25.08.2020 – Kategorie: IT

Veränderungsmanagement: Wie die IT mehr Frauen für sich gewinnen kann

Quelle: Gorodenkoff/shutterstock

Es ist ein alter Hut: Zu wenige Frauen sind als Fachkräfte im IT-Sektor tätig. Zwar mangelt es nicht an Konzepten zur Erhöhung des Frauenanteils, aber die Umsetzung lässt häufig zu wünschen übrig. Gastautor Dirk Pothen von Adesso erklärt, wie Veränderungsmanagement Unternehmen dabei unterstützt.

Der Anteil von Frauen unter IT-Fachkräften beträgt gerade einmal 16 Prozent, wie die im März 2020 veröffentlichte Studie „Frauen in der Internetwirtschaft“ des Interessensverbands eco belegt. In Führungspositionen wird die Luft gleich noch einmal dünner. Umso verständlicher, dass auch IT-Unternehmen vor diesem Hintergrund Frauenförderung als Image-Polierer für sich entdeckt haben. Zudem können ja mehr Frauen hoffentlich den allzeit monierten Fachkräftemangel lindern. So überschlagen sich die Unternehmen mit vollmundigen Ankündigungen, der Employer Brand soll schließlich profitieren. In vielen Fällen werden die Versprechen aber nicht eingelöst – denn an Ansätzen wie dem Veränderungsmanagement mangelt es nicht, aber an deren Umsetzung.

Veränderungsmanagement: Diversität bei IT-Teams wirkt sich positiv aus

Dabei sollte jedes Unternehmen Interesse haben, seinen Frauen-Anteil signifikant zu erhöhen. Diverse Teams – in diesem Fall bezogen auf Geschlechtervielfalt – erzielen bessere Ergebnisse und bringen nachhaltigere Innovationen hervor als monokulturelle und im Fall der IT-Branche meist reine Männer-Teams. Frauen gehen oftmals anders an Entscheidungssituationen heran. In gemischtgeschlechtlichen Teams entsteht dadurch eine zusätzliche Perspektive, die insgesamt zu besseren Lösungen führen kann. Diversität wirkt sich also positiv aus: kulturell, fachlich und letztlich auch kommerziell. Daran lassen Studien wie von McKinsey und Expertenmeinungen keine Zweifel aufkommen. Und trotzdem tun sich viele Firmen schwer, den „Frauen-Verstand“ zu schätzen. 

Warum eigentlich? Das hat einen entscheidenden Grund. Um Vielfalt und Gleichstellung am Arbeitsplatz nachhaltig und effizient zu verankern, reicht eine Aufnahme in die Unternehmensleitlinien nicht aus. Vielmehr bedarf es grundlegender Change-Management-Prozesse, die alle Mitarbeitenden eines Unternehmens während der Veränderung begleiten. Durch sie muss letztendlich die Umsetzung erfolgen. Nicht selten treten hierbei Widerstände auf, die in der Konsequenz zum Misserfolg des Projektes führen. Die Umsetzung von Veränderungsmanagement (Change Management) kann also anstrengend sein und bietet zudem keine Garantie auf Erfolg. Rein statistisch betrachtet scheitern neun von zehn solcher Initiativen.

Veränderungsmanagement: Von bewährten Abläufen loslassen

Zunächst ist es einmal mehr als verständlich, wenn Unternehmen angesichts guter Geschäftszahlen und ungebrochenem Umsatzwachstums keinen triftigen Grund sehen, an Bewährtem zu rütteln. Aber können wir sicher sein, dass das so bleibt? Können wir weiter abwarten und beobachten? Nein, denn die Rahmenbedingungen am Arbeitsmarkt und im Wettbewerb, die Erwartungen und Arbeitsbedingungen und vor allem die Transparenz darüber verändern sich stetig. Nur wer die Nase vorn hat, profitiert von den Potenzialen. Unternehmen müssen sich also bereits in guten Zeiten auf die Zukunft vorbereiten – und die schließt im Falle der IT-Branche definitiv Frauen als Fach- und Führungskräfte mit ein. 

