30.11.1999 – Kategorie: IT, Marketing, eCommerce

Studie zum Konsumverhalten

Welche Branchen und welche Unternehmen des deutschen Einzelhandels sind Gewinner oder Verlierer der Rezession? Eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner, der Kommunikationsagentur Serviceplan und des Marktforschungsinstituts facit Marketing-Forschung liefert erstmals handfeste Ergebnisse.Der Einzelhandel ist einer der wichtigsten Wirtschaftstreiber der deutschen Binnenkonjunktur – ein Bereich, in dem die Krise heute noch nicht angekommen ist. Doch spätestens, wenn die Auswirkungen realwirtschaftlich auf den Arbeitsmarkt durchschlagen, wird auch der Handel die Konsequenzen der Rezession zu spüren bekommen. Nur wer es in solchen Zeiten schafft, die Bedürfnisse seiner Kunden zu erfüllen, kann diese halten und die Krise letztlich als Chance zur Gewinnung neuer Marktanteile nutzen.

Doch welche Faktoren beeinflussen das Konsumentenverhalten in der Rezession? Wo liegen die wahren Umsatztreiber? Reichen Schnäppchenpreise wirklich aus, um Käufer in schwierigen Zeiten zu halten? Welche Strategien punkten bei den Kunden? Und wer ist aus Sicht der Kunden künftig Gewinner und Verlierer im Markt?

Im Rahmen einer Online-Erhebung, die sich über insgesamt 15 Teilbranchen und 89 Handelsunternehmen erstreckte, wurden im Februar und März diesen Jahres bundesweit 3.000 Verbraucher zu ihrem aktuellen und ihrem erwarteten Konsumverhalten in der Krise befragt. In einem Gesamtranking wurden potenzielle Krisengewinner und -verlierer anhand des W&P-Fit-Monitors in den Kategorien Kundennähe, Kundenfokus, Kundendialog, Kundenloyalität und Kundennutzen bewertet und in einen »Krisenseismographen« eingeordnet.

Klares Ergebnis: Douglas, dm sowie die Unternehmen Alnatura und Jack Wolfskin – die sich den dritten Platz teilen -, sind die derzeitigen Top-Unternehmen aus Verbrauchersicht, gefolgt von Basic, BodyShop, Ikea, Toys“R“Us, Baby Walz, Pieper, Rossmann, Vedes, Höffner und Kaufland. Weniger gut schneiden der Lebensmitteleinzelhandel, die Mode- und Textilbranche und vor allem die Kauf- und Warenhäuser ab: Schlusslichter des Rankings sind Coop, Kaisers, Hertie, Schlecker und SB-Möbel Boss sowie Norma, Woolworth und KiK.

Das groß;e Problem der Kauf- und Warenhäuser ist, dass sie in ihrer Sortimentsbreite und -tiefe nicht mit Fachmärkten mithalten können. Die Wettbewerbssituation ist dabei je nach Innenstadtlage unterschiedlich: Das Business-Modell der Warenhäuser muss sehr standortspezifisch und in vielen Sortimentsbereichen neu ausgerichtet werden. Dies betrifft natürlich auch den gesamten Marketing-Mix.

Der Blick in die Zukunft zeigt: Nicht nur Billiganbieter haben künftig eine Chance – vielmehr werden die Kunden sehr genau auf das gesamte Leistungsspektrum der Händler achten. Vor allem das Gewinnen von Marktanteilen und Neukunden muss neben der wichtigen Kundenbindung sowie der Liquiditätssicherung, Effizienzsteigerung und Kostensenkung für die Händler in der wirtschaftlich angespannten Lage an erster Stelle stehen, so die Empfehlung der Branchenexperten bei Dr. Wieselhuber & Partner, Serviceplan und facit Marketing-Forschung. Dazu muss die Kundenfrequenz gesteigert und in Form steigender Bons besser abgeschöpft werden. Es gilt vor allem, die Kundenbedürfnisse, die sich in Zeiten der Rezession stark verändern können, besser zu bedienen: »Offensichtlich wird, dass sich Verbraucher auch in harten Zeiten mit Anbietern identifizieren möchten, klare Unternehmenspositionierungen und -images sowie ein inspirierendes Einkaufserlebnis fordern«, so facit-Geschäftsführer Patrick Rudloff – den in der Studie besonders negativ betroffenen Branchen und Unternehmen fehlen diese Eigenschaften oftmals.

