31.03.2022 – Kategorie: Marketing

Psychologie im Marketing: Diese 3 Modelle verhelfen zu mehr Erfolg

Psychologie im Marketing: Diese 3 Modelle verhelfen zu mehr ErfolgQuelle: fotomek-Adobe Stock

Obwohl die Bereiche Online-Marketing/ Suchmaschinenoptimierung und Psychologie auf den ersten Blick eher wenig verbindet, lohnt es sich, genauer hinzusehen und zunächst einmal über etwaige Mythen aufzuklären wie der Glaube, Suchmaschinenoptimierung befasse sich ausschließlich mit der Manipulation komplexer Suchalgorithmen.

Zwar optimiert man Inhalte für Suchmaschinen wie Google, indem man Inhalte für Google verständlich aufbereitet, Keywords verwendet, Seiten intern mit dem richtigen Ankertext verlinkt und thematisch relevante Backlinks generiert. Aber ein Rankingfaktor wird immer noch zu sehr unterschätzt, obwohl dieser wohl mit der Zeit der wesentliche Faktor werden wird: Für Google messbare Nutzersignale.

Denn bei der Optimierung für die Suchmaschinen liegt der Fokus immer stärker auf dem Verhalten der Website-Besucher und auf Fragen wie: Welches Ziel verfolgt der Nutzer mit seiner Suchanfrage zum gegenwärtigen Zeitpunkt? Bzw. wie sinnvoll sind bestimmte Formate dafür und wie detailliert sollten die gesuchten Informationen sein?

Gerade wenn es um die Suchintention geht, werden Kenntnisse aus der Psychologie interessant. Wenn man Menschen an der richtigen Stelle abholen will, man muss ihren gegenwärtigen Modus im Hinblick auf Aufmerksamkeit und die beiden grundsätzlichen Arten, Reize und Informationen wahrzunehmen und zu verarbeiten, verstehen und nachvollziehen.

Hierzu lassen sich drei empirische Modelle aus der Psychologie heranziehen:

1. Prinzip der „Zwei Prozesse” oder Dual Process Model

Dieses Prinzip ist relativ bekannt und kommt auch im Online-Marketing zur Geltung. Es liefert eine realitätsnahe Beschreibung der beiden Arten, einen Reiz (in unserem Kontext beispielsweise eine Information oder einen Seiteninhalt) zu verarbeiten.

Es werden zwei Arten der kognitiven Bewertung von Inhalten unterschieden:

  1. die schnelle und energiesparende Variante
  2. die bewusste und mit einem höheren Energieaufwand verbundenen Variante.

Wir zeigen hier zur Veranschaulichung, wie diese Arten der Reizverarbeitung in der Praxis aussehen könnten:

In der ersten Recherchephase sucht ein Nutzer nach Informationen und bewertet dazu passende Produkte oder Anbieter anhand oberflächlicher Kriterien (z. B. Qualität der Produktbilder). Aus diesen Kriterien setzt sich seine spätere Gesamtbewertung der Website zusammen;der eigentliche Bewertungsprozess läuft dabei unbewusst ab.

Für den Anbieter ist es an dieser Stelle besonders wichtig, alles dafür zu unternehmen, um das Bedürfnis des Nutzers nach vorerst oberflächlicher Information zu befriedigen. Dabei sollten auch die richtige Zeit und das bevorzugte Format des Nutzers unbedingt berücksichtigt werden.

Für die Planung und Ausarbeitung von Content, ist es unabdingbar, diese Besonderheiten der Reizverarbeitung zu beachten. So könnten beispielsweise in der Informationsphase wichtige Produktinformationen in einem kurzen Video zusammengefasst werden, damit Interessenten einen ersten Eindruck von dem Produkt bekommen und die wichtigsten Fragen geklärt werden können.

Würde man hingegen bereits in dieser Phase schon zu viele, zu diesem Zeitpunkt noch unwichtige Produktdetails liefern, könnten potenzielle Kunden mit zu vielen unpassenden Reizen bzw. Informationen „überflutet” werden. Sie müssten also zu viel Energie für die unbewusste Reizverarbeitung aufbringen und folglich könnte es passieren, dass sie nach einem alternativen Anbieter suchen, der sie weniger „überfordert”. Als Überforderung könnten an dieser Stelle ein zu detaillierter Text oder eine unübersichtliche Menüführung, bei der man sich die richtigen Kategorien erst aufwendig heraussuchen muss, empfunden werden.

