06.04.2022 – Kategorie: eCommerce

Ukraine-Konflikt: Geschäftsaussichten brechen ein

Der Ukraine-Konflikt bestimmt das Tagesgeschehen und zeigt immer deutlicher seine Auswirkungen – nicht nur auf die Krisengebiete, sondern auch auf Deutschland. Die Aussichten sind düster.

Der S&P Global/BME-Einkaufmanager-Index (EMI) ist ein wichtiger Frühindikator für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands. Doch dieses Mal verheißt er nichts Gutes. Der Indikator sinkt auf ein 18-Monatstief. 56,9 Punkte erreicht er nur noch nach 58,4 Punkten im Februar. Der Grund: Durch den Ukraine-Konflikt sinkt die Exportnachfrage. Zudem sind die Lieferketten extrem angespannt – das e-commerce magazin berichtete – und es kommt verstärkt zu Lieferengpässen. 

Lieferengpässe

Die Bilder des Ukraine-Krieges, die jeden Tag aufs Neue die grausamen Auswirkungen verdeutlichen, zeigen aber auch wie fragil Wirtschaft und Lieferketten sind. Durch die Pandemie kam es bereits zu massiven Ausfällen bei der Rohstoff- und Produktionsmaterial-Versorgung diverser Branche. Anfang des Jahres entspannte sich die Situation langsam. Doch mit dem Beginn des Ukraine-Konfliktes flammen Lieferengpässe erneut auf. Hinzu kommt der steigende Kostendruck. durch die hohen Rohstoffnotierungen. 

Spuren des Ukraine-Konflikts

Noch liegt der EMI zwar über 50 Indexpunkten und zeigt damit eigentlich nach oben. Doch die Auswirkungen des Ukraine-Konflikts sind deutlich sichtbar, wie Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen gegenüber dem BME (Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V.) kommentierte. Der aktuelle Wert von 56,9 Punkten zeige demnach steigende Stagflationstendenzen. Weniger Wachstum und höhere Inflation. Eine explosive Mischung, die bereits während der Pandemie zeigte, was in ihr steckte. Nachfrageüberhänge stiegen. Schon da zeichnete sich eine Zeitenwende aufgrund der steigenden Inflation ab. „Die Werte für Deutschland reichen an die historisch negativ behafteten Zahlen der 70-er Jahre heran“, erklärt Traud. Mit einem entscheidenden Unterschied in der Geldpolitik. Während andere Notenbanken bereits das Zinsniveau erhöhten, ziere sich die EZB noch. Jetzt würde sich zeigen, ob das Ziel Preisniveaustabilität für die derzeit agierenden europäischen Notenbanker eine Bedeutung habe, stellte die Chefvokswirtin fest.

Auswirkungen in allen Wirtschaftsbereichen

Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank unterstreicht: „Die Erschütterungen durch den Ukraine-Krieg sind so umfassend, dass die Einschätzungen in allen Wirtschaftsbereichen synchron und in vergleichbarem Ausmaß kollabierten.“ Und das sei auch in der gesamten deutschen Wirtschaft spürbar“, resümiert Dr. Jupp Zenzen, DIHK-Konjunkturexperte. Er gehe von einer weiteren konjunkturellen Belastung in den kommenden Monaten aus. Erneute Lockdows in China – das e-commerce magazin berichtete – verschärfe die Situation der Lieferketten zusätzlich. 

Kritische Rohstoffversorgung

Auch die Lage im Bereich der Rohstoffversorgung setze die Wirtschaft zunehmend unter Druck. Managing Director Industrials, Automotive & Services der IKB Deutsche Industriebank AG, Dr. Heinz-Jürgen Büchner erklärt: „Wegen eines weiter stark ansteigenden Bedarfs sowohl an Primär- als auch Recyclingaluminium zogen die Preise infolge der Sanktionen gegen Russland deutlich an, da diese auch den führenden russischen Aluminiumkonzern Rusal und dessen Gesellschafter betreffen. Obwohl Russland nur rund zehn Prozent der deutschen Einfuhren von Aluminium liefert, wird immer fraglicher, ob die Belieferungen im laufenden Jahr sicher sind. Hinzu kommen weiter sinkende Bestände an der Londoner Metallbörse LME, ohne dass 2022 ein nennenswerter Zubau an neuen Kapazitäten außerhalb Chinas und Russlands erfolgen wird. Dies spricht für weiter kräftig anziehende Notierungen im laufenden Jahr.“

Düstere Aussichten durch Ukraine-Konflikt

Verarbeitendes Gewerbe und Industrie haben mit den Auswirkungen des Krieges besonders zu kämpfen. Inflation, stockende Lieferketten und der Anstieg bei Energie- und Rohstoffpreisen sorgen dafür, dass Einkaufspreise steigen. Um ihre Gewinnmargen zu sichern, sind Unternehmen deshalb gezwungen, die Verkaufspreise zu erhöhen. 

Vielen Firmen erschweren zudem, die seit dem 26. Februar durch die EU verhängten Sanktionen und Embargos gegen Russland den Geschäftsbetrieb. Artikel 2 der EU-Verordnung 833/2014 verbietet die Ausfuhr von Waren mit doppeltem Verwendungszweck an Personen, Organisation oder Einrichtungen nach Russland. Diese Waren, die auch als Dual-Use-Güter bezeichnet werden, könnten auch etwa in der Luft- oder Schifffahrt eingesetzt werden. Sind also nicht nur zivil sondern auch militärisch einsetzbar. Unternehmen aller Branchen wie auch der E-Commerce müssen dafür sorgen, dass diese Produkte entsprechend gekennzeichnet sind und nicht ausgeführt werden. 

Lichtblick Digitalbranche

Auch in der Digitalbranche hinterlässt der Ukraine-Konflikt Spuren. Laut Bitkom ging der ifo-Digitalindex auf 16,8 Punkte zurück. Der Index für die aktuelle Geschäftslage sank auf 39,8 Punkte. Ebenso schossen die Geschäftserwartungen für die kommenden Monate ins Minus auf -3,9 Punkte. Dennoch sei das Geschäftsklima in der Digitalbranche laut Bitkom besser als in den übrigen Branchen. So will die Mehrheit der Unternehmen neue Mitarbeiter einstellen. Und trotz der hohen Inflationsrate erwartete der Bitkom in der Digitalbranche nur moderate Preissteigerungen. Der Preisindex stieg um 0,7 auf 37,2 Punkte. 

Christiane Manow-Le Ruyet

Aufmacherbild: Wellnhofer Designs/Adobe Stock

e-commerce magazin


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