25.05.2010 – Kategorie: Fertigung, IT, Kommunikation, Marketing, eCommerce

Was ist bei SEM-Verträgen von Auftragnehmerseite zu beachten?

Wie bei anderen IT-Projekten auch, sollte auch bei Search Engine Marketing (SEM) ein Vertrag zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer abgeschlossen werden, der die Besonderheiten dieses Marketinginstruments berücksichtigt.

Search Engine Marketing (SEM) ist aus der Praxis nicht mehr wegzudenken. Jede Website, die bevorzugt in einer Suchmaschine dargestellt werden möchte, muss zwangsläufig auf dieses Marketinginstrument zurückgreifen. In rechtlicher Hinsicht ist SEM allerdings bisher kaum ein Thema. In vielen Fällen werden nur mündliche Absprachen oder ganz rudimentäre Vereinbarungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer geschlossen. Dabei ist es – wie bei jedem anderen IT-Projekt auch – unbedingt empfehlenswert, im Vorfeld einen umfangreichen Vertrag abzuschließen, der die Besonderheiten von SEM berücksichtigt und mögliche Streitpunkte von vorneherein ausräumt.

In der Praxis führt ein fehlender oder lückenhafter Vertrag in der Regel dazu, dass bei unvorhergesehenen Problemen zwischen den Parteien keine eindeutigen Regelungen existieren. Dies hat wiederum zur Folge, dass jede der Parteien – die sich üblicherweise beide im Recht fühlen – auf ihrem Standpunkt beharrt und dadurch schließlich ein gerichtlicher Rechtsstreit herbeigeführt wird. Diese Verfahren sind dann von der technischen Materie meist sehr schwierig, so dass umfangreiche Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen. Größtenteils zieht sich ein solcher Prozess über viele Jahre hin und verursacht immense Kosten, ein gerechtes Ergebnis ist dennoch nicht gewiss. Aus diesem Grund stellt sich auch oft bei beiden Parteien die Einsicht ein, dass ein solider Vertrag die Problematik bereits im Vorfeld vermieden hätte.

 1. Rechtsform

 Die erste und wichtigste Frage ist die vertragliche Einordnung der zu erbringenden Leistungen im Bereich SEM. Es besteht bislang Unklarheit darüber, ob es sich dabei um einen Dienst- oder um einen Werkvertrag handelt. Es existiert lediglich eine Entscheidung eines Schweizer Gerichts (Kantonsgericht St. Gallen, Präsident der III. Zivilkammer, 6. November 2008, VZ.2008.49), nach dem ein SEO-Vertrag grundsätzlich als Werkvertrag anzusehen sei. Dies wird damit begründet, dass die Veränderungen an der Website im Rahmen des Vertrags ein geistiges Werk darstellten, das objektiv überprüfbar sei.

Zu einem ähnlichen Ergebnis, wenngleich nicht bei der Frage des Vertragstyps, sondern bei der Bewertung des Outputs, ist hierzulande das Oberlandesgericht Rostock bereits im Jahre 2007 gekommen, das die Ergebnisse einer Suchmaschinenoptimierung als urheberrechtlich schutzfähiges Werk einstufte (Beschl. v. 27.06.2007- 2 W 12/07). Allerdings ging es um suchmaschinenoptimierte Texte und weniger um das Gesamtergebnis einer Beratungsleistung, so dass die Qualifizierung als Sprachwerk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG nicht allzu fern lag.

Diese Rechtsauffassung greift meines Erachtens aber zu kurz und verkennt den Charakter von SEO und SEM. Erforderlich sind die regelmäßige Überwachung und Auswertung von Analyseprogrammen und daraufhin die ständige Anpassung und Verbesserung der Website nach den Ergebnissen der Analyse. Geschuldet ist ausdrücklich kein einmaliger Erfolg, sondern die fortwährende Verbesserung der Website im Zeitraum des Vertrags. Der Auftragnehmer wird in der Regel auch nicht in der Lage sein, einen konkreten Erfolg sicher zu gewährleisten, da für den Erfolg einer Website auch von ihm nicht zu beeinflussende Faktoren eine gewichtige Rolle spielen.

