09.03.2021 – Kategorie: Marketing
TikTok-Marketing: Diese Strategie kurbelt den Sales-Motor richtig an
Sprechen Sie TikTok? TikToks und Stories sind die neuen Sales-Treiber im E-Commerce-Geschäft. Lina Arnold, Managing Director bei Joli Berlin, verrät im Interview die Tricks, mit denen die Verkäufe im Onlineshop nach oben schnellen.
Lina Arnold, Managing Director bei Joli Berlin, verrät im Interview mit e-commerce magazin, wie Onlinehändler mithilfe von TikTok-Marketing ihre Verkäufe nach oben treiben können.
Aktuell sprießen Onlineshops junger Brands wie Pilze aus dem Boden. Kein junges Label kann es sich leisten, im Multichannel-Marketing auf Social-Media-Aktivitäten zu verzichten, um Traffic auf den Shop zu ziehen. Lina, wie würdest du in einer Stunde null mit einer unbekannten Marke auf TikTok und Instagram unterwegs sein?
Lina Arnold: Beide Kanäle haben ihre eigenen Dynamiken und sollten dementsprechend auch autark betrachtet und bespielt werden. Als junge Brand würde ich TikTok-Marketing für Brand Awareness nutzen. Kreativität und Authentizität – das ist der Schlüssel, um auf der Plattform gut zu performen. Am Anfang aller Awareness steht der eigene Brand Channel, über den Marken mit dem passenden, heißt auch mal unangepassten, Content schnell und günstig Reichweite aufbauen. Wichtig ist es, möglichst viel und regelmäßig zu posten.
Was funktioniert, ist ureigener Content, gerne von Mitarbeitern oder Testimonials, die auch wirklich hinter dem Produkt stehen. Viel meint hier mindestens drei bis vier Videos pro Woche. Als Gründer:in ergibt es viel Sinn, sich jemanden an die Seite zu stellen, der nur TikTok betreut, die Plattform auch privat selber lebt und sich mit Trends und Sounds gut auskennt.
Instagram daneben eignet sich mit seinem eigenen Influencer-Ökosystem hervorragend für gezielte Sales- und Influencer-Marketing-Kampagnen. Wenn das primäre Ziel also darin besteht, reine Abverkäufe zu pushen, dann würde ich ganz selektiv auf Creator setzen, die zu meinem Online-Shop passen. Reden wir beispielsweise über ein neues Sneakers-Label, dann würde ich mich auf Instagram auf Profile fokussieren, auf denen Turnschuhe und Fashion die Hauptrolle spielen. Über Stories dieser Creator muss ich als Branchen-Neuling den Schuh per Swipe-up verlinken und klare Anreize in Form von Gutscheinen oder anderen Aktionen schaffen.
An dieser Hürde scheitern viel kleine Shops: Kunden sehen den Schuh, besuchen aber nicht den eigentlichen Brand-Shop, weil sie hier nicht angemeldet sind. Sie bestellen lieber bei einem der großen Marktplätze, bei denen sie ihre Daten eh schon hinterlegt haben und wo das Zeitinvestment der Bestellung geringer ausfällt. Also müssen E-Commerce-Starter finanzielle Vorteile bieten, um Aufmerksamkeit für den eigenen Shop zu erregen und die Umsätze selbst zu machen. Für Spontankäufe via Swipe-up ist Instagram genau der richtige Kanal. Kurzum lautet die Beginner-Strategie: Auf TikTok Awareness und Reichweite aufbauen und parallel auf Instagram erste sehr Performance- und Vertriebs-getriebene Conversion kreieren.
TikTok-Marketing hat seine eigenen Regeln
Angenommen, ich vertrete eine Marke, die schon relativ bekannt ist und mit der ich jetzt erste Schritte auf TikTok unternehme. Instagram, Facebook und Co. sind bekannte Pfade und ich möchte als Brandmanager meine Channel-Aktivitäten um TikTok-Präsenz erweitern. Was machen die meisten Unternehmen an dieser Stelle falsch?
Lina Arnold: Der größte Fehler besteht darin, den Erfahrungshorizont anderer Kanäle auf TikTok zu übertragen. TikTok als soziales Netzwerk folgt komplett eigenen Regeln, die verstanden werden wollen. Kein Deep Dive, kein Erfolg, so einfach ist das. Marketer müssen sich also neu auf TikTok als eigenes Medium einlassen, das weder wie YouTube noch wie Instagram oder Facebook funktioniert.
Letztere sind von der Mechanik ja recht ähnlich, wohingegen TikTok komplett neu gedacht ist. Für die Transferleistung sollten alle Beteiligte ihre Denkmuster, die stark im Kopf verankert sind, verlassen. Warum? Zum einen greift ausschließlich Video Content. Markenmenschen können also nicht mit Image-Fotos arbeiten oder mit den sorgsam konzipierten Kampagnen Visuals, die sie auf allen anderen Kanälen spielen.
Zweiter Punkt: Reposts sind ein No-go! TikTok fordert immer unverbrauchten Content. Wenn ein Creator beispielsweise ein TikTok postet und Channel-Verantwortliche reposten dies noch mal auf dem Kanal, würde das Reposting kaum Reichweite bekommen, da doppelter Content nicht auf TikTok funktioniert. So baut man keine Reichweite auf.
