04.08.2022 – Kategorie: Logistik
Retourenmanagement: Wie Onlinehändler die Retourenquote senken können
Die Anforderungen der Kunden an das Online-Einkaufserlebnis wachsen stetig. Das schließt vor allem auch Rückgabeprozesse mit ein. Doch beim Retourenmanagement lauern viele Herausforderungen. Wie sich das meistern lässt, erklärt Gastautor Jeroen Gehlen von Wuunder.
Menschen kaufen immer mehr Waren online. Auch Produkte, die lange Zeit traditionellerweise im stationären Geschäft gekauft wurden, werden zunehmend online zugestellt. Dazu zählen beispielsweise Möbel, aber auch Lebensmittel oder Hygieneartikel. Diese Zunahme an Online-Bestellungen bedeutet in den meisten Fällen allerdings auch einen signifikanten Anstieg des Aufkommens von Retouren. Laut einer Studie von Bitkom von 2021 schicken Kunden 15 Prozent der online bestellten Waren wieder zurück. In anderen Worten: Onlinehändler erhalten etwa jede siebte Bestellung wieder. Diese hohe Menge an Retouren belastet in vielen Fällen das Geschäft der Händler. Mit Retourenmanagement lassen sich Verluste reduzieren, zudem hat es positive Auswirkungen auf die Umwelt.
Retourenmanagement – ein Argument der Nachhaltigkeit
Aufgrund des zunehmenden Wettbewerbsdrucks bieten Onlinehändler ihren Kunden immer mehr. Sie erhalten Waren am selben oder nächsten Tag bis vor die Haustür geliefert. Und falls sie auf Reisen sind, wird die Sendung an einen Nachbarn, in die Garage, an ein Einzelhandelsgeschäft des Vertrauens oder an einen Paketshop oder eine Packstation geliefert. Gleichzeitig steigen Versand- und IT-Kosten für eine optimale Abwicklung. Die gleiche Erfahrung erwarten Kunden auch für die Rücksendung. Sie wünschen sich die Abholung in einem bestimmten Zeitrahmen an einem bestimmten Tag zu Hause, die Möglichkeit zur Abgabe im Paketshop oder in einer der Filialen des Einzelhändlers. Ein Retourenmanagement zur Verwaltung all dieser Dienste bedeutet viel mehr Interaktion mit Spediteuren und Kunden. Um so eine herausragende Einkaufserfahrung zu bieten. Onlineshops, welche das nicht bieten können, verlieren daher möglicherweise Kunden an die Konkurrenz.
Allerdings führt eine optimierte Customer Journey auch dazu, dass Verbraucher beispielsweise wohlwissend mehrere Ausführungen eines Produktes bestellen. Und zwar mit der von vornherein feststehenden Absicht, einen Teil davon wieder zurückzuschicken. Hier setzt häufig das Argument der Nachhaltigkeit ein: Ist E-Commerce grundsätzlich schädlich für die Umwelt? Jein. Prinzipiell kann das ein Trugschluss sein, denn die Zustellung von 100 Bestellungen auf einer optimierten Route an 100 verschiedene Kunden ist unter Umständen umweltfreundlicher als die Fahrt dieser Personen mit dem Auto zum Einkaufszentrum. Das Argument gewinnt noch mehr an Schlagkraft, wenn Elektrofahrzeuge zum Einsatz kommen und eine Routenoptimierung bei der Paketzustellung stattfindet. Nichtsdestotrotz: Immer mehr ansteigende Retouren belasten die Umwelt, aufgrund doppelter Transportwege, aber nicht zuletzt auch aufgrund der erneuten Verpackungen.
Trick 17 beim Retourenmanagement anwenden
Die naheliegendste Maßnahme, um Retouren zu reduzieren, ist es, Kunden keinen Anlass dafür zu geben. Das bedeutet für Händler vor allem, ein tiefes Verständnis für deren Bedürfnisse aufzubauen und fortwährend zu pflegen. Ein weiteres Stichwort beim Retourenmanagement: Wissen die Käufer von vornherein, was sie erwartet, gibt es keinen Grund für eine Rücksendung. Dazu gehören beispielsweise eine wahrheitsgetreue Bebilderung der Ware, korrekte Angabe von Größen und möglichst detaillierte Produktbeschreibungen.
