26.09.2019 – Kategorie: Recht
Verbraucherrechte: Wo liegen die Unterschiede von Onlineshopping und stationärem Handel
Bei der Eröffnung eines Onlineshops gibt es sehr viele wichtige Faktoren zu beachten. Dazu gehören nicht nur das Design der Website, die Auswahl der Produkte oder die Buchhaltung, sondern auch rechtliche Bedingungen. Dazu gehört das Verbraucherrecht. Denn je nachdem, ob ein Kauf online oder vor Ort getätigt wurde, bestehen wichtige Unterschiede.
Tritt nun der Fall ein, das ein gekauftes Produkt einen Mangel aufweist, greift das Recht auf Mängelbeseitigung. Laut § 439 BGB besteht zuerst ein Nacherfüllungsanspruch. Der Verbraucher kann im Übrigen selbst entschieden, wie dieser auszusehen hat. Er kann verlangen, das Produkt reparieren zu lassen oder ein Ersatzprodukt anfordern. Ist beides nicht möglich, kann er den Kaufpreis mindern oder ganz vom Kaufvertrag zurücktreten. In diesem Fall bekommt er den kompletten Kaufpreis zurückerstattet. Alle anderen anfallenden Mehrkosten, wie die Kosten für das Ersatzprodukt oder Reparaturen, hat der Verkäufer zu entrichten.
Verbraucherrechte: Wann das Widerrufsrecht greift
Viele Verbraucher sind der Ansicht, dass sie jedes gekaufte Produkt innerhalb von 14 Tagen zurückgeben dürfen, egal ob es sich um einen Online- oder Offline-Kauf handelt. Doch das ist ein Irrtum. Es handelt sich um das vom Gesetzgeber festgesetzte Widerrufsrecht, Bestellungen und Käufen, die außerhalb eines Ladengeschäfts getätigt wurden, zum Beispiel per Telefon.
Ab dem Zeitpunkt bei der Annahme der Ware, darf das Produkt innerhalb einer 14-tägigen Frist ohne Angabe von Gründen zurückgeschickt werden. Der Händler ist verpflichtet, den kompletten Kaufpreis zurückzuerstatten. Die Versandkosten für die Rücksendung muss der Kunde selbst tragen.
Verbraucherrechte: Ausnahmen beim Widerrufsrecht
Das Widerrufsrecht gilt nicht, wenn es sich beim Verkäufer um eine Privatperson handelt. Doch es gibt auch Produkte, bei denen ein Widerruf von vornherein gesetzlich ausgeschlossen ist. Dazu gehören:
- Produkte, die auf besonderen Kundenwunsch angefertigt wurden.
- Flugtickets, Konzert- und Fahrkarten
- Hotelreservierungen mit festem Termin
- Versiegelte Datenträger, die vom Kunden geöffnet wurden, zum Beispiel DVDs, CDs oder Bücher
- Nahrungsmittel, die dem Kunden regelmäßig zugestellt werden
- Abonnements für Magazine oder Zeitschriften, die weniger als 200 Euro zum nächstmöglichen Kündigungstermin kosten und online abgeschlossen wurden. Das Widerrufsrecht gilt bei Abschlüssen per Telefon oder an der Haustür.
Recht auf Umtausch
Bei Käufen, die in einem Ladengeschäft getätigt werden, gibt es kein geregeltes Rückgaberecht für den Verbraucher. Also ist es dem Unternehmen freigestellt, ob es die vom Kunden erworbene Ware wieder zurücknimmt. Das unterliegt ganz der Kulanz des Unternehmens. Was die Verbraucherrechte betrifft, sieht es bei einer mangelhaften Ware anders aus.
Viele Unternehmen ermöglichen dem Kunden trotzdem, das gekaufte Produkt bei Nichtgefallen zurückzubringen. Ob der Kunde hierbei jedoch durch einen Gutschein entschädigt wird oder den Kaufpreis zurückerhält, liegt im Ermessen des Unternehmens.
Verbraucherrechte: Mangelhafte Ware
Anders jedoch sieht es bei mangelhaften Waren aus. Kauft ein Verbraucher ein Produkt, das einen erheblichen Mangel aufweist, so hat er das Recht auf Gewährleistung seitens des Verkäufers, egal ob es sich um einen Online- oder Offline-Kauf handelt. Doch wann besteht denn nun ein Mangel?
- Ein Sachmangel besteht, wenn das Produkt nicht der Beschaffenheit entspricht, die beim Kauf vereinbart wurden. Die eingebaute Tür ist zum Beispiel aus Holz und nicht wie vereinbart aus Hochsicherheitsglas.
- Ein Produkt kann nicht das halten, was in der Werbung versprochen wurde. Beispielsweise weist ein Handy anstatt den versprochenen 32 GByte Speicher nur 8 GByte Speicher auf.
- Die Montageanleitung für den Verbraucher ist unverständlich, sodass bei der Montage zu Hause die Ware beschädigt wird.
- Der Unternehmer hat die Ware falsch oder mangelhaft montiert.
- Beim Lieferumfang der Ware fehlen Teile oder es wurde das komplett falsche Produkt geliefert. Dies gilt auch für Produkte, die während eines Transportes beschädigt geliefert werden.
In diesen Fällen kann der Verbraucher auf seinen Gewährleistungsanspruch zurückgreifen. Ein Mangel ist jedoch in folgenden beiden Fällen nicht gegeben: Der Verbraucher hat den Mangel durch unsachgemäße Nutzung selbst verursacht. Normaler Verschleiß und Abnutzung des Produkts sind ebenfalls keine Mängel.
Verbraucherrechte: Fristen und Umkehr der Beweislast
Es besteht bei der Gewährleitung jedoch eine gewisse Frist. Diese ist vom Gesetzgeber auf 24 Monate festgelegt. Innerhalb der ersten 6 Monate geht man bei einem mangelhaften Produkt in der Regel davon aus, dass der Mangel schon beim Kauf beziehungsweise bei Lieferung bestand.
Danach liegt es am Verbraucher zu beweisen, ob bereits bei der Übergabe des Produktes ein Mangel bestanden hat. Das ist je nach Beschaffenheit der Ware nicht immer einfach. Deshalb sollte ein Gutachter eingeschaltet werden, um die Sachlage zweifelsfrei festzustellen.
Kauf im Onlineshop und Abholung im Ladengeschäft
Was passiert, wenn ein Kunde den Kauf online abschließt, die Ware aber vor Ort abholt. Greift dann trotzdem das Widerrufsrecht? In diesem Fall ist nicht der Kauf an sich wichtig, sondern wie der Kunde bezahlt hat. Wurde die Ware online gekauft und im Voraus bezahlt, etwa über PayPal oder eine Überweisung, dann besteht das Widerrufsrecht von 14 Tagen. Hat der Verbraucher die Ware jedoch im Ladengeschäft bezahlt, dann wurde der Verkauf vor Ort getätigt. Somit greift der Widerruf nicht. kompletten Kaufpreis zurückzuerstatten. Die Versandkosten für die Rücksendung muss der Kunde selbst tragen.
Europäische Gesetze zum Onlineshopping
Im Bereich des Onlineshopping gelten einige wichtige Richtlinien zu den Verbraucherrechten für die gesamte EU, auf die geachtet werden muss:
- Widerrufsbelehrung: Das Unternehmen muss den Verbraucher im Vorfeld über das 14-tägige Widerrufsrecht belehren. Tut er das nicht, verlängert sich das Widerrufsrecht auf 12 Monate. Hierzu gibt es eine einheitliche Musterbelehrung, die für den gesamten EU-Raum gültig ist.
- Button für kostenpflichtige Dienstleistungen: Wenn dem Verbraucher Kosen entstehen, muss er explizit darauf hingewiesen werden und dem Unternehmen bestätigen, dass er über die Kosten informiert wurde. Dies soll durch eine spezielle Schaltfläche sichergestellt werden.
- Kontaktmöglichkeiten: Dem Verbraucher sollte es möglich sein, den Verkäufer schnell, einfach und günstig kontaktieren zu können. Dazu müssen kostenfreie Kundenhotlines oder Hotlines zum Grundtarif eingerichtet werden.
- Zahlungsarten berechnen: Es dürfen nur dann Kosten erfolgen, wenn der Unternehmer selbst mit erhöhten Kosten zu rechnen hat.
- Über Widerruf informieren: Der Verbraucher darf erst dann von seinem Widerruf Gebrauch machen, wenn er den Unternehmer vorab per E-Mail, Fax, Brief oder ein Muster-Widerrufsformular darüber informiert. Der Unternehmer muss sofort nach Erhalt der Widerrufserklärung eine Bestätigung an den Kunden senden.
- Rückabwicklung bei Widerruf: Das Unternehmen hat nach der neuen Regelung die Pflicht, die Rückerstattung bei Widerruf innerhalb der 14-Tage-Frist zu leisten. Jedoch hat er das Recht, die Rückerstattung bis zum Erhalt seiner Ware zurückzuhalten. Ebenfalls ist für die Rückerstattung derselbe Zahlungsweg zu benutzen wie bei der Bezahlung durch den Verbraucher.
- Lieferdauer: Das Unternehmen hat den Verbraucher über das genaue Lieferdatum der Ware zu informieren. Die Lieferdauer darf eine Frist von 30 Tagen nicht überschreiten. Nach Ablauf dieser Frist darf der Verbraucher vom Kaufvertrag zurücktreten.
- Haftung: Solange die Ware noch nicht vom Verbraucher in Empfang genommen wurde, haftet allein das Unternehmen bei Beschädigung oder Verlust der Ware.
- Digitale Inhalte: Seit dem September 2019 wird der Verbraucher beim Online-Kauf von Apps, Spielen und Abonnements wie bei Streaming-Diensten gesondert geschützt. Er ist auf Kosten hinzuweisen und hat außerdem ein 14-tägiges Recht auf Preisminderung oder Rückerstattung bei fehlerhaften Apps oder Spielen.
Wer einen Online-Handel betreibt, hat Verbraucherrechte zu beachten. Es bestehen dabei wesentlich mehr Pflichten gegenüber dem Verbraucher als ein Ladengeschäft vor Ort. Jedoch sind diese Gesetze und Richtlinien wichtig, um dem Kunden ein gewisses Vertrauen beim Online-Kauf zu vermitteln. Schließlich ist es der zufriedene Kunde, der das Überleben jedes Unternehmens sichert. Daher sollten auch Offline-Anbieter aus Kulanz reklamierte Waren zurücknehmen. So vermittelt man dem Kunden ein Gefühl des Vertrauens. Andernfalls könnte man einen Kunden so stark verärgern, dass dieser nicht noch einmal den Laden betritt. (sg)
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