23.03.2022 – Kategorie: eCommerce

Retouren im Onlinehandel: Deshalb sind sie die geheimen Margenkiller

Retouren im Onlinehandel

Viele Händler beobachten die Retourenquote ihrer Produkte zwar, um Rückschlüsse auf die Kundenzufriedenheit zu ziehen. Die meisten wissen aber nicht, welchen direkten Einfluss die Retourenquote auf ihre Margen hat. Wir zeigen Ihnen, worauf Onlinehändler daher achten sollten.

Eine intensive Analyse der Retouren­quote gibt in erster Linie Auskunft über die Kundenzufriedenheit. Onlinehändler sollten aber auch die Produkt-­Deckungsbeiträge genau im Blick haben. Retouren im Onlinehandel führen nämlich zu erheblichen Zusatzkosten, die Margen im Onlinehandel negativ beeinflussen können. Die wenigsten Händler wissen jedoch, wie sich Deckungsbeiträge durch eine niedrigere Retourenquote steigern lassen.

Retourenschäden im Einzelnen

Gerade in puncto Retouren glauben viele Webshop-Betreiber: „Der Kunde schickt den Artikel doch zurück, ich erstatte ihm den Kaufpreis, erhalte meine Ware zurück und kann durch die Gutschrift sogar meine vorher ausgewie­sene Umsatzsteuer zurückbekommen. Wieso sollte meine Marge beeinflusst werden?” Dass die hohe Retourenquote aber die Produkt-Deckungsbeiträge belastet, hängt mit verschiedenen Faktoren zusammen.

1. Steigende Fulfillment-Gebühren

Die Gebühr, die für das Fulfillment der Artikel gezahlt werden, fällt bei jedem Verkauf an. Diese Gebühr erstatten Ful­fillment-Dienstleister logischerweise nicht zurück, wenn Kunden die Waren zurücksenden. Verpackt ist die Ware dennoch – trotz Retourenversand. Je höher jedoch die Retourenquote ist, desto höher sind die effek­tiven Fulfillment-Gebühren. Denn nun verteilen sich die Gebühren für Verkäufe nur noch auf die Verkäufe abzüglich der Retouren.

2. Verkaufsprovisionen werden bei Retouren im Onlinehandel nicht vollständig erstattet

Oft werden, entweder durch Shop-Anbieter oder auf Marktplätzen, Verkaufsprovisionen vereinbart. Retourniert ein Kunde ein Produkt, werden sie abhängig vom Anbieter meistens nicht vollständig zurückerstattet. Auf dem Amazon-Marktplatz etwa ist es üblich, nur 80 Prozent der Verkaufsprovision zurückzubekommen. An­dere Anbieter erstatten zwar mehr, erheben aber eine zusätzliche „Rücksendegebühr”. Diese ist ebenfalls ein Kostentreiber bei Retouren. Zudem erheben auch Fulfillment-Anbieter oftmals hohe Gebühren für Entgegennahme und Wiedereinlagerung von Rücksendungen. Sie entstehen entweder durch den Shop-Anbieter oder Marktplatz und müssen über die Produkt-Verkaufspreise der Onlinehändler verdient werden.

3. Hohe Werbekosten

Die Mehrheit der Onlinehändler schaltet Werbung über Kanäle wie Amazon, Facebook oder Google. Um zu messen, wie profitabel die Anzeigen performen, werden die Werbekosten in der Regel zum Absatz, Umsatz oder Deckungsbeitrag, entweder der Werbeverkäufe oder aller abgesetzten Einheiten, ins Verhältnis gesetzt. Da Kunden aber Waren auch retournieren, müssten Onlinehändler streng genommen die Ge­gengröße zu den Werbekosten, aber ­abzüglich der Retouren betrachten. Denn für zurückgesendete Einheiten sind ursprünglich Werbekosten entstanden, im Falle einer Retoure wurden sie umsonst ausgegeben. Würden Retouren mit in die Werbeperformance eingerechnet, würden sich gängigen Kennzahlen wie ACoS (Advertising Cost of Sales), CPO (Cost per Order), RoAS (Return on Advertising Spend), etc. verschlechtern.

