zurücklegen, desto geringer ist der ökologische Fußabdruck eines Versandprozesses. Moderne Technologie ermöglicht bereits automatische Routenoptimierungen, die Fahrzeugeffizienzen erheblich steigern. So entwickelte beispielsweise Greenplan, ein von der DHL finanziertes Startup, einen Algorithmus für eine umweltfreundliche Routenplanung. Berücksichtigt werden dabei Faktoren wie der Kohlenstoffausstoß des Fahrzeugtyps und die Reichweite von Elektrofahrzeugen.

Durch die Kombination dieser Daten erstellt Greenplan eine effiziente und möglichst nachhaltige Routenführung. Ein solcher Algorithmus vermag allerdings noch viel mehr: Er kann nicht nur Emissionen reduzieren, sondern auch zu einer erhöhten Kundenzufriedenheit beitragen. Das beweist das schwedische Transportunternehmen Budbee: Sein Algorithmus zur Erstellung effizienter Routen unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsfaktoren ermöglicht es Kunden, Zustellungen auf ein einstündiges Zeitfenster zu begrenzen.

4. Lokalisierung der Paketzustellung

Eine Lösung für nachhaltige und flexible Zustellungen bietet auch die Lokalisierung des Zustellprozesses. Werden lokale Zustellnetze genutzt, legen Pakete nur noch kürzere Strecken zurück. Das reduziert den Schadstoff-Ausstoß und ermöglicht zudem auch noch eine schnellere Zustellung an den Kunden. Auch hier wieder ein Beispiel aus dem Amazon-Ökosystem. Im März 2020 investierte der E-Commerce-Konzern in ein Netzwerk neuer Mikro-Fulfillment-Zentren, die sehr beliebte Artikel immer auf Lager haben. Dies ermöglicht zwar eine schnelle Lieferung dieser Artikel, aber ohne erhöhte Emissionen. Von solchen lokalen Lieferstrategien profitieren aber nicht nur E-Commerce-Großkonzerne, auch kleinere Online-Shops haben hierdurch Vorteile: Mittlerweile gibt es in vielen Regionen lokale Kuriere, die die Zustellung auf der letzten Meile umweltschonend per (Lasten-)Fahrrad erledigen. Auch hier stimmen die Ergebnisse aus unserer Green-Delivery-Studie

Mehr als die Hälfte der befragten Teilnehmer gab an, sie würden auch bei einem Händler in ihrer Nähe bestellen, wenn sich dadurch ihr ökologischer Fußabdruck reduzieren lasse. Eine weitere Option, die Wege im letzten Zustellungsschritt umweltfreundlicher zu machen, ist die Lieferung der Ware an einen Paketshop oder eine Packstation in der Nähe der Empfänger. Fast zwei Drittel der „Green-Delivery“-Studien-Teilnehmer befürworteten diese Art der Zustellung. Ausschlaggebend war hierbei allerdings die Entfernung zur Zustellstation. Für mehr als der Hälfte der Befragten dürfe diese 2,5 Kilometer nicht überschreiten.

Paketzustellung: Aufrütteln des Status quo

Die gute Nachricht ist: Alle diese kleinen Beispiele zeigen, dass der Liefermarkt in Bewegung gekommen ist. Im Wettlauf um eine schnelle und flexible Zustellung müssen Unternehmen heute auch nachhaltigere und zugleich kostengünstigere Zustelllösungen nutzen. Damit bietet sich die Chance, nicht nur ihre Kunden zufriedenzustellen, sondern gerade auch die letzte Meile umweltfreundlicher zu gestalten. Und die Voraussetzungen dafür stehen gut. Im Durschnitt interessieren sich die Hälfte der in unserer Studie befragten Deutschen für eine nachhaltigere Lieferung.

Im Vergleich mit Europa liegen Verbraucher in Deutschland, zumindest was das Umweltbewusstsein angeht, damit auf einer Spitzenposition. Mit dem gestiegenen Bewusstsein und den immer drängenderen Problemen, die durch den Klimawandel entstehen und uns jeden Tag mehr vor Augen treten, werden Verbraucher Marken in Zukunft auch stärker nach Klimaschutzmaßnehmen beurteilen. Und die Innovationen in der Logistik sind da. Jetzt ist es an der Zeit, diese Möglichkeiten auf allen Ebenen auch in die Praxis umzusetzen.

Paketzustellung Sendcloud
Rob van den Heuvel ist CEO von Sendcloud. (Bild: Sendcloud)

Über den Autor: Rob van den Heuvel ist CEO bei Sendcloud. Über Sendcloud. Sendcloud ist Anbieter einer All-in-One-Versandplattform für E-Commerce-Unternehmen, die ihr Geschäft skalieren wollen. Hierbei wird Versandweg von der Kaufabwicklung bis zur Rücksendung optimiert und steigert dadurch die Wettbewerbsfähigkeit von Online-Händlern. (sg)

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