12.01.2016 – Kategorie: Handel
Servicewüste Deutschland – Auf Nimmerwiedersehen
Keine Ausreden mehr: Die deutsche Wirtschaft muss sich 2016 dem Thema Kundenservice endlich umfassend annehmen
2015 feierten wir ein trauriges Jubiläum: 20 Jahre „Servicewüste“. Das Stigma, das zur weitläufig gängigen Beschreibung der deutschen Servicekultur geworden ist, wurde 1995 erstmals vom Wirtschaftsprofessor Hermann Simon beschrieben. Doch hat sich in den 20 Jahren viel getan. Allein die seinerzeit von Professor Simon angeführten Negativbeispiele Deutsche Bahn und Deutsche Telekom, sind heute längst Vorreiter in einer Disziplin, die wie nie zuvor die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden berücksichtigt.
Kundenservice als reine Kostenstelle?
Vorbei sind die Zeiten, in denen Kundenservice als reine Kostenstelle ein notweniges Übel der Kundeninteraktion ist. Vorbei die Zeiten, in denen negative Serviceerlebnisse zwar Groll, selten aber wirkliche Konsequenzen für Image und Umsatz eines Unternehmens nach sich zogen. Im Gegenteil: Heute sind Verbraucher – unter anderem befeuert durch schlechte Erlebnisse mit dem Kundensupport – wechselfreudiger denn je. Auch wenn Unternehmen sicher nicht mehr auf dem Stand von 1995 sind, haftet das Stigma der kargen Wüstenlandschaft dem Kundenservice noch immer an.
Studienergebnisse zeigen, dass 65 Prozent der Konsumenten mindestens schon einmal den Kauf in einem Online-Shop abgebrochen haben, weil offene Fragen nicht beantwortet werden konnten. Ein kundenorientiertes Serviceangebot kann hierbei Abhilfe schaffen. Doch welche Servicekanäle werden von Konsumenten bevorzugt? Wie unterscheiden sich die Konsumentenwünsche und haben traditionelle Serviceangebote wie Hotlines oder FAQ etwa ausgedient? Antworten hierauf liefert die ECC-Studie „Online-Handel: Servicewüste oder -oase?“. (im Bild: Frage: Welche Kanäle haben Sie genutzt und wie waren Sie mit der Servicequalität zufrieden?)
Muss doch nicht sein – findet Steffen Teske, Director Central and Eastern Europe bei Zendesk – und erklärt, wie ein 21. Geburtstag der Servicewüste vermieden werden kann: „Schon in den letzten Jahren galt: Es gibt im Grunde keine plausible Ausrede mehr für schlechten Kundenservice. Denn die technischen Möglichkeiten, einen informierten und breit aufgestellten Support auch mit kleinem Budget zu bieten, gibt es längst am Markt. Mit der zunehmenden Vernetzung und Digitalisierung, der ständigen Verfügbarkeit von Informationen aber auch den niedrigen Wechselschwellen – insbesondere online – gilt dies mehr denn je. Es gibt keine Ausrede mehr! User erwarten heute mit Recht ein einheitliches, lösungsorientiertes Serviceumfeld. Finden sie es nicht, kehren sie dem Anbieter den Rücken und teilen ihre Erfahrungen mit ihrem Umfeld. Zwar wurden Erfahrungen schon früher geteilt, doch nie mit der Dynamik und Streukraft, die dem Verbraucher heute dank Social Media zur Verfügung steht. Ein Trend, der sich noch weiter verstärken wird.“
„Wenn wir uns vor Augen führen, dass sich heute, gerade im Online-Geschäft, viele Diskussionen um das Thema Erlebnisvermittlung drehen, dann darf der Kundenservice hier keine Ausnahme bilden. Der Kundenservice muss maßgeschneidert sein auf den Kunden, seine Bedürfnisse und Gewohnheiten. Von wegen also ein Sandkorn gleicht dem anderen. Dazu sind zum Beispiel Informationen über das Online-Verhalten des Nutzers nötig. Was kauft er? Wo kauft er? Welche Kanäle bevorzugt er? Kundenservice wird so zu einem festen Bestandteil des Kauferlebnisses. Jedoch nur, wenn auch die Eliminierung des Medienbruchs erreicht wird, also eine nahtlose Integration des Kundenservices in den Kanal, die Seite oder die Anwendung, in der sich der Kunde gerade befindet. Er sollte also nicht dazu gezwungen sein, eine neue Anwendung oder Webseite zu öffnen, wenn er auf seinem Mobiltelefon eine App benutzt und eine Servicefrage stellen will. Die Reise geht demnach weg von der langwierigen Suche des Hilfe-Buttons und weg von limitierten Servicekanälen. Eine komplette Integration im Look-and-Feel muss zum Standard werden.“
„Dabei nimmt insbesondere die Bedeutung von Self Service auch dieses Jahr weiter zu. Denn leider haben allzu viele Servicewüsten-Erlebnisse mit Support-Hotlines dazu geführt, dass viele Kunden gar nicht erst anrufen, sondern erst Mal direkt online eine Problemlösung suchen. Damit das dem Kunden auch gelingt, muss das gesammelte Wissen, das heute oft nur Service-Agenten zur Verfügung steht, auch zugänglich gemacht werden. Unternehmen müssen ihren Kunden also helfen, sich selbst zu helfen.“
„Den Wünschen der Kunden im Service nachzukommen, ist bei Weitem kein Hexenwerk mehr. Die notwendige Kanalvielfalt und unterstützenden Lösungen stehen den Unternehmen längst zur Verfügung; auch ohne langwieriges Beratungsprojekt. Das Thema muss nur angepackt werden. Wer sich weiter hinter Ausreden versteckt, der will nur ein Stück der Torte auf dem 21. Geburtstag der Servicewüste bekommen. Ich würde mich freuen, wenn wir die Servicewüste endlich hinter uns lassen, den Verbraucher auch im Kundenservice endlich in den Mittelpunkt stellen und ihm 2016 eine „Serviceoase“ bieten können.“
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