Deshalb ist es von großer Bedeutung, in einem SEM-Vertrag eindeutig klarzustellen, dass dieser auf dienstvertraglicher Basis abgeschlossen wird und die anvisierten Ziele wie Traffic, Umsatzsteigerung oder Pagerank nicht verbindlich als rechtlicher Erfolg durch den Auftragnehmer geschuldet sind. Sollte das Werkvertragsrecht dennoch Anwendung finden, wären sämtliche Vorschriften über Abnahme, Nachbesserung usw. umfasst und würden den Auftragnehmer erheblich belasten.

 2. Leistungsbeschreibung

 Wie bei jedem anderen Projektvertrag auch sind die gegenseitigen Leistungspflichten zu regeln. Auch hier sollte wiederholt betont werden, dass ein Leistungserfolg nicht geschuldet ist. Allerdings sind insbesondere bei den Leistungspflichten trotzdem einige Besonderheiten zu beachten.

Es kann für den Auftragnehmer zunächst sinnvoll sein, die Leistung nur auf eine einzige oder bestimmte Suchmaschinen zu begrenzen, die praktische Relevanz haben. Dadurch kann der Auftragnehmer seine Leistungen konzentrieren.

Darüber hinaus sollte berücksichtigt werden, dass Suchmaschinen in unterschiedlichen Sprachen abgerufen werden können. In den meisten Agenturen werden die Optimierung und das Marketing einer Suchmaschine aber ausschließlich in deutscher Sprache ausgeführt werden können. Deshalb sollte an dieser Stelle eine Beschränkung der Leistung auf die deutsche Sprache vorgenommen werden.

Die Pflichten des Auftraggebers aufzuführen, ist empfehlenswert. Besonders wichtig ist es hier, ein geeignetes und funktionsfähiges Tracking-System bereitzustellen, das der Auftragnehmer insbesondere im Bereich SEM dazu benötigt, die Leistung vorzunehmen. Darüber ist es sinnvoll, die regelmäßige Datensicherungspflicht auf den Auftraggeber zu übertragen, um die Haftung für den Auftragnehmer zu begrenzen.

Der Auftragnehmer sollte sich zudem aus Gründen der Transparenz und Seriosität gegenüber dem Auftraggeber verpflichten, keine so genannten Black-Hat-Methoden jenseits der Richtlinien der Suchmaschinenbetreiber anzuwenden. Google beispielsweise empfiehlt in seinen Richtlinien für Webmaster, von solchen Maßnahmen abzusehen. (http://www.google.de/intl/de/webmasters/guidelines.html).

Ein Verstoß gegen diese Richtlinien kann schlimmstenfalls mit der Streichung aus dem Suchmaschinenindex geahndet werden. Deshalb ist ohnehin davon auszugehen, dass die Anwendung von Black-Hat-Methoden eine vertragliche Pflichtverletzung darstellt, die je nach Schwere des Verstoßes auch ein außerordentliches Kündigungsrecht und Schadensersatzansprüche gegen den Auftragnehmer auslösen kann.

Das Oberlandesgericht Hamm hat in einer Entscheidung im Jahr 2007 festgestellt, dass sich der Betreiber einer Website, der diese im Wege des Suchmaschinen-Spammings – insbesondere durch Cloaking und Doorwaypages – in den Platzierungen „künstlich“ nach oben befördert hat, die Bewertung einer Web-Spam-Filtersoftware als „spamverdächtig“ gefallen lassen muss (Urt. v. 01.03.2007 – 4 U 142/06). Aus dieser Entscheidung, die im äußerungsrechtlichen Kontext ergangen ist, lässt sich zumindest ableiten, dass die Google-Richtlinien auch für die Gerichte einen gewissen Stellenwert besitzen. Der Auftragnehmer sollte infolgedessen bereits im ureigensten Interesse nicht mit Black-Hat-Methoden arbeiten und dies dem Auftraggeber auch vertraglich versichern.