Ein echter Change-Management-Prozess wird natürlich auch vom Management getrieben: Für eine erfolgreiche Umsetzung von Diversity fällt besonders den Führungskräften, von CEO und Aufsichtsrat bis zur Teamleitung, eine Schlüsselrolle zu – sie müssen gewissermaßen für die Umsetzung der Ziele zu mehr Geschlechtergleichheit zur Verantwortung gezogen werden. Fortschritte werden gemessen und kommuniziert, die Ziele werden öffentlich gemacht und sind damit bindend. Adesso beispielsweise will in den nächsten zwei Jahren über 40 zusätzliche weibliche Führungskräfte ins Unternehmen holen, und zwar nicht nur in den klassischen Bereichen Marketing und HR, sondern auch als Beraterinnen, Programmierinnen und anderen IT-Positionen.

Führungspositionen mit mehr Frauen besetzen

Das hat seinen Grund: Ich bin überzeugt davon, dass der Weg zu mehr Frauen über mehr Frauen führt. Ein Paradoxon? Nein, denn es gilt die Wirkung von Frauen als Vorbilder zu nutzen. Schon heute ist der Frauenanteil in Teams mit weiblichen Führungskräften höher. Somit gilt es, direkt von Beginn an, gezielt mehr Frauen in Führungspositionen zu besetzen. So kann der Effekt einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung erzeugt werden.

Natürlich müssen männlichen Mitarbeiter, die bei adesso immerhin 83 Prozent der kompletten Belegschaft und 94 Prozent der Führungskräfte ausmachen, bei dem Veränderungsmanagement mit an Bord geholt werden. Es würde nichts bringen, wenn sie untätig von der Seitenlinie aus abwarten, wie das „Experiment“ läuft. Aber starke weibliche Vorbilder haben nun einmal einen viel höheren Multiplikator-Effekt – und das fängt bestenfalls bereits in sehr jungen Jahren im familiären Umfeld an.  

Employee Journey macht den Unterschied

Es ist allerdings nicht damit getan, mehr Frauen für sein Unternehmen zu gewinnen. Die Employee Journey macht den Unterschied: Dabei spielt die Gestaltung des Bewerbungsprozesses eine genauso wichtige Rolle wie Karriereplanung, Arbeitsplatz- und Arbeitszeitmodelle, Teilzeit- und Auszeitoptionen sowie gleicher Lohn. Alte Bewertungsmuster müssen aufgebrochen und unbewusste Vorurteile abgebaut werden. Viele Aspekte, die das Modell für Frauen attraktiv machen, sind geschlechterübergreifend auch für die Generation der heutigen Berufseinsteiger interessant und sogar entscheidungsrelevant.

Die Einführung und Umsetzung von Diversität ist definitiv kein Sprint. Alles in allem handelt es sich beim Veränderungsmanagement um einen langfristigen und nachhaltigen Prozess, dessen Maßnahmen dann aber entscheidend zum Erfolg eines Unternehmens beitragen. Will man das Potenzial diverser Teams für sich heben, reichen reine Lippenbekenntnisse allerdings nicht aus. 

Adesso Pothen
Dirk Pothen ist Vorstandsmitglied bei adesso. (Bild: Martin Steffen Fotografie)

Über den Autor: Dirk Pothen ist Mitglied des Vorstands des IT-Dienstleisters adesso mit derzeit rund 4.200 Mitarbeitenden. Pothen leitet in seiner Funktion als Personalvorstand auch die adesso-Initiative „She for IT“, die mehr Frauen für IT-Berufe begeistern und gewinnen möchte. Für Pothen ist der Weg eines IT-Unternehmens hin zu höherem Frauenanteil ein Change-Management-Prozess, der anstrengend, aber auch alternativlos ist. Bis 2022 will adesso 40 Frauen für Führungspositionen gewinnen. (sg)

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