06.05.2022 – Kategorie: Handel

Warum Einzelhändler jetzt ihr Geschäft neu aufstellen sollten

Ob Pandemie, Inflation, Lieferketten-Engpässe oder hoher Innovationsdruck: Die Krise wird zum Normalzustand. Nicht nur Unternehmen, auch Einzelhändler müssen jetzt neue Wege finden, auf die aktuellen Herausforderungen zu reagieren. Wie es gelingen kann, diese Hürden zu überwinden, erklärt Gastautorin Monika Schütz.

Die vergangenen zwei Jahre waren vor allem durch digitale Absatzwege geprägt. Nun aber steht die Handelsbranche vor einer erneuten Trendwende. Es gilt, die ad hoc geschaffenen digitalen Strukturen auf ein solides Fundament zu stellen und „phygital“ zu werden. Das nahtlose Zusammenspiel aus personalisierten Online- und Offline-Einkaufserlebnissen ist die Benchmark für Einzelhändler. Zur Wahrheit gehört jedoch auch, dass mehr als die Hälfte von ihnen ihre Marke hinsichtlich der dafür nötigen Datengewinnung und -auswertung lediglich als durchschnittlich und ein Viertel sogar als schwach bezeichnet. Das zeigt der aktuelle Report „Digitale Trends 2022 – Einzelhandel im Fokus“ von Adobe. Höchste Zeit, Klartext zu reden. Im Folgenden möchte ich deshalb die vier wichtigsten Herausforderungen für den Einzelhandel skizzieren.

Ein „Weiter so“ kann es für Einzelhändler nicht geben

Längst ist der eigene Webshop nicht mehr der einzige Online-Vertriebsweg für Einzelhändler. Marktplätze, Social Commerce, Click & Collect oder VR/AR haben die Messlatte in den letzten zwei Jahren höher gelegt. Mehr als die Hälfte der Einzelhändler ist überzeugt, dass die Anforderungen an das Einkaufserlebnis zukünftig weiter steigen werden – auf der Fläche und digital. Gleichzeitig ist die Customer Journey heute fragmentierter denn je. Verschiedene Verkaufspunkte zu bedienen kann deshalb nur der Anfang der Reise sein, an deren Endpunkt eine nahtlose Customer Journey über alle Touchpoints hinweg steht.

Und neue Szenarien wie Metaverse sind bereits im Entstehen. Gelingen kann das jedoch nur, indem die Datensilos zwischen Vertrieb, Marketing und Kundenservice eingerissen und zentral verfügbare Echtzeit-Kundenprofile realisiert werden. Technologie, Know-how und Mindset sind die entscheidenden Säulen, um zukünftig nicht nur wettbewerbsfähig zu bleiben, sondern selbst die Benchmark zu setzen und Kunden zu begeistern.

Fragmentierte Omnichannel-Erlebnisse überwinden

Denn so viel ist klar: Die Zeiten, in denen man beim Händler ums Eck eingekauft hat, sind vorbei. Gerade online haben Konsumenten ist die Konkurrenz ist nur ein paar Klicks entfernt und im World Wide Web geht es dabei global zu. Markenname oder Preis sind nicht mehr die einzigen Auswahlkriterien. Wer sich gegen die Konkurrenz durchsetzen will, muss mit personalisierten, relevanten Kundenerlebnissen punkten. Obwohl 77 Prozent der Einzelhändler das Rezept für treue Kunden kennen, setzen es zu viele nicht um. Zu groß ist der Respekt vor der Implementierung notwendiger Technologien, viele fürchten Kosten und Personalaufwand.

Das ist zu kurz gedacht. Denn fragmentierte Omnichannel-Erlebnisse stehen auch in direktem Zusammenhang mit vermehrten Reklamationen und Retouren, so die Adobe-Studie. Das frustriert Kunden und Mitarbeiter gleichermaßen, bedeutet es doch einen hohen Mehraufwand für beide Seiten. Die entsprechenden Lösungen sind nicht nur der Schlüssel für bessere Customer Experiences, sondern auch für effizientere Workflows hinter den Kulissen. Automatisierte Prozessabläufe sparen Zeit und eine gelungene Employee Experience ist die Basis überzeugender Kundenerlebnisse. So geben knapp zwei Drittel (64 Prozent) der Marken an, dass eine Investition in die Employee Experience zu höheren Umsätzen geführt hat.