3. Nutzungsrechte 

Bei den Nutzungsrechten ist zu beachten, dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer die zur Ausführung seiner Tätigkeit erforderlichen Nutzungs- oder Bearbeitungsrechte an den Inhalten seiner Website, seinen Marken und Texten einräumt. Es muss geregelt werden, welche Rechte der Auftraggeber an den vom Auftragnehmer erstellten Keyword-Listen und Anzeigentexten auch über das Ende der Vertragslaufzeit hinaus erhält.

4. Haftung

Durch die Verwendung von Texten und Inhalten, die vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt wurden, geht der Auftragnehmer unter Umständen ein erhebliches Risiko ein. Er haftet im Rahmen der Erbringung seiner Leistung – beispielsweise beim Erstellen von Keyword-Listen und Anzeigentexten – für Markenrechts-, Urheberrechts- und Patentverletzungen. Deshalb sollte er sich vom Auftraggeber, was diese Texte und Inhalte betrifft, von jeglicher Haftung freistellen lassen. Hier ist es sinnvoll, die erstellten Anzeigentexte vor der Implementierung in die Website zuerst durch den Auftraggeber ausdrücklich genehmigen zu lassen.

Über die Zulässigkeit einer Haftungsbegrenzung bei der Anwendung von Black-Hat-Methoden ist bisher noch nicht entschieden worden. Allerdings ist nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen davon auszugehen, dass eine Haftungsbegrenzung oder ein Haftungsausschluss hier unwirksam sind. Von einem Einsatz solcher Methoden ist dem Auftragnehmer demzufolge – wie bereits erwähnt – dringend abzuraten.

5. Kostenlast

Im Rahmen des SEM können nicht unerhebliche Fremdkosten entstehen – etwa durch die Synchronisation des Tracking-Systems mit den Analyseprogrammen – die meist kostenpflichtig von Dritten angeboten werden. So sollte definiert werden, dass der Auftraggeber auch diese bei Dritten entstehenden Kosten zu tragen hat.

6. Datenschutz

Der Auftragnehmer erhält im Rahmen seiner Tätigkeit umfangreichen Zugriff auf die Daten des Auftraggebers. Dabei bleibt dieser stets „Herr der Daten“ im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Der Auftragnehmer sollte sich dazu verpflichten, sämtliche Daten nach Beendigung der Vertragslaufzeit zu löschen. Darüber hinaus ist es ratsam, eine Geheimhaltungsklausel zu vereinbaren, die beide Parteien auch nach Vertragsende zu Stillschweigen verpflichtet.

Fazit: Wer diese speziellen Punkte zu SEM zusätzlich zu den Standard-Klauseln für IT-Projekte (diese sind in diesem Artikel nicht gesondert aufgeführt) beachtet, kann sich bereits im Vorfeld gut gegen rechtliche Streitigkeiten absichern. Dabei ist es gerade dem Auftragnehmer möglich, einen umfangreichen Rahmenvertrag zu erstellen, der die rechtlichen Besonderheiten mit dem SEM-Kunden generell regelt. Es sind im Einzelfall dann lediglich die Zielvorgaben, die Vergütung, die Laufzeit und andere praktische Parameter individuell festzulegen.

(Autor: Florian Decker, Rechtsanwalt, ist spezialisiert  auf die Beratung zu Fragen des IT-Rechts, Internetrechts, IT-Vertragsrechts, Urheberrechts, Markenrechts, E-Commerce-Rechts, Domainrechts und Internetstrafrechts. Unter http://blog-it-recht.de betreibt er einen Blog zu aktuellen Urteilen. Decker ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Res Media, spezialisiert auf IT- und Medienrecht)


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