Zudem haben zahlreiche Unternehmen in der Vergangenheit nicht nur am Marketing gespart, sondern auch beim Service. Die umsatztreibenden Potenziale sind vielfältig, aber von Branche zu Branche sowie von Unternehmen zu Unternehmen verschieden – Ansatzpunkte sind Faktoren wie Kundennähe, Kundenfokus, Kundendialog, Kundenloyalität und Kundennutzen, so die Erkenntnis der Studie. Die Erfahrung der Branchenexperten zeigt: Schubladenkonzepte greifen nicht mehr, denn Marktanteile werden vor allem während Krisen neu verteilt. »Um ihre Marktposition zu sichern oder zu verbessern, müssen sich die Händler schnellstens Transparenz über den Stand ihrer umsatztreibenden Faktoren verschaffen und ihren aktuellen Status Quo prüfen«, rät Dr. Timo Renz, Geschäftsbereichsleiter Handel bei Dr. Wieselhuber & Partner.

Auf Basis einer solchen Analyse können dann operative und strategische Stellhebel entwickelt und entsprechende Lösungsansätze für die individuelle Gestaltung ausgearbeitet werden – »dazu gehört auch, entsprechendes Rezessionsmarketing zu betreiben: Möglicherweise können Etats effizienter umgeschichtet, die Kommunikation abverkaufsorientierter konzipiert oder neue Kunden über neue Medienkanäle gewonnen werden«, so Serviceplan-Geschäftsführer Ronald Focken.

Retailing ist heute mehr denn je Detailing: Trotz aller externen Einflussfaktoren haben es die Unternehmen letztendlich selbst in der Hand zu bestimmen, ob die Einschätzung der Verbraucher – Gewinner oder Verlierer der Krise – Wirklichkeit wird.

Fokus Lebensmitteleinzelhandel (LEH): Champion ist Kaufland Als klarer Gewinner im Bereich LEH schneidet nach heutigem Stand Kaufland ab, dahinter platzieren sich Edeka und tegut. Mangels einer aus Kundensicht klaren Strategie und Positionierung verschlägt es coop, Kaisers und Norma derzeit auf die letzten Plätze im Ranking. Überraschend ist das Abschneiden von REWE: Von insgesamt 15 untersuchten Händlern landet das Unternehmen nur auf Platz 9. Die erwartete Veränderung des Rankings aus Sicht der Konsumenten: Neben Discountern wie Aldi und Lidl zählt auch Norma zu den potenziellen Gewinnern in der Finanzkrise, da die Motivation der Kunden hohe Preise zu tolerieren gering ausfallen wird. Coop und Kaisers jedoch rangieren weiter auf den letzten Plätzen – für sie kann die wirtschaftlich angespannte Lage zur substanziellen Bedrohung werden. Und auch für REWE herrscht dringender Handlungsbedarf – denn aus Sicht der Kunden zählt auch dieses Unternehmen zu den potentiellen Verlierern der Krise.

In den Augen der Konsumenten hat IKEA eine Sonderstellung: Der Möbelfilialist gewann bei der Befragung in fast jeder Kategorie – und das wird nach Einschätzung der Konsumenten auch in der Krise so bleiben. Höffner, mit der Silbermedaille ausgezeichnet, und XXXLutz, Gewinner der Bronzemedaille, hingegen müssen sich laut ihrer Platzierungen im »Krisenseismographen« in der Krise erst bewähren, um ihren Status zu sichern. Denn gerade die klassischen Vollsortimenter sind laut der Studie besonders krisengefährdet und haben daher auch einen besonders hohen Handlungsdruck- trotz der viel zitierten und erwarteten Tendenz zum »Homing« des Konsumenten in der Krise.

Bau- und Gartenmärkte: Hornbach und Obi punkten in der Krise. Die Konsumentenbefragung zu den acht Handelsunternehmen im Bereich Bau- und Gartenmärkte zeigt: Noch hat der Gartenspezialist Dehner vor Hornbach und Obi die Nase vorn – doch nur diesen zweit- und drittplatzierten wird zugetraut, dass sie ihre führende Stellung in den nächsten Monaten auch ausbauen. Denn Dehner belastet die dominante Positionierung als reines Gartencenter in der Krise mehr, als durch positive Kundeneinstellung kompensiert werden kann.

Die analysierten Teilbranchen umfassen folgende Bereiche: LEH, Getränkehandel, Kauf- und Warenhäuser, Möbelhäuser, Bau-/Heimwerker-/ und Gartenmärkte, Textil/Mode, Schuhe, Sport/Freizeitartikel, Spielwaren/ Babybedarf, Drogeriemärkte, Parfümerien, Naturkost/Reformhäuser, Elektronikfachmärkte, Mobilfunk und Apotheken.

Info: http://www.serviceplan.de/


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