17.08.2010 – Kategorie: Allgemein
Rechtsmissbrauch bei Abmahnungen
Das Kammergericht Berlin hatte sich in einer aktuellen Entscheidung (Beschluss vom 03. August 2010, Az.: 5 U 82/08) mit der Frage zu beschäftigen, ob das Vorgehen eines Onlinehändlers rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs.4 UWG ist.
Das Gericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts und wies die eingelegte Berufung zurück. Für die Richter war die Anzahl der geführten Verfahren noch nicht entscheidend: „…Die erhebliche Zahl von Verfahren, mit denen die Klägerin wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche betreibt, reicht allerdings allein – wie auch die Beklagte erkennt – für einen solchen Schluss nicht aus. Zwar kann eine Missbräuchlichkeit dann vorliegen, wenn eine unverhältnismäßig umfangreiche Abmahntätigkeit in einem Branchenbereich vorliegt, in dem der Abmahner selbst nur marginal tätig ist…Die Klägerin, die im Rahmen ihrer eBay-Verkäufe seit 2001 über 25.000 Bewertungen erhalten hatte, war aber nicht nur “marginal” im vorbezeichneten Sinne tätig.
Immerhin kann vorliegend aber schon festgestellt werden, dass im Namen der Klägerin eine Vielzahl von leicht über das Internet zu ermittelnder Verstößen verfolgt worden sind, die rechtlich kaum Probleme aufgeworfen und den Geschäftsbetrieb der Klägerin nur indirekt und eher abgeschwächt berührt hatten. Die Klägerin ist dem nicht näher entgegengetreten…“
Entscheidend war, dass der klagende Onlinehändler für die Rechtsverfolgung eines sog. Prozessfinanzierer eingeschaltet hatte: „…Nach den vorliegenden Fallumständen war die Einschaltung des Prozessfinanzierers für die Verfolgung einer Vielzahl von wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen deshalb missbräuchlich, weil die Klägerin damit jeglichem Kosten- und Verlustrisiko enthoben wurde und somit das eigene Gewinnerzielungsinteresse (etwa aus späteren Vertragsstrafen) und das Gewinnerzielungsinteresse ihres in fortlaufender Geschäftsbeziehung mit diesem Prozessfinanzierer zusammenarbeitenden Rechtsanwalts (der der Klägerin von dem Prozessfinanzierer vermittelt worden ist) in den Vordergrund trat. Wenn ein Prozessfinanzierer zur gerichtlichen Durchsetzung einer Geldforderung eingesetzt wird, trifft die Partei jedenfalls in soweit ein eigenes Verlustrisiko, weil sie im Falle eines Erfolgs dem Prozessfinanzierer regelmäßig einen Anteil an der durchgesetzten Forderung schuldet. Bei der Verfolgung von Unterlassungsansprüchen kommt dies naturgemäß nicht in Betracht. Darüber hinaus spricht die enge geschäftliche Verbindung zwischen dem Prozessfinanzierer und dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin für ein missbräuchliches Vorgehen im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG. Die Klägerin hatte von den wesentlichen Umständen (Vermittlung ihres Prozessbevollmächtigten durch den Prozessfinanzierer, unmittelbare Kostenabrechnung zwischen diesen, Verfolgung einer Vielzahl von Fällen, keinerlei eigenes Kostenrisiko, Möglichkeit einer Gewinnerzielung jedenfalls durch Vertragsstrafen) Kenntnis…“
(Autor: RA Rolf Albrecht)
Info: www.volke2-0.de
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