13.04.2022 – Kategorie: eCommerce
Sanktionen gegen Russland: So können Onlinehändler die Einbrüche kompensieren
Oliver Lorenz, Teilhaber und Geschäftsführer der Y1 Digital GmbH in Österreich erläutert in einem Kommentar, wie sich die Ukrainekrise auf den Handel und den E-Commerce auswirken wird. Er erklärt, wie Unternehmen ihre Einbrüche im Russlandgeschäft kompensieren können und welche Fallstricke dabei lauern.
Handel lebt vom Austausch. Deswegen treffen Handelssanktionen immer beide Seiten. Die Seite, die Sanktionen erlässt und jene, die sanktioniert wird. Allein im März dieses Jahres wurden laut Statista 2.319 Sanktionen gegen Russland verhängt. Verfolgt man die Medien, werden weitere folgen. Der Ukraine-Krieg hat neben all den menschlichen Verlusten und unermesslichen Schäden der Infrastruktur in der Ukraine, weitreichende Konsequenzen für den globalen Handel im Allgemeinen und den E-Commerce im Besonderen.
Die ohnehin noch von der Corona-Pandemie lädierten Lieferketten werden durch den Krieg und die damit verbundenen Handelssanktionen weiter destabilisiert. Warentransporte können weder über Land noch – wegen des gesperrten Luftraums – per Flugzeug erfolgen. Weiterer Faktor: Die Sanktionen gegen Russland entfalten bereits ihre Wirkung und so schwindet insbesondere in Branchen des Luxussegments die Kaufkraft. Händler berichten, dass ihnen sprichwörtlich über Nacht signifikante Geschäftsanteile weggebrochen sind.
Unsere eigenen Erfahrungen decken sich mit einer aktuellen Umfrage des E-Commerce Verbands bevh. 33,8 Prozent der befragten Unternehmen gibt an, dass ihnen Abnehmer und Aufträge aufgrund von Problemen bei der Lieferkette wegbrechen. Auf die Frage, wie auf die Auswirkungen der Sanktionen gegen Russland reagiert werden soll, bietet sich ein Stimmungsbild, das verschiedene unternehmerische Stadien abbildet. Die Hälfte der befragten Mitglieder sieht keine Möglichkeit sieht, kurzfristig auf die Schockwirkung des Ukrainekriegs zu reagieren. Ein knappes Drittel der Befragten sucht aber bereits nach alternativen Beschaffungs- und Vertriebswegen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Schockstarre und Sorge momentan in der E-Commerce Branche vorherrschend sind. Das zeigt sich darin, wie die Händler die Auswirkungen auf die Weltwirtschaft bewerten: Die Hälfte der Befragten geht davon aus, dass sie „massiv und dauerhaft“ sein werden.
Sanktionen gegen Russland: Handel und Wandel
Doch wie kann die Branche mit den zu erwartenden Verschlechterungen umgehen? Teil unserer Firmenphilosophie bei Y1 ist die Gewissheit, dass Erfolg unter anderem davon abhängt, sich schnell an veränderte Bedingungen anzupassen. Um langfristige Schäden vom eigenen Unternehmen abzuwenden, sollte man sich nicht darauf verlassen, dass bald alles wieder so wird wie vorher. Vielmehr müssen die Wege für Alternativen bereitet werden. Wichtiger Schritt hierbei: E-Commerce-Projekte in Asien. In persönlichen Beratungsgesprächen mit unseren Kunden bemerken wir hierbei häufig zwei Dinge: Erstens assoziieren viele Unternehmen mit Asien ausschließlich China und zweitens scheuen sie den Eintritt in die asiatischen Märkte.
Asien ist nicht nur China
Nicht zuletzt wegen seiner schieren Größe denken viele Menschen gleich an China, sobald das Schlagwort Asien fällt. Doch der Kontinent bietet neben dem Reich der Mitte auch weiteres erhebliches Potenzial in Südostasien und Indien, das E-Commerce-Händler nicht unterschätzen dürfen. Neben China stehen mit Südostasien und Indien aufstrebende Hidden Champions zur Verfügung, für die die Zeit jetzt gekommen ist. Diese Länder haben mittlerweile eine signifikante Mittelschicht mit einer hohen Kaufkraft.