Psychologie im Marketing und die Bedeutung von Produktbeschreibungen

Ist die Informationsphase hingegen bereits abgeschlossen, befindet sich der Interessent schon einige Schritte weiter und erwartet möglicherweise eine ausführliche Produktbeschreibung mit vielen Details (beispielsweise als Text oder im Videoformat). Das bedeutet: Je weiter er in seiner Customer Journey vorangeschritten ist, desto höher ist seine Motivation, sich mit vielen detaillierten Informationen, die ihn schlussendlich von dem Produkt überzeugen sollen, zu befassen.

Natürlich sollte man ihm als Anbieter die an diesem Punkt sehr relevanten Details nicht vorenthalten. Für eine gute Content-Strategie heißt es folglich, dass man bereits bei der Planung immer überlegen sollte, an welcher Stelle des Conversion-Funnels bzw. der Customer Journey sich der Nutzer gerade befindet, um die Detailtiefe der Inhalte entsprechend ausrichten.

Zu den bekanntesten „Hilfsmitteln’’ bei der Entscheidungsfindung gehören auch sogenannte mentale Abkürzungen (Heuristiken), also oftmals ungeprüfte Überzeugungen, wie beispielsweise „Experten haben immer Recht” oder „Trustsiegel stehen für Expertise”. Die Einordnung neuer Informationen in ein erlerntes Schema, auch „Schubladendenken’’ genannt, fällt uns wesentlich leichter, wenn wir darauf zurückgreifen können.

Folgende Fragen spielen dabei eine zentrale Rolle:

  • Ist eine Identifikation mit dem Anbieter möglich?
  • Haben wir Gemeinsamkeiten?
  • Gehöre ich zur Zielgruppe?
  • Kann ich zu dieser Firma durch gemeinsame Werte oder vergleichbare Probleme in Beziehung treten?

Da diese Fragen eine schnelle Kategorisierung und Bewertung des Inhalts ermöglichen, ist es aus Anbietersicht durchaus sinnvoll, den potenziellen Kunden so zu unterstützen, dass er sie möglichst schnell und ohne Unterbrechungen des Aufnahmeprozesses beantworten kann, ohne störende Ablenkungen (wie etwa zu viel Text oder Calls To Action).

2. Taktiken der Überzeugung oder Persuasion Tactics

In diesem in der Marketingszene verbreiteten Ansatz geht es ebenfalls um mentale Abkürzungen sowie den taktischen Einsatz solcher  Prinzipien wie Autorität („Experten empfehlen unsere Produkte”), soziale Bewährtheit („Viel Wasser trinken ist gesund”) oder Knappheit („Wir sind zu 90 % ausgebucht”), um den Nutzer von einem Produkt oder einer Dienstleistung zu überzeugen.

Weitere relevante Aspekte sind in diesem Zusammenhang:

  • Reziprozität (Der Kunde bekommt einen Rabatt und erhöht daraufhin den Bestellwert durch ein weiteres Produkt)
  • Commitment und Konsistenz (Der Kunde verhält sich konsistent, wenn er sich zuletzt für das Produkt der Marke X entschieden hat und in absehbarer Zukunft erneut Produkte dieser Marke bestellt)
  • Sympathie (Wird uns ein Produkt von jemandem empfohlen, mit dem wir befreundet sind – oder es uns zumindest vorstellen können – ist es relativ wahrscheinlich, dass wir dieses Produkt irgendwann auch kaufen)

Abhängig vom Thema oder Produkt, kann es sinnvoll sein, diese Prinzipien miteinander zu kombinieren, um eine höhere Conversion Rate zu erreichen.

So sieht die ideale Landingpage aus

Eine „ideale” Landingpage, die jedes dieser Prinzipien abdeckt, könnte so aussehen:

Die Firma X bietet Beratung im Bereich IT-Security und eine entsprechende Software an. Sie wirbt damit nach „ISO XXXX” (Trustsiegel) zertifiziert zu sein und macht durch Expertenzitate darauf aufmerksam, dass IT-Leiter anderer Firmen ihre Software bereits nutzen und auch weiterempfehlen (Autorität).

Interessenten bietet sie die Möglichkeit, sich in einem Erstgespräch zum Produkt kostenfrei beraten zu lassen und schafft dadurch einen kostenlosen Mehrwert (Reziprozität). Darüber hinaus wird auf der Landingpage darauf hingewiesen, dass die Software nur noch wenige Tage zu einem ermäßigten Preis verfügbar sein wird (Knappheit).