Eine akkurate Angabe der Lieferzeit und die dazugehörige Kommunikation werden jedoch häufig vernachlässigt. Dabei ist auch diese ein wichtiger Bestandteil beim Retourenmanagement. Schließlich verlassen sich Kunden in der Regel darauf, die bestellten Waren bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erhalten. Das trifft beispielsweise besonders auf Geburtstagsgeschenke zu. Aber auch auf Arbeitsmaterialien oder spezielle Kleidung, die für einen bestimmten Anlass gedacht ist.
Sollte sich das Eintreffen eines Produkts verspäten oder das Datum sogar von Beginn an intransparent kommuniziert werden, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer Rücksendung. Falls der Händler die Ware nicht an die ursprünglich angegebene Adresse liefern kann, gilt es, die Alternativen aufzuzeigen. So sollten Nachbarn, Spätkauf oder Post bestenfalls mit dem Transportdienstleister verbunden sein und konkrete Auskunft geben können. Andernfalls tritt das Paket ebenfalls mit erhöhter Wahrscheinlichkeit den Rückweg an.
Retourenmanagement immer wieder optimieren
Retouren lassen sich nie hundertprozentig verhindern, weshalb Retourenmanagement trotz der beschriebenen Maßnahmen stets optimiert werden sollte. Wenn sich Rückgabeprozesse besonders nutzerunfreundlich oder unnötig kompliziert gestalten, dann ist das häufig ein Grund für Unzufriedenheit und demnach auch für Beschwerden. Zudem mindert dieser Umstand die Wahrscheinlichkeit, dass Kunden erneut im betroffenen Onlineshop einkaufen. Wenn mit der Zustellung oder auch Rücksendung etwas nicht nach Plan läuft, so kommt es hin und wieder vor, dass Käufer sich allein gelassen fühlen und selbst Kontakt zu den zuständigen Transportunternehmen aufnehmen müssen. Das ist manchmal auf überlastete Teams oder einen zu kleinen Kundenservice zurückzuführen: Nicht jedes Unternehmen hat entsprechende Kapazitäten, besonders kleinere Shops müssen abwägen, wo ihr Personal zum Einsatz kommt.
Externe Unterstützung bei der Abwicklung von Rücksendungen
Externe Dienstleister können bei derlei Aufgaben unter die Arme greifen und zudem mit entsprechender Software und Expertise aufwarten. Sie organisieren den reibungslosen Prozess der Rückgabe, indem sie die Lieferung überwachen und Käufer im Namen des Unternehmens entsprechend informieren, sollten Probleme oder Verzögerungen während des Transports entstehen. Zudem stellen sie Rückgabeformulare im Branding des Händlers bereit, bieten Return-Lösungen an, überwachen die Abholung der Rücksendung durch den Spediteur und planen einen neuen Termin, wenn etwas schiefgeht. Sie können die gesamte Kommunikation mit Käufer und Spediteuren übernehmen und gegebenenfalls Entschädigungen vereinbaren.
Wenn Retouren zu guter Letzt ohne viele Umwege zum Aufarbeitungspartner oder zu regionalen Sammelstellen gelangen, ermöglicht das einen kosteneffizienten Prozess. Sollte die Ware Mängel aufweisen, werden diese dort festgestellt und gegebenenfalls ausgebessert, zudem wird sie neu verpackt und als reduzierte B-Ware weiterverkauft. Eine Alternative bieten ReCommerce-Lösungen und Refurbishment-Partner: Sie geben die Produkte an Restpostenhändler oder spezielle Refurbishment-Plattformen weiter und können dem Händler so selbst bei Beschädigungen noch einen Abschlag zahlen.
Über den Autor: Jeroen Gehlen ist Mitgründer der internationalen Online-Transportmanagement-Plattform Wuunder. Er kann auf über 20 Jahre Erfahrung im Bereich Versand und Logistik zurückblicken. Zuvor war er bei TNT/FedEx als Global Director Pick-up & Delivery Optimization and Innovation tätig. Dort entwickelte er ein Framework für eine vollständig digitalisierte Plattform für die Echtzeitkommunikation. Jeroen Gehlen verfügt über weitreichende Erfahrungen in den Bereichen Marketing und Kommunikation, E-Commerce und Betriebswirtschaft. (sg)
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Aufmacherbild: Alexander Limbach – Adobe Stock
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