Da eine Kampagnenoptimierung, die Retouren berücksichtigt, schwer umzusetzen und auf Keyword-Ebene kaum möglich ist, empfiehlt es sich, die Retourenquote schon beim Festlegen der gewünschten ACoS beziehungsweise CPO zu berücksichtigen. Die Werte sollten Händler entsprechend nach unten korrigieren. Alternativ lassen sich Deckungsbeitrag oder Deckungsbeitragsmarge um diese sogenannten Retourenschäden korrigieren. Dieser Posten hat, abhängig vom Werbeverhalten, das Potenzial, die Margen stark zu erhöhen, wenn die Retourenquote sinkt.

4. Retouren im Onlinehandel: Lagerkosten

Retournierte Waren sollten idealerweise nicht im Lager bleiben. Das ist jedoch abhängig von den definierten Prozessen. Meistens jedoch fällt eine Gebühr für Warenprüfung, Wiedereinlagerung, Rücksendung oder Vernichtung von nicht verkaufbaren Einheiten an. Je nachdem wie ein Händler hier vorgeht, fallen weitere Kosten an. Sollte eine Einheit nach der ersten Negativ-Prüfung zurückgesendet werden, aber noch verkaufbar sein, ist eine erneute Wiedereinsendung ins Lager nötig, was weitere Kosten verursacht.

5. Kosten für Vernichtung der retournierten Waren

Waren, die der Fulfillment-Anbieter oder der Händler als nicht verkaufbar einstuft und vernichtet, verursachen zusätzliche Retourenschäden. Durch die Vernichtung entstehen dem Händler zusätzlich zur Prüfungs- und eventuell Vernichtungsgebühr weitere Kosten. Sie umfassen anteilig alle Produktions-, Transport- Vorbereitungs- und Lagerkosten, die das Produkt bis zum Zeitpunkt des Verkaufs verursacht hat. Für den Händler bedeutet das einen Komplettverlust. Der Verkäufer hat den Einkaufspreis umsonst bezahlt.

Außerdem sind weitere finanzielle Einbußen durch Retouren möglich. Vor allem für Händler, die FBM (Fulfillment by Merchant) nutzen. Es entstehen hohe Kosten für die Entgegennahme und Wiedereinlagerung von Kundenrücksendungen. Aber auch Händler mit eigenem Shop müssen hier gegebenenfalls noch weitere Punkte zu variablen Provisionen oder Zahlungsgebühren beachten, die abhängig von den Kostenstrukturen des Shop-Anbieters zu Retourenschäden führen können.

Retouren im Onlinehandel: Fazit

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass in der Retourenquote ein erhebliches Einsparpotenzial steckt. Durch gezielte Maßnahmen wie Qualitätsverbesserungen, Steigerung des Kundenerlebnisses, klare Anleitungen oder deutliche Bild-Darstellung des Produkts im Online-Shop können Händler eine Senkung der Retourenquote erzielen und ihren monatlichen Unternehmenserfolg beträchtlich verbessern.

Ein Beispiel: Wie viel Geld lässt sich sparen?

Ein Händler hat zehn Produkte in seinem Portfolio, jedes davon hat einen Tagesabsatz von 20 Einheiten. Hat ein Produkt des Händlers einen Retourenschaden von 0,70 €, der sich aus einzelnen Retourenaufwendungen summiert, kosten die Retouren pro Monat 0,70€ x 10 Produkte x 20 Einheiten/Tag x 30 Tage = 4.200 €. Schafft es der Händler, seine Retourenquote von etwa 10 Prozent auf 5 Prozent zu senken, fallen nur noch die halben Retourenkosten an und er könnte 2.100 € pro Monat sparen.

Retourenkosten von 0,70 € sind jedoch eher unüblich. In vielen Fällen liegen sie deutlich höher – auch bei Produkten im mittleren Preissegment. Das Einsparpotenzial durch eine geringere Retourenquote ist bei Produkten mit höheren Absätzen, höheren anteiligen Retourenschäden oder höheren Retourenquoten dabei besonders hoch. Der Grund: Eine Verbesserung des Produkts oder beispielsweise der Darstellung im Shop, spart Warenrücksendungen und damit Kosten.

Retouren im Onlinehandel
Thorben Kienitz ist Geschäftsführer der WHK Controlling GmbH (Bild: Thorben Kienitz)

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