Auch um Datensicherheit muss sich niemand mehr sorgen. Gleichzeitig ist eine transparente Kommunikation entscheidend: Welche Daten werden erhoben und wofür werden sie eingesetzt? Studien zeigen, dass Konsumenten durchaus bereit sind, ihre Daten mit Händlern zu teilen – sofern sie im Gegenzug von nahtlosen Kundenerlebnissen profitieren. Führende Marketing-Lösungen setzen auf eine „Privacy-by-Design“-Architektur, die eine nicht DSGVO-konforme Verarbeitung der Kundendaten ausschließt.

Daten nicht nur sammeln, sondern auch auswerten

Fakt ist aber auch: Daten zu sammeln und zu speichern ist noch keine Strategie. Es kommt darauf an, die entscheidenden Insights zu extrahieren, um die Bedürfnisse der Kunden zu verstehen und entsprechend zu handeln. Genau hier knirscht es jedoch bis dato gewaltig. Mehr als die Hälfte der Einzelhändler bewertet ihre Fähigkeit, auf Erkenntnisse zuzugreifen, sie zu gewinnen und zu nutzen bestenfalls als „durchschnittlich“, ein Fünftel bis ein Viertel bezeichnet sie sogar als „schwach“.

Nicht der Informationsmangel ist das Problem, sondern der Umgang mit den gewonnenen Daten. Selbst wenn Datenströme nahtlos integriert, Daten bereinigt, gespeichert und zentral abrufbar sind, handelt es sich um einen große Menge Daten im Rohzustand. KI-Technologien ermöglichen es, aus Rohdaten die entscheidenden Einblicke für personalisierte Customer Experiences in Echtzeit zu gewinnen. Das entlastet Mitarbeiter*innen und macht die internen Abläufe effizienter.

Einzelhändler: Schritt halten reicht nicht aus

Die Evolution des Shoppingerlebnisses entwickelt sich rasant. Einzelhändler sind gut beraten, am Puls der Entwicklungen zu bleiben und offen für Innovationen zu sein. Es geht nicht darum, als Early Adopter auf jeden Trend aufzuspringen. Offen für neue Herangehensweisen zu sein, althergebrachte Vorgehensweisen infrage zu stellen und flexibel reagieren zu können, ist jedoch überlebenswichtig. Denn Verbraucher fragen sich schnell, warum Händler A ihnen Optionen anbietet, für die Händler B nicht aufgestellt ist. Hinterherhinken fällt auf.

Umso beunruhigender ist deshalb, dass mehr als die Hälfte (57 Prozent) der Retailer angibt, lediglich mit den aktuellen Entwicklungen Schritt zu halten, knapp ein Drittel (30 Prozent) sieht sich gar im Rückstand. So wächst die Kluft zwischen zu den Branchenführern schnell. Das ist dramatisch, denn in puncto Technologien lässt sich ein exponentielles Wachstum beobachten. Wer nicht aufpasst und auf Technologien setzt, die sich nicht permanent neu erfinden, läuft Gefahr, dauerhaft abgehängt zu werden. Diese Kluft lässt sich irgendwann nicht mehr schließen und das ist dann ein echter Business-Killer.

Händler kommt von handeln

Harter Tobak, keine Frage. Doch kein Grund zu verzagen. Die entsprechenden Customer Experience-Technologien existieren und sind längst nicht mehr nur für Giganten des Markts erschwinglich. Mit flexiblen, skalierbaren Lösungen können auch kleine Teams eine große Wirkung erzielen, langjährige Kunden enger binden und Neukunden hinzugewinnen. Und damit genug der Theorie, jetzt heißt es handeln.

Adobe Schütz
Monika Schütz ist Head of Mittelstand bei Adobe. (Bild: Adobe)

Über die Autorin: Monika Schütz verantwortet als Head of Mittelstand das Go-to-Market für kleinere und mittelständische Unternehmen bei Adobe. Schütz hat bereits verschiedene Leitungs- und Beratungspositionen auf Kunden-, Dienstleister- und Herstellerseite inne und machen sie so zur ausgewiesenen Expertin für Digital Experience für B2X.

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Aufmacherbild: Montri – Adobe Stock


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