Der dritte Unterschied liegt im Feed. Während es bei Instagram zum guten Corporate-Ton gehört, einen cleanen und einheitlichen Feed zu zeigen, in dem jeder Post die gleiche Bildsprache spricht, spielt dieser Punkt bei TikTok keine Rolle. Verabschiedet euch vom runden Gesamtbild, vom einheitlichen Filter! TikTok-Marketing ist weder glossy noch perfekt, was die eigenen Qualitätsansprüche zum Teil auf eine harte Probe stellt. Gefragt ist Mut zur Quantität und zum „einfach mal raushauen“, Mut für nicht perfekte, nicht designte Auftritte. Auch Kommentare und das komplette Wording funktioniert auf TikTok anders als auf Instagram.
Es gibt eine eigene TikTok Language, auch für Kommentare. Beispielsweise antworten TikTok-User einander durch Videos. Wir haben zum Beispiel auch schon eine komplette Kampagne für Zalando umgesetzt, die genau auf diese Video-Antworten abzielte. In einer anderen Kampagne für Ahoj-Brause haben wir die Community unter dem Hashtag #Jeckimduett aufgefordert, Duette zu machen – ein Feature, das noch aus der Vorgängerversion musical.ly stammt und dort extrem beliebt war. TikTok eröffnet durch seine Funktionalitäten also eine ganz neue Welt, die auf Ideen und kreative Umsetzungen wartet.
Mehr Traffic, mehr Verkäufe?
Wann kommt der Punkt, ab dem Marken ihr TikTok-Marketing und Engagement auch in Traffic und Sales spüren?
Lina Arnold: Es gibt gute Ansätze, wie Marken nur über TikTok so einen Hype um ihr Produkt aufbauen, dass vermehrte Suchanfragen online und stationärer Nachfragedruck entstehen. Wenn Jugendliche landesweit den Einzelhandel stürmen und nach Cookie Bros oder den Kaubonbons von Ajoj-Brause fragen, dann ist die Mission gelungen, über TikTok den Verkauf anzukurbeln. Mit Witz und einer guten Kampagnen gelingen Hypes, das ist dann die Königsklasse.
Eine Idee besteht darin, bestimmte Limited Editions auf TikTok zu promoten, die es dann nur im eigenen Online-Shop zu kaufen gibt. Aber auch da gilt wieder, dass es passen muss. Im Fall von Ahoj-Brause arbeiten wir zum Beispiel viel mit schrillen, bunten Ahoj-Kostümen, die es online als Merchandise zu kaufen gibt. Das passt einfach nicht zu Instagram und gehört zu TikTok-Marketing.
Wenn wir hier davon reden, dass TikTok ein Sales-Motor sein kann, an welchen Stellschrauben muss ich dann drehen?
Lina Arnold: Die Auswahl der richtigen Creator ist enorm wichtig. Und um hier auch ein perfektes Brandmatch hinzubekommen, muss sich das Unternehmen genau überlegen, welche Zielgruppe explizit auf dieser Plattform im Fokus steht. Sie muss nicht mit den Zielgruppen anderer Channel übereinstimmen. Dieser Zielgruppe muss der Content schmecken und es muss klar sein, wer ihn in hoher Frequenz liefern kann.
Da auch TikTok zunehmend performancegetriebene Möglichkeiten des Targetings bietet, wie die buchbaren Boosted TikToks, sollten Markenartikler auch hier mit Media unterstützen. Und dann ist es eigentlich wie bei Facebook Ads. Allerdings beschreibt der TikTok-Slogan selbst den Unterschied zu Facebook-Ads: Don ’t make Ads, make TikToks. Das heißt letztendlich, dass Standard-Werbemittel versagen. Auch Ads sollten im TikTok-Stil auftauchen und sich authentisch einfügen – dann können sie auch beworben werden, ohne dass die Community Anstoß nimmt. In den medial unterstützten Videos ist dann auch Raum für Links und Call-to-Actions, die auf den Shop lenken.
Hast du den Eindruck, dass Marken aktuell freier im Kopf werden und damit mutiger bei ihren Kampagnen?
Lina Arnold: Auf jeden Fall steigt die Bereitschaft, auf TikTok neue Wege zu gehen. Ich habe schon das Gefühl, dass sie mutiger werden. Wir haben im letzten Monat zum Beispiel die erste Branded Hashtag Challenge einer deutschen Bank für die Commerzbank durchgeführt und über eine Milliarde Views erzielt. Das Thema war „Fresh Money Fever“, also unverkrampfter Umgang mit Geld und Freude am Zahltag. Schon mutig, oder?
Lina Arnold ist mit ihrem Partner Jonas Kunow Managing Director von Joli Berlin. Joli Berlin ist eine Influencer-Marketing-Agentur mit eigener Prognose-Plattform als Key-Asset. Die 2018 gegründete Agentur beschäftigt aktuell 20 Mitarbeiter:innen und steht wie keine andere für klare Messbarkeit von Kampagnen auf Instagram und TikTok. Ihre eigenentwickelte Tech-Plattform „Joli Intelligence“ trackt und analysiert Influencer Marketing-Aktivitäten nach vorab definierten KPIs wie Reichweite und Umsatz pro Content Creator.
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