27.05.2021 – Kategorie: eCommerce
Shop-Relaunch: Tipps, um den neuen Webshop schnell live zu schalten
Beim Relaunch eines Onlineshops gilt es einiges zu beachten. Von der Planung über die Umsetzung bis hin zur Live-Schaltung stehen Händler oft vor großen Herausforderungen. Tobias Langmeyer, CEO des Software-Herstellers und der Full-Service-Digitalagentur dc AG, erklärt unserer Chefredakteurin Christiane Manow-Le Ruyet im Interview, wie der Relaunch möglichst schnell und fehlerfrei über die Bühne geht.
Christiane Manow-Le Ruyet: Online-Händler, die vor einem Relaunch ihres Shops stehen, plagt die Sorge, dass es während des laufenden Betriebs auf Grund der Arbeiten am System zu Ausfällen kommen kann. Wie sollte ein Shop-Relaunch am besten geplant werden?
Tobias Langmeyer: Während des Relaunches sollte ein komplementäres Testsystem aufgebaut werden, auf dem der Shop-Relaunch stattfindet. Dadurch soll das Echtsystem von dem Relaunch absolut unberührt bleiben. Das ist wichtig, um das aktuelle Echtsystem als Fallback-Option nutzen zu können. Im Notfall – also falls irgendetwas überhaupt nicht funktioniert – kann man dann wieder zum Ursprung zurückkehren.
Deadlines lassen sich meistens nur schwer einhalten. Gibt es aus Ihrer Sicht andere Möglichkeiten, den Druck auf die Relaunch-Verantwortlichen zu mindern, der durch starre Zeitpläne entsteht?
Eine feste Deadline ist immer gefährlich. Es besteht die Gefahr, mit einem unfertigen System live zu gehen und dadurch Umsatz zu verlieren. Gutes Projektmanagement ist wichtig für das richtige Timing. Man sollte im wöchentlichen Rhythmus den aktuellen Stand evaluieren und sich darauf konzentrieren, immer direkt funktionsfähige Features zu entwickeln, die man sehen und im Testsystem sofort ausprobieren kann. Dadurch bekommen alle Beteiligten ein gutes Gefühl dafür, was bereits wie gut funktioniert.
Mit Blick auf die Priorisierung sollte man immer zuerst das umsetzen, was zwingend für den Go Live nötig ist. So könnte man im Prinzip schon nach der halben avisierten Zeit online gehen, weil die wichtigsten Dinge laufen und gut funktionieren. Die Sahnehäubchen kommen dann später, möglicherweise lassen sie sich ganz unkompliziert im neuen Life-System nachrüsten. Ein schneller Go Live ist immer einer Vielzahl umgesetzter Features vorzuziehen.
Shop-Relaunch: Die Auswahl der richtigen Features
Gerne wird beim Relaunch eines Online-Shops richtig entrümpelt. Was gilt es dabei zu beachten?
Leider passiert das viel zu selten. Wir erleben es meistens so, dass alle bisherigen Features mitgenommen werden sollen und es darüber hinaus noch neue geben soll. Ein Shop-Relaunch ist der optimale Zeitpunkt, zu überlegen, wie sinnvoll einzelne Tools sind und ob man wirklich alles noch ganz genauso braucht. Es ist nicht selten, dass teure Anpassungen für Tools vorgenommen werden müssen, die eigentlich gar keiner nutzt. Daher sollte man unbedingt vorher messen, welches Feature wie oft verwendet wird und mutig Dinge weglassen. Oft wird viel Geld und Zeit für Funktionen aufgewendet, die vielleicht vier mal im Monat genutzt werden. Dagegen gibt es Kleinigkeiten, die man gar nicht auf dem Zettel hat, die aber rege genutzt werden, sodass man nicht auf sie verzichten darf.
Und wie kann möglichst schnell herausgefunden werden, ob sich etwa neue Features bewähren?
Messen. Und das geschieht am besten, indem man die Features möglichst einzeln einführt. Wenn ich alle neuen Funktionalitäten auf einmal einführe, ist es schwierig zu erkennen, aus welchem Feature welche Veränderung resultiert. Optimal ist es, einzelne Features schrittweise zusammen mit A/B-Tests einzuführen, dabei bekommen 50% der Kunden die alte und 50% die neue Webseite zu sehen. Auf diese Weise lässt sich perfekt nachvollziehen, welche Parameter sich wie verändern. Daran zeigt sich, ob die Idee eines Features einen wirklich nach vorne gebracht hat.
„Bei einem Shop-Relaunch muss man das Thema Rechtssicherheit unbedingt beachten“
Der Umgang mit persönlichen Daten und die rechtlichen Grundlagen stellen Online-Händler immer wieder vor Herausforderungen. Wie verhält sich das bei einem Shop-Relaunch?
Bei einem Shop-Relaunch muss man das Thema Rechtssicherheit unbedingt beachten. Sobald andere Tools eingebunden werden, müssen in der Regel auch die Datenschutztexte sowie die Kundeninformationen angepasst werden, damit auch der neue Shop rechtssicher ist.