Keine Berührungsängste
Die Erfahrung in meiner Beratungstätigkeit hat gezeigt, dass viele Kunden weniger Bedenken haben, ein E-Commerce-Projekt in geographisch gesehen näheren Ländern umzusetzen. Auch wenn beispielsweise Russland nicht direkt vor der Haustür liegt, scheinen die geographische und kulturelle Nähe für weniger Berührungsängste zu sorgen. Als es bei einem Handelsprojekt in Asien der Fall wäre. Aber Angst ist ein schlechter Ratgeber und darüber hinaus fehl am Platz, wenn man sich der lokalen Unterschiede bewusst wird, und über ein starkes Partner-Netzwerk vor Ort verfügt Kulturelle Unterschiede sind darüber hinaus nicht nur transkontinental. Auch innerhalb Asiens ist beispielsweise das Anforderungsprofil an den E-Commerce sehr unterschiedlich.
Der Eintritt in fremde Märkte ist ein Schritt, der strategisch geplant sein will und unter anderem Kenntnisse der rechtlichen, politischen und infrastrukturellen Bedingungen vor Ort voraussetzt. Mit über 15 Jahren Erfahrung als Geschäftsführer in Asien verfüge ich über das notwendige Know-how der für die asiatischen Märkte modifizierten Marketing- und Werbebranche sowie im Plattformmanagement. Jeder Zielmarkt hat seine eigenen Anforderungen und Gepflogenheiten. Deswegen weiß ich, dass das identische Produkt oft erst durch einen anderen „Spin“ oder eine andere Aufmachung des Onlineshops zum Topseller wird. Unternehmen sollten sich deswegen nicht darauf verlassen, dass das was in Europa gut ankommt, ebenso in asiatischen Märkten überzeugt. Damit sind allerdings nicht nur die Funktionen des Onlineshops gemeint. Ein plastisches Beispiel sind die länderverschiedenen Zahlungsmethoden, ohne deren Berücksichtigung das Vorhaben von Anfang an zum Scheitern verurteilt wäre.
Herausforderung Sprachbarriere und Feiertage
Hinzu kommt die Sprachbarriere. Auch hier sind die Unterschiede zwischen den einzelnen asiatischen Ländern enorm. Ein einfaches Beispiel: Während man in Singapur bereits einen großen Marktanteil mit einem englischsprachigen Onlineshop abdecken kann, muss man in anderen Ländern den Shop in der jeweiligen Landessprache aufsetzen. Aber auch Sales-Perioden und Feiertage sind wichtige Erfolgsfaktoren, die es für jeden einzelnen Zielmarkt zu berücksichtigen gilt. In Indien zum Beispiel ist ein Weihnachts-Sale naturgemäß ebenso wenig sinnvoll wie ein Sommerschlussverkauf in Indonesien.
Deswegen müssen sich Unternehmen bewusst sein, dass ein Markteintritt weit mehr ist, als nur die Sprache seines Onlineshops anzupassen. Oberstes Gebot: Mit Insider-Know-how und Feingefühl die Botschaft und Vermarktung des Produktes dem jeweiligen Zielmarkt anzupassen, zu pflegen und fortlaufend zu optimieren. Großen Beratungsbedarf haben unsere Kunden in der Organisation der Logistik, jedes Land in Asien setzt andere Maßnahmen voraus. Wir integrieren unterschiedliche Zahlungsmethoden und berücksichtigen die örtlichen Besonderheiten. Mit Fachexpertise und starken Netzwerkpartnern vor Ort können die Alleinstellungsmerkmale des jeweiligen Zielmarktes bestmöglich für ein erfolgreiches E-Commerce Business ausgeschöpft werden.
Sanktionen gegen Russland – Fazit
Die Handelssanktionen gegen Russland und die fehlende Aussicht auf schnelle Erholung eingebrochener Handelssegmente zwingen die E-Commerce-Branche zur Erschließung neuer Märkte. Asien bietet hierbei viele Hidden-Champions. Damit der geplante Markteintritt zum Erfolg wird, sollten Händler das Anforderungsprofil des Zielmarktes mit Ansprechpartnern vor Ort ausloten und berücksichtigen.
Lesen Sie auch: Ukraine-Krieg bremst E-Commerce aus – Deutsche hamstern.
Der Autor Oliver Lorenz verfügt über 15 Jahre Erfahrung als Geschäftsführer in Asien. Gemeinsam mit seinem Team der Y1 Digital GmbH begleitet er Händler bei ihrem Markteintritt in Asien. Und er unterstützt sie beim Aufbau eines eigenen E-Commerce-Auftritts.
Teilen Sie die Meldung „Sanktionen gegen Russland: So können Onlinehändler die Einbrüche kompensieren“ mit Ihren Kontakten: