30.04.2022 – Kategorie: eCommerce

Visual Search in Onlineshops: 6 Bereiche, in denen Händler davon profitieren

Visual Search in Onlineshops: 6 Bereiche, in denen Händler davon profitierenQuelle: depositphotos

Visual Search ­– also die Erschließung visuellen Contents mit KI – ist derzeit einer der spannendsten Trends im Onlinehandel. Es kann dazu beitragen, Produktsuche und Produktempfehlungen in Onlineshops intuitiver zu machen. Denn bildbasierte Suchtreffer entsprechen ziemlich genau dem Bild, das die Kunden tatsächlich im Kopf haben.

Wissen Sie, was eine „Sicherheitsscheibenspezialzange“ ist? Ich wusste es bis vor kurzem nicht. Geschweige denn, dass ich mal eine brauchen würde. Bis ich vor ein paar Wochen mit meinen Kindern einen Bausatz für ein ferngesteuertes Modell-Auto zusammensetzte. Da tauchte auf einmal diese fünf Millimeter kleine Metallscheibe auf. 

Sie sollte laut Gebrauchsanleitung auf die Hinterachse montiert werden. Nur wie? Kein Werkzeug in unserem Werkzeugkasten war dafür geeignet. Also mussten wir eines kaufen. Aber wie soll man etwas online bestellen, wenn man gar nicht genau weiß, was man suchen soll? Wie nennt man überhaupt diese Scheibe? Und wie heißt das Gerät, mit dem man so etwas montiert?

Die Antwort fanden wir mit Hilfe von Visueller Suche. Dank eines Fotos, hochgeladen auf Google Lens, erfuhren wir: das Ding nennt sich „Sicherheitsscheibe“. Mit dieser Information fanden wir dann auch das gesuchte Werkzeug. 

Diese kleine Anekdote veranschaulicht einen wichtigen Aspekt des großen Potenzials, das im Thema Visual Search für den E-Commerce steckt. Sie hilft uns, Dinge zu finden, die wir nicht einmal benennen können. Experten und Studien bescheinigen Bild- sowie KI-basierte Use-Cases im E-Commerce eine große Zukunft. In der Spitze hat diese Zukunft längst begonnen. Große Player in der Fashion-Branche setzen diese Technologie bereits an verschiedenen Stellen ein. In der Breite ist das Thema allerdings noch nicht angekommen. Das wird angesichts des Potenzials aber nur eine Frage der Zeit sein. Denn man muss nicht Amazon, H&M oder Google heißen, um Visual Search erfolgreich zu nutzen. 

Visual Search: 6 Einsatzgebiete

In diesen sechs Bereichen können Merchants bereits heute Visual Search erfolgreich einsetzen:

1. Produktsuche

Der naheliegendste Einsatz dieser Technologie: User laden mit einem Klick auf das Kamera-Icon eines Onlineshops ein Produktfoto hoch – vielleicht ein selbstgemachtes Bild einer Handtasche oder einen Screenshot von Instagram. So erhalten sie Vorschläge von stilistisch gleichen oder sehr ähnlichen Produkten.

Wie im Einstiegsbeispiel beschrieben, hilft die Visuelle Suche hier, Produkte schneller zu finden, die man nicht genau benennen oder gar beschreiben kann. Und es ist zudem einfach bequemer als zu tippen.  Oft hakt es bei der herkömmlichen textbasierten Suche bereits an unpräzisen Begriffen und fehlenden Synonymen: Ist das gesuchte Kleid rosa, pink oder sogar flieder? Heißt es Sideboard oder Kommode? Bildbasierte Suche ist intuitiv und mittlerweile sehr schnell. Sie vereinfacht substanziell den Sucheinstieg, entlastet den Kundenservice und  ist somit ein 24/7 Mobile Booster.

Diese Art des Suchens wird zunehmend Alltag. Die Smartphone-Kamera entwickelt sich zum Eingabe-Device und zur Navigationshilfe. Dank Google und Pinterest wird sie immer populärer. Ähnlich wie Alexa, Siri sowie andere Sprach-Assistenten das Mikrofon zum vielgenutzten Eingabewerkzeug gemacht haben, wird jetzt der Kamera-Einsatz mit Lens und Co. immer mehr zur gelernten Kulturtechnik. Merchants, die frühzeitig auf diese Technik setzen, werden ihre Kund:innen weiter an sich binden und gleichzeitig die Abhängigkeit von den großen digitalen Playern bei der Kundenakquise reduzieren.

2. Produktempfehlungen

Bislang wird visuelle KI im E-Commerce vor allem im Bereich Recommendations eingesetzt. Hier wirkt die Software – für die User unbemerkt – als KI-Baustein im Hintergrund. Bei einem Klick der potentiellen Handtaschenkäuferin analysiert sie in wenigen Millisekunden mehr als 1.000 Merkmale des Fotos – und schlägt stilistisch ähnliche Produkte vor. Diese Vorschläge treffen präzise das Bild, dass User in diesem Moment im Kopf haben. Das aktuelle Kaufinteresse wird unterstützt, die Kaufentscheidung beschleunigt.  

Tests, die wir mit vviinn gemeinsam mit einem Onlineshop durchgeführt haben, zeigen: die Conversion Rate mit Produktempfehlungen auf Basis von Visual Search steigt um das Zweieinhalbfache. Die visuellen Empfehlungen wurden dreimal so häufig genutzt wie die behaviour-basierten Produktvorschläge.

3. Die Cookie-Consent-Lücke schließen dank Visual Search

Visuelle Suche kommt zudem ohne Cookies aus. Dass diese Targeting-Technologie endlich sein wird, steht schon länger fest – spätestens mit dem für Mitte 2023 geplanten Ausstieg von Google. Das Cookie-Konzept bröckelt aber schon länger. Zwei Drittel aller Kund:innen sind von den Abfrage-Layern genervt, ein Viertel  lehnt Website-Cookies grundsätzlich ab. Ein Großteil der potenziellen Neukundschaft ist mit Personalisierung in der bisherigen Form deshalb schon längst nicht mehr erreichbar. 

Mit Visual Search können Händler diese Personalisierungslücke relativ leicht schließen. Diese Technologie erkennt den Kund:innenwunsch sofort und erzeugt somit Recommendations von einer Qualität, für die mit historisch gesammelten Userinformationen immense Datenmengen verwaltet und analysiert werden müssten.

4. Longtail monetarisieren

Um wirklich verlässliche Vorhersagen für Kaufempfehlungen für verschiedene Profile machen zu können, sind wohl 100 Käufe sowie mehr als tausend Aufrufe je Produkt nötig. Stellt man sich das für ein relativ kleines Portfolio von 5.000 Produkten vor, bräuchte man fünf Mio. Aufrufe, gleichmäßig verteilt auf allen Produktseiten in wenigen Tagen. So repräsentative Daten haben wohl die wenigsten Shops. Auf einer meist zu schmalen Datenbasis schlagen viele Anbieter deshalb lediglich Produkte vor, die ohnehin viele Menschen gekauft haben. User und Merchants stecken damit fest in der Bestseller-Bubble. Mit Visual Search kommen Händler aus dieser Blase heraus und können auch ihren Longtail wesentlich effizienter vermarkten. So werden Einzelposten nicht weiter zu Lagerhütern.

5. Mittels Visual Search das Produkt wieder in den Mittelpunkt stellen

Im analogen Alltag orientieren wir uns visuell und intuitiv. Diesen weiten menschlichen Blickwinkel und die entsprechende Wahrnehmung gilt es, auf den kleinen Handybildschirm zu übertragen. Bei der aus der Desktop-Welt übernommen Navigation dagegen verschwindet durch Kategoriebäume und textbasierte Filter das Wesentliche immer wieder aus dem Blickfeld: nämlich das Produkt selbst. Visual Search ist eine Schlüsseltechnologie dabei, um adäquate digitale und intuitive Einkaufserlebnisse zu inszenieren. Wie mit einem guten Verkaufsberaterin an der Seite können die Kundinnen und Kunden von den Produkten geleitet das Sortiment passend zu ihrem Geschmack und Bedürfnissen erleben. 

6. Visual Product Tagging

Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte. Visual Search kann damit auch helfen, ein aufwendiges Problem vieler Händler zu lösen und die Qualität von Produktdaten und Produkttexten zu verbessern. Unterschiedliche Lieferanten liefernheterogen strukturierte Informationen zu ihren Produkten. Dies erschwert den Aufbau einer schlüssigen und funktionierenden Datenbasis. Mit Visual Search lassen sich automatisiert Produkte kategorisieren und Attribute nach einem konsistenten Schema erzeugen. So verbessert sich der Informationsgehalt und die Auffindbarkeit im Online-Shop deutlich.

Visual Search
Bild: vviinn

Visual Search im Onlinehandel – Fazit

Fazit: Visual Search macht für User das Shopping-Erlebnis intuitiver und emotionaler. Für Händler macht sie das Geschäft effektiver und lukrativer. 

Die Integration dieser Technologie in jede Art von Shop ist schnell und einfach möglich. SaaS-Anbieter stellen speziell für Online-Shops APIs oder auch Frontend-Komponenten zur Verfügung. Gerade schnell wachsende Shops, die weder über die nötige Datenmenge noch Entwicklungsressourcen verfügen, können mit einer bildbasierten Such- und Recommendation-Technologie so in kurzer Zeit die Qualität ihrer Produktvorschläge und damit auch ihre Kosten-Umsatz-Relation messbar verbessern. Für einen einfachen Einstieg gibt es schlüsselfertige Lösungen für den E-Commerce, diese erfordern nur sehr geringe Investitionskosten und bringen vom ersten Tag an Ergebnisse.

Meine Kinder haben die Vorteile der KI-basierten Bildsuche übrigens sofort verstanden. Die Spezialzange wurde schnell geliefert. Das Auto ist inzwischen montiert, hat viel Freude bereitet und musste auch schon mehrfach wieder repariert werden. Gut, dass wir für unsere eigene Visuelle Suche Händlern einen wartungsfreien Betrieb garantieren.

Lesen Sie auch: E-Commerce im Metaverse – 7 Vorteile für Onlinehändler.

Visual Search, Philipp Derksen
Bild: vviinn

Der Autor Philipp Derksen ist Product Owner und Gründer von vviinn.


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