Klickt der neugierige Interessent nun auf „Mehr erfahren”, wird ihm zusätzlich die Einrichtung eines kostenlosen Testaccounts vorgeschlagen (Konsistenz). Natürlich darf dabei auch das Prinzip der Sympathie nicht fehlen: Die Firma hebt ihr Umweltbewusstsein hervor und schafft es damit, dass sich der Interessenten besser mit ihr und ihren Werten identifizieren kann.

Schließlich wird im Testimonial-Bereich auf positive Erfahrungen anderer Kunden hingewiesen (soziale Bewährtheit).

3. Psychologie im Marketing: Wahrnehmungsverzerrungen oder Cognitive Bias

Mit den mentalen Abkürzungen ist ein weiteres psychologisches Phänomen verbunden, nämlich sogenannte Verzerrungen der Wahrnehmung (Cognitive Bias). Dabei handelt es sich genau genommen um „Denkfehler’’, welche Online-Marketing Experten für sich zu nutzen wissen.

Zu diesem Phänomen zählen zum einen Bestätigungsfehler (Confirmation Bias). Unter dieser Bezeichnung versteht man in der Psychologie die Tendenz von Menschen, Informationen, welche die eigenen, bereits existenten Überzeugungen und Ansichten bekräftigen, eher zu glauben, als anderen, die sich von den eigenen Ansichten unterscheiden.

Solche Verzerrungen der Wahrnehmung ermöglichen eine schnellere und unkomplizierte Entscheidungsfindung, setzen allerdings für eine erfolgreiche Anwendung im Online-Marketing voraus, dass man die Überzeugungen und Wertvorstellungen des potenziellen Kunden bereits gut kennt. Um ein Verständnis für diese wichtigen Eigenschaften zu entwickeln, kann es hilfreich sein, sogenannte Personas zu erstellen.

Unter dem Begriff versteht man das fiktive Profil eines typischen Kunden, anhand dessen sich seine alltäglichen Probleme analysieren und mögliche Strategien, diese Probleme zu lösen, entwickeln lassen. Aus diesem Grund sind Personas die Basis  jeder Online-Marketing-Strategie.

Ein weiteres interessantes Beispiel für Wahrnehmungsverzerrungen ist der serielle Positionseffekt, welcher auch unter dem Namen Primacy-Recency-Effekt bekannt ist. Darunter versteht man in der Psychologie die Tatsache, dass Informationen, welche zuerst oder ganz am Ende (z. B. in einem Vortrag, Video oder Text) aufgenommen werden, besser erinnert werden, als solche Informationen, die zwischen diesen Abschnitten eingehen.

Für die praktische Anwendung dieses Gedächtnisphänomens, beispielsweise in Marketingtexten, bedeutet es, dass besonders wichtige Informationen und  Begriffe am Anfang (z. B. im ersten Absatz eines Blogartikels) vorkommen sollten. Im letzten Textabschnitt liest man hingegen häufig ein Fazit oder eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Informationen und, wenn sinnvoll, auch einen Call-To-Action, der den interessierten Leser zu weiteren Handlungen animieren soll.

Kombination der Psychologie-Modelle im Marketing

Um potenziellen Kunden eine bedarfsgerechte Unterstützung anzubieten, lohnt es sich also, mithilfe der Psychologie ein besseres Verständnis für die Besonderheiten der menschlichen Wahrnehmung zu entwickeln und auch die eigene Wahrnehmung in Hinblick auf die vorgestellten Phänomene zu trainieren.

Darüber hinausgehend ist auch eine Kombination der vorgestellten psychologischen Modelle im Online-Marketing oft sinnvoll und erstrebenswert, insbesondere wenn man bedenkt, dass sich selbst eine solide aufgestellte Marketingstrategie häufig noch um die oben genannten Erkenntnisse und Modelle erweitern lässt.

Lesen Sie auch: Customer Journey – Warum die Reise der Kunden keine Einbahnstraße ist.

Psychologie im Marketing, Christian Eichhorn
Bild: SEO Monkey

Der Autor Christian Eichhorn ist Gründer von SEO Monkey, einer SEO Agentur aus Köln. Er ist studierter Psychologe, SEO-Nerd und berät Unternehmen mit Expertise und Engagement darin, ihren Umsatz durch bessere Google-Platzierungen zu steigern.


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