Ein Relaunch ist ein guter Anlass, sich wieder mit diesem Thema zu beschäftigen und um zu schauen, ob der Shop alle aktuellen Anforderungen – vom Cookie-Consent-Banner bis zur Möglichkeit, im Kundenkonto seine Daten endgültig löschen zu lassen – erfüllt.
Worauf sollte in Punkto Zahlmethoden geachtet werden, wenn eine Erneuerung des bestehenden Shops geplant ist?
Wir empfehlen, alle bisherigen Zahlungsarten wieder anzubieten, weil die Kunden daran gewöhnt sind. Wir wollen bei einem Relaunch zu viele Änderungen auf einmal vermeiden. Fehlt plötzlich eine wichtige Zahlungsart, kann das die Kunden frustrieren. Zudem ist ein Shop-Relaunch eine gute Gelegenheit, ganz neue Zahlungsarten auszuprobieren, die den Kunden das Einkaufserlebnis noch komfortabler machen. Dafür ist es erforderlich, im Backend die richtigen Schnittstellen dafür vorzubereiten und einzurichten.
Technische Stolpersteine im Shop-Relaunch: Schnittstellen nicht vernachlässigen
Welche technischen Fallstricke treten bei einem Shop-Relaunch, Ihrer Erfahrung nach, immer wieder auf?
Häufige Themen sind, dass technische Funktionen im Shop nicht ausreichend wie auch realistisch genug getestet werden. Das gilt vor allem für Performance Tests: So hat das System vielleicht bei 5 Kunden gut funktioniert, bei 5.000 ist es dann aber an seine Grenzen gestoßen. Realistische Tests im Vorhinein sind daher absolut wichtig. Ganz oft wird das Thema Schnittstellen viel zu spät getestet, also die Verbindungen zu externen Systemen wie ERP-Systemen oder externen E-Mail-Anbietern. Testet man diese erst kurz vor knapp, kann es ein böses Erwachen geben.
Weitere klassische Fallstricke sind Marketingthemen wie das Weiterleitungsmanagement. Das ist etwas, was sich im Vorhinein schlecht testen lässt und daher gerne vergessen wird. Die Datenübernahme der Kunden kann man vielleicht vorab simulieren, aber so richtig passieren tut sie erst beim Live-Gang. Geht dabei etwas schief, fliegt einem das schnell um die Ohren.
Ist der Relaunch weitgehend abgeschlossen, muss er beworben werden. Wie sollte sinnvollerweise eine Relaunch-Kampagne geplant und durchgeführt werden?
Wir empfehlen grundsätzlich einen Soft-Relaunch. Gerade während des Relaunches sollte man keine großen Marketingaktivitäten machen. Der Shop muss sich erst einmal in der Praxis bewähren und ist im besten Fall so gut, dass der Kunde keine Anleitung braucht. Die Ablösung des alten durch den neuen Shop sollte so reibungslos geschehen, dass der Kunde zwar feststellt, dass die Funktionen nun viel besser laufen und alles etwas fresher aussieht, aber er sollte nicht dadurch verwirrt werden, dass die Dinge anders sind. Daher braucht es zum Shop-Relaunch keine großen Infos an die Kunden und auch keine riesige Marketingkampagne. Außerdem sind technische Neuerungen im Backend für die Kunden kein sexy Thema.
Wenn der Relaunch einige Zeit erfolgreich läuft, kann man sich ein, zwei neue Features im Shop rauspicken und dafür gezielt eine richtig coole Marketingkampagne machen. Solche Dinge interessieren die Kunden und bieten ihnen echte Vorteile.
Testen im Vorhinein vermeidet nachhaltige Enttäuschung
Wie lässt sich verhindern, dass beim Shop-Relaunch Fehler entstehen, die Kunden nicht verzeihen und den Shop künftig meiden?
Am besten ist es, vorher ausgewählte Kunden auf den Shop zu lassen, damit sie ihn testen können. So viel man auch selbst testet, mit der Zeit wird man betriebsblind, sodass einem gewisse Punkte einfach nicht (mehr) auffallen. Wir haben schon erlebt, dass es aufgrund von Schnittstellenthemen Probleme bei dem Kernprozess – also ich bestelle und bekomme die Ware schnell geliefert – gibt. Bildet sich dann ein Stau und wird die Ware erst fünf Tage später geliefert, kann das die Kunden nachhaltig enttäuschen und sie zum Shopwechsel veranlassen. Wenn irgendetwas Schlimmes passiert, sollte man sich also immer den Weg zurück offen halten. So lässt sich vermeiden, dass man sein Image langfristig durch einen nicht funktionieren Shop schädigt. Aufgetretene Probleme gilt es, im Hintergrund zu lösen bevor man einen zweiten Versuch startet.
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Über den Autor: Tobias Langmeyer ist CEO der dc AG, dem Software-Hersteller und der Full-Service-Digitalagentur mit den Standorten in Kulmbach und Marktredwitz. Das Unternehmen wurde 2010 gegründet und betreut mittlerweile über 200 mittelständische Unternehmen aus ganz Europa. Im Augenblick besteht das Team aus mehr als 70 Spezialisten aus allen Bereichen: Berater, Entwickler, Grafiker und Marketing